• Afghanische Frauen warten an einer vom Welternährungsprogramm organisierten Geldausgabestelle, auf die Auszahlung von Bargeld.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Petros Giannakouris

Frauenhäuser dicht, Gewalttäter wieder frei: Die dramatische Lage der Afghaninnen

Schon bevor die Taliban im vergangenen August die Herrschaft an sich gerissen haben, mussten Mädchen und Frauen in Afghanistan viel Gewalt erfahren. Ein alarmierender Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeigt: Seit der Machtübernahme ist alles noch viel schlimmer geworden. Für Gewaltopfer ist es nahezu unmöglich, noch Hilfe zu bekommen.

Dem Bericht zufolge haben die Taliban Tausende Männer aus den Gefängnissen entlassen, die zuvor wegen brutaler Misshandlungen an Frauen und Kindern verurteilt worden waren. Überlebenden Gewaltopfern drohe nun die Rache dieser Männer. Die Menschenrechtler sehen auch Beschäftigte in Frauenhäusern sowie Anwälte, die die Täter hinter Gitter gebracht hatten, in Gefahr.

Frauenhäuser seit Machtübernahme der Taliban geschlossen

Dazu wurden alle Frauenhäuser geschlossen. 20 Jahre lang waren sie ein Zufluchtsort von Afghaninnen, die häuslicher Gewalt oder Zwangsheirat entkommen wollten. Frauen und Mädchen, die dort aufgenommen worden waren, mussten nun zu ihren Familien zurückgeschickt werden, sind gewaltsam von Familienmitgliedern weggebracht worden oder auf der Straße gelandet. Die Organisation habe zudem glaubwürdige Berichte erhalten, Taliban hätten betroffene Frauen in Gefängnisse gebracht.

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„Das ohnehin unzureichende medizinische und psychologische Unterstützungssystem ist komplett kollabiert“, erklärt Theresa Bergmann, Asien-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. Neben den geschlossenen Frauenhäusern fehle es an medizinischer Hilfe und kostenlosem Rechtsbeistand. Schon zuvor war die Lage in Afghanistan alarmierend: Neun von zehn Frauen haben laut Amnesty International in ihrem Leben mindestens einmal körperliche Gewalt erlebt.


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Die Menschenrechtler fordern von der künftigen Bundesregierung, bedrohte Frauen und Mädchen bei ihrer Ausreise aus Afghanistan und den Nachbarländern zu unterstützen. Das im Koalitionsvertrag festgelegte Ausnahmeprogramm solle zügig umgesetzt werden, auch vor Ort müsse es Hilfen geben.

„Es braucht deutlichen, internationalen Druck auf die Taliban, sodass sie ihre eigenen Zusagen zum Schutz der weiblichen Bevölkerung erfüllen“, so Bergmann. Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard forderte zudem die Taliban auf, die Wiedereröffnung von Notunterkünften zu gestatten und zu unterstützen. (mhö)

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