x
x
x
Marine Le Pen
  • Marine Le Pen vom Rassemblement National bei der Demonstration gegen Antisemitismus in Paris.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP

Frankreich: Warum sich Marine Le Pen plötzlich gegen Judenfeindlichkeit stellt

Paris, am Sonntag: Mehr als 100.000 Menschen gingen in der französischen Hauptstadt auf die Straße, um ein Zeichen zu setzen. Gegen Antisemitismus, für Israel. Im hinteren Teil des gigantischen Demonstrationszugs: Eine blonde Frau in einem fast militärisch anmutenden Mantel, umringt von finster blickenden Männern. Die Frau ist Marine Le Pen, weltweit bekannt als Frankreichs Populistin Nummer eins. Eine Rechte zeigt Solidarität mir ihren jüdischen Mitmenschen. Und profitiert davon.

Seit den Terrorangriffen der Hamas ist die Zahl an judenfeindlichen Gewalttaten in Frankreich explodiert: Bis zum Wochenende wurden 1247 Übergriffe seit Anfang Oktober gezählt – im gesamten Jahr 2022 waren es 436.

Um dagegen ein Zeichen zu setzen, demonstrierten auch fast alle, die in der französischen Politik Rang und Namen haben, mit. Fast alle, denn die Nummer eins fehlte: Frankreichs Präsident Macron blieb fern.  Er werde „in Gedanken und mit dem Herzen“ mit marschieren, hatte er vorher gesagt.

Präsident Macron fehlte bei den Demonstrationen

Statt ihm waren in Paris 20 Minister dabei, auch die Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy und Francois Hollande. Ganz vorne: Premierministerin Élisabeth Borne, deren jüdischer Vater nach Auschwitz deportiert worden war. Ein ganzes Stück weiter hinten: Marine Le Pen, ihr Vater Jean-Marie Le Pen ist mehrfach wegen Leugnung des Holocausts vorbestraft.

Mehr als 100.000 Menschen gingen in Paris auf die Straße. Le Pictorium via ZUMA Press
Demonstration
Mehr als 100.000 Menschen gingen in Paris auf die Straße.

Auffällig: Als einzige der großen Parteien war Frankreichs Linke, La France Insoumise (LFI), nicht dabei. Ihr Chef Jean-Luc Mélenchon weigert sich, die Hamas als Terroristen zu bezeichnen.

Marine Le Pen hingegen nannte den Angriff „Pogrom“ und sagte, Israel müsse es erlaubt sein, die Hamas auszumerzen. Auf der Demonstration sagte die Vorsitzende des Rassemblement National (RN): „Wir sind da, um uns gegen den Antisemitismus zu stellen, um unsere jüdischen Mitbürger zu unterstützen und um den Fundamentalismus zu bekämpfen.“

Marine Le Pen engagiert sich gegen Antisemitismus

Für Le Pen zahlt sich ihr Engagement aus: Laut einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts käme sie bei einer Präsidentschaftswahl auf mehr als 30 Prozent. So viel wie noch nie. Aber wie ehrlich ist ihr Einsatz? Le Pen verteidigt sich: Ihr Vater, mittlerweile 95, habe ein zweideutiges Verhältnis zum Antisemitismus gehabt, auch deshalb habe sie politisch mit ihm gebrochen: „Wenn es um Antisemitismus geht, darf es keine Zweideutigkeiten geben“, sagte sie.

Die dreifache Mutter Le Pen hatte die Partei, die damals noch Front National hieß, von ihrem Vater übernommen, dann umbenannt – und Jean-Marie schließlich sogar ausgeschlossen. Ihr Ziel: Frankreichs Präsidentin werden. Die nächste Chance dazu ist noch vier Jahre hin. Aber Le Pen arbeitet daran, ihre Partei aus der rechtsextremen Ecke zu holen.

Das könnte Sie auch interessieren: Greta Thunberg ergreift Partei für Palästinenser – Mann springt empört auf die Bühne

Und das klappt offenbar. Serge Klarsfeld, Holocaust-Überlebender und eine moralische Instanz in Frankreich, sagte jetzt dem „Figaro“, dass Antisemitismus in der „DNA der extremen Rechten“, sei – und „daher freue ich mich, wenn ich sehe, dass eine große Partei, die aus der extremen Rechten hervorgegangen ist, den Antisemitismus … aufgibt“

Marine Le Pen habe die Ideologie der Partei „vollständig geändert“. Traurig sei er hingegen, fügte Klarsfeld hinzu, dass die extreme Linke „ihre Aktionslinie gegen den Antisemitismus verlassen“ habe.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp