Großbritannien vor der Omikron-Katastrophe
Weg mit den Masken, Schluss mit den Lockdowns: Mit Partys und Mega-Euphorie feierte Großbritannien im Sommer den „Freedom Day“, das Ende sämtlicher Corona-Schutzmaßnahmen. Dann kam Omikron – und Experten warnen: Werden nicht sofort wieder härtere Regeln eingeführt, droht eine Katastrophe. Das Problem: Der Premierminister selbst hat es offenbar nicht so mit Regeln – wie ein aktuelles Foto zeigt.
In rasender Geschwindigkeit breitet sich die neue Corona-Mutation Omikron in Großbritannien aus – und nichts hält sie auf: Im Sommer hatte die Regierung sämtliche Schutzmaßnahmen abgeschafft. Das bekommt vor allem der Großraum London zu spüren. Dort ist die Lage in den Kliniken so angespannt, dass der Bürgermeister am Wochenende den Katastrophenfall ausrief.
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Weg mit den Masken, Schluss mit den Lockdowns: Mit Partys und Mega-Euphorie feierte Großbritannien im Sommer den „Freedom Day“, das Ende sämtlicher Corona-Schutzmaßnahmen. Dann kam Omikron – und Experten warnen: Werden nicht sofort wieder härtere Regeln eingeführt, droht eine Katastrophe. Das Problem: Der Premierminister selbst hat es offenbar nicht so mit Regeln – wie ein aktuelles Foto zeigt.
In rasender Geschwindigkeit breitet sich die neue Corona-Mutation Omikron in Großbritannien aus – und nichts hält sie auf: Im Sommer hatte die Regierung sämtliche Schutzmaßnahmen abgeschafft. Das bekommt vor allem der Großraum London zu spüren. Dort ist die Lage in den Kliniken so angespannt, dass der Bürgermeister am Wochenende den Katastrophenfall ausrief.
Chris Hopson, Chef der Krankenhausgesellschaft NHS Providers, schlug im „Times Radio“ Alarm: In London sei „die Zahl der ins Krankenhaus eingelieferten Covid-Patienten (…) innerhalb einer Woche um 30 Prozent gestiegen, zu einer Zeit, in der sie landesweit nur um vier Prozent gestiegen ist“. Die meisten Infektionen gingen auf Omikron zurück.
Ohne schärfere Maßnahmen droht der Klinik-Kollaps
Auch der britische Expertenrat Sage warnt: Ohne schärfere Maßnahmen drohen allein in England bald 3000 Krankenhauseinweisungen – pro Tag! Dann dürfte das ohnehin schon wacklige Gesundheitssystem komplett zusammenklappen.
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Denn auch immer mehr Ärzte und Pflegekräfte fallen aus: Die Zahl der Covid-bedingten Abmeldungen in Londoner Kliniken hat sich in den vergangenen vier Tagen verdoppelt, berichtete der Sender Sky. Besteht dieser Trend fort, könnte bis Silvester jeder dritte Mitarbeiter fehlen. Patricia Marquis von Englands größter Pflege-Gewerkschaft sagte, dieses Szenario „wäre katastrophal, daran besteht kein Zweifel“.
Großbritanniens Regierung ist heillos zerstritten
Das Problem: Die Regierung ist über den weiteren Corona-Kurs heftig zerstritten. Mehrere Regierungsmitglieder, darunter Finanzminister Rishi Sunak, zweifeln die wissenschaftlichen Prognosen von Experten an und sprechen sich gegen striktere Maßnahmen aus. Der bis dahin für den Brexit zuständige Minister David Frost warf jüngst im Zorn sogar komplett hin. Begründung: Er wolle Boris Johnsons „Zwangspolitik gegen Covid“ nicht unterstützen.
Tatsächlich hatte der Premier zuletzt versucht, die Daumenschrauben wieder ein bisschen anzuziehen. Doch als die Regierung jüngst eine vergleichsweise moderate Verschärfung der Maßnahmen beschloss – 3G-Regeln für Clubs und Großveranstaltungen – gingen nicht nur Tausende Impfgegner, sondern auch rund 100 Abgeordnete seiner eigenen Partei auf die Barrikaden, weil sie die Einführung als Eingriff in britische Freiheiten ansehen.
Boris Johnson fehlt es an Autorität
Johnson fehlt es derzeit ohnehin an politischer und moralischer Autorität, um konsequente Maßnahmen zu verteidigen: Er steht wegen mehrerer mutmaßlicher Lockdown-Partys in der Downing Street in der Kritik. Erst gestern tauchte ein neues Foto auf, das der „Guardian“ veröffentlichte. Darauf zu sehen: Johnson und knapp 20 weitere Leute im Garten seines Amtssitzes.
Der Premier sitzt auf dem Bild neben Ehefrau Carrie und zwei Mitarbeitern gemeinsam am Tisch. Über den Garten verteilt sieht man weitere Grüppchen eng beisammenstehen, es gibt Wein und Käse. Das Problem daran: Die Aufnahme soll aus einer Zeit mit strengen Kontaktbeschränkungen stammen. Damals, im Mai 2020, durften sich in England eigentlich nur maximal zwei Personen treffen, draußen und im Abstand von mindestens zwei Metern.
Ein Regierungssprecher sagte, es sei ein Arbeitstreffen gewesen. Doch laut der damaligen Corona-Verordnung sollten Arbeitstreffen nur „wenn unbedingt notwendig“ stattfinden. Die Vize-Chefin der Labour-Partei, Angela Rayner, nannte das Bild einen „Schlag ins Gesicht der britischen Öffentlichkeit“.
Indes ringen die Verantwortlichen weiter um einen gemeinsamen Kurs. Im Gespräch sind neben moderateren Verschärfungen auch wieder harte Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen – für alle, versteht sich.