x
x
x
  • Durch ein Kirchenfenster der St. Nicolai Kirche scheint die Sonne. Die insgesamt 22 etwa zwölf Meter großen Fenster des Wiesbadener Künstlers Karl-Martin Hartmann bestehen jeweils aus rund 15.000 bunten Glasteilchen.
  • Foto: picture alliance/dpa

Halleluja!: Dieses Kirchenfenster hat was mit Physik zu tun!

Kalkar –

Zwölf Meter hoch sind die neuen Kirchenfenster in St. Nicolai in Kalkar am Niederrhein, mit viel Mühe zusammengesetzt aus jeweils rund 15.000 bunten Glasteilchen, mundgeblasenem Glas wohlgemerkt. Es ist eines der größten Kirchenfensterprojekte der jüngeren Zeit in Deutschland für mehrere Millionen Euro.

„Ein Teppich aus Licht – die leuchten auch bei unserem niederrheinischen Nebel“, sagt Pastor Alois van Doornick stolz. Am Freitagnachmittag werden die letzten beiden der insgesamt 22 neuen Fenster bei einer Feier mit dem Künstler Karl Martin Hartmann der Gemeinde übergeben, nach insgesamt 24 Jahren Planungs- und Einbauzeit.

Kirchenfenster orientieren sich an physikalischen Diagrammen

Der Wiesbadener Künstler Hartmann hat die bunten Glasstücke mit System am Computer konstruiert – anders als Gerhard Richter bei seinem viel diskutierten Fenster am Kölner Dom, das nach dem Zufallsprinzip gestaltet wurde. Die vielen bunten Steine in dunklen Farben auf der Nordseite und in hellen Gelb-, Rot- und Blautönen im Süden – der Sonnenseite – der mittelalterlichen Kirche von Kalkar wirken auf den ersten Blick abstrakt. Aber es steckt viel Überlegung hinter der Anordnung.

Der studierte Mikrobiologe Hartmann hat Anklänge an naturwissenschaftliche Darstellungen gefunden: Ein Fenster greift die sogenannten Feynman-Diagramme auf – Darstellungen, mit denen der gleichnamige Nobelpreisträger die Wechselwirkungen kleinster Teilchen untereinander illustrieren wollte. Andere Steine erinnern an die Sterne, einen Galaxienhaufen und den Kometen Hale-Bopp. Eines der beiden jüngsten Fenster zeigt im unteren Teil eine dunkelfarbene dreistufige Basis – für Pastor van Doornick ein Anklang an die drei Kreuze von Golgatha.

Pastor: Gläubige sollen Fenster nicht verstehen, sondern fühlen

All das wird sicher nicht jeder Gläubige der Niederrheinkirche wissen und erkennen, weiß Pastor van Doornick. Das sei aber auch gar das Ziel des Künstlers. „Die Leute sollen die Fenster nicht ,verstehen‘, sie sollen sie fühlen“, sagt der Pastor. „Man betet mit dem Herzen.“ Manche Gläubige hätten sich mit den Fenstern anfangs schwer getan, doch mit jedem weiteren Fenstereinbau über die Jahre habe das Projekt mehr Unterstützer bekommen; inzwischen sei die Gemeinde begeistert.

Rund die Hälfte der Baukosten kam über den Förderverein und Stiftungen von Bürgern und den Gemeindemitgliedern selbst. Viele hätten Geburtstagsgeschenke oder Kranzspenden bei Beerdigungen für die Fenster umgewidmet. Auch das Land förderte – zuletzt brachte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) im vergangenen Jahr zu einem Patronatsfest in der Kirche die Zusage für 75 000 Euro mit. Und die Kirche verschuldete sich sechsstellig, um den Bau endlich zu Ende zu bringen.

Lesen Sie auch: Abriss von denkmalgeschütztem Kirchturm droht

Kredite über 20 Jahre abzustottern, dürfe auch im reichen Deutschland niemand ausschließen. Denn bei aller Begeisterung für die Kunst dürfe die Hilfe der Armen nicht zu kurz kommen, betont der Pastor. „Wenn am 3. Oktober der Bischof zur Segnung kommt, dann ist die Kollekte im Gottesdienst für Uganda – das ist das Mindeste.“ (dpa)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp