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  • Josef Fritzl 2009 vor Gericht
  • Foto: picture-alliance/ dpa | epa apa Jaeger Pool

Tochter 24 Jahre lang eingesperrt und vergewaltigt: So normal wirkte Josef Fritzl

Der vor 15 Jahren als „Monster von Amstetten“ bekanntgewordene Josef Fritzl war aus Sicht der psychiatrischen Gutachterin Adelheid Kastner ein völlig normal wirkender Mensch, der die Außenwelt gut täuschen konnte. „Er war ein älterer, gesetzter, geordneter Herr mit durchschnittlicher Intelligenz und Bildung“, erinnert sich Kastner an die vielen Gespräche mit dem heute 88-Jährigen.

Dass die Nachbarschaft in der österreichischen Kleinstadt von seinen Verbrechen 24 Jahre lang nichts mitbekommen hat, hält die Gutachterin für absolut nachvollziehbar. Vor Bekanntwerden der Tat hätte ohnehin niemand gedacht, dass so etwas möglich ist. „Das Delikt hat durch die Dauer eine gewisse Singularität in der Kriminalgeschichte“, sagte Kastner.

Fritzl sperrte Tochter jahrelang in den Keller

Fritzl hatte im August 1984 seine damals 18-jährige Tochter in den schalldicht ausgekleideten Keller seines Hauses gesperrt, sie in den Folgejahren tausendfach vergewaltigt und sieben Kinder mit ihr gezeugt. Eines davon starb nach wenigen Tagen. Die Ehefrau, die im ersten Stock des Hauses mit dem Rest der Familie lebte, hatte nach Feststellung der Behörden nichts von alldem mitbekommen.

Auch das hält Kastner angesichts der Aufgabenverteilung im Haus und der Art der Beziehung für nicht überraschend. Es gebe viele Beziehungen, in denen speziell Männer ein Doppelleben inklusive außerehelicher Kinder führten, von denen die Ehefrau über Jahre nichts erfahre.

Erst 2008 flog das Verbrechen auf

Das Verbrechen flog am 26. April 2008 auf, als die damals 19-jährige Tochter und Enkelin Fritzls aus dem Keller lebensgefährlich erkrankte und von ihm in eine Klinik gebracht wurde. Ein Arzt wurde misstrauisch und gab der Polizei den entscheidenden Tipp.

Das Triebleben des heute noch in der Justizvollzugsanstalt Stein in der Wachau einsitzenden Mannes begann scheinbar harmlos. Zunächst habe sich Fritzl damit zufrieden gegeben, dass er auf dem Heimweg von seinem Job voyeuristisch in Schlafzimmer spähte, sagte Kastner. Später sei er Frauen in Parks gefolgt und habe sich dabei heimlich befriedigt. Schließlich sei er bei einer allein schlafenden Frau über das offene Schlafzimmerfenster eingestiegen und habe sie vergewaltigt. Dafür wurde er verurteilt.

Tochter einzusperren als „strategische“ Überlegung?

Nach Absitzen der Haft hatte sich Fritzl nach Einschätzung Kastners dafür entschieden, seinen Trieb durch eine strategisch geschicktere Vorgehensweise zu befriedigen: Der handwerklich begabte Elektrotechniker baute den Keller zu einem 60 Quadratmeter großen Gefängnis um. Insgesamt acht zum Teil 500 Kilogramm schwere Türen mit Fernbedienung sicherten den Bereich.

„Er wollte Macht über eine Frau und ihre allzeitige Verfügbarkeit“, sagte Kastner. Insofern sei sein Fall vergleichbar mit den Fällen des Belgiers Marc Dutroux oder des Österreichers Wolfgang Priklopil, der Natascha Kampusch acht Jahre lang gefangengehalten hatte.

200 Reporter aus aller Welt verfolgten damals den Prozess

Im Prozess im Jahr 2009, der von 200 Reportern aus aller Welt verfolgt wurde, lautete die Anklage auf Mord durch Unterlassen, Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, schwere Nötigung, Sklaverei und Blutschande. Das Urteil war wenig überraschend: lebenslange Haft.

Eine große Unbekannte im Leben des Sexualstraftäters seien seine häufigen beruflichen Auslandsaufenthalte, sagte Kastner weiter. Fritzl sei unter anderem in Afrika gewesen. „Es liegt durchaus nahe, anzunehmen, dass er zumindest versuchte, seine speziellen Bedürfnisse zu befriedigen, und nicht der treue Ehemann war“, so die Gutachterin.

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Auch als Expertin, die sich intensiv mit Straftätern auseinandersetzen müsse, sei es ihr bei Bekanntwerden des Falles im April 2008 nicht anders gegangen als den meisten Menschen. „Das kann doch nicht sein. So etwas ist denkunmöglich.“ (mp/dpa)

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