• Bei der Bundespressekonferenz vor Beginn des neuen Lockdowns richtete sich Virologin Sandra Ciesek mit emotionalen Worten an die Deutschen.
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Emotionaler Appell: Virologin fleht Deutsche an: „Bitte feiern Sie Weihnachten anders!“

Berlin/Frankfurt –

Mit einem emotionalen Appell hat sich Virologin Sandra Ciesek bei der Bundespressekonferenz am Dienstag an die Deutschen gerichtet. Darin bat sie darum, dieses Weihnachten „anders“ zu verbringen. Zudem nannte sie es „zynisch“, anzunehmen, dass die Lage in Ordnung sei, wenn es noch freie Betten in den Intensivstationen gebe.

Bei der Pressekonferenz rief die Bundesregierung alle Bürger zum Start verschärfter Corona-Beschränkungen über den Jahreswechsel eindringlich zum Mitziehen auf. Wegen zu hoher Infektionszahlen sei der Shutdown geboten, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Lieber jetzt mit Aussicht auf Erfolg, als erst nach Weihnachten mit dem Risiko großer Nebenwirkungen.“ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte, unvorsichtiges Verhalten in dieser Phase sei „verheerend“ für die Gesellschaft. Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, betonte: „Die Lage ist so ernst, wie sie noch nie war in dieser Pandemie.“

Virologin Ciesek richtet sich mit eindringlichem Appell an die Deutschen

Besonders emotional war der Appel der Direktorin des Instituts für Virologie der Frankfurter Uniklinik, Sandra Ciesek. „Ich könnte jetzt viele Zahlen nennen, (…) Vergleiche mit Flugzeugen machen, ich könnte über die Langzeitfolgen berichten“, sagte Ciesek. Stattdessen wolle sie von einem Telefonat mit ihrem Freund, einem Intensivmediziner berichten, der ihr von einer hohen Arbeitsbelastung, Pflegemangel, Bettensperrung und zunehmender Frustration berichtet habe.

Das Krankenhauspersonal frage sich, „warum sie schuften und sich selbst gefährden müssen, nur weil andere sich nicht zusammenreißen können“, berichtete die Virologin und fragte, was das Personal denken solle, „wenn immer noch Menschen auf den Straßen Corona leugnen und diejenigen beschimpfen, die sich an die Regeln halten“.

Zudem nannte Ciesek es „zynisch“, anzunehmen, dass die Lage in Ordnung sei, wenn es noch freie Betten auf den Intensivstationen gebe. Das verkenne die Lage der Sterbenden und Schwerkranken. Wenn es so weitergehe wie bisher, gebe es zudem einen „schrittweisen Kollaps des Gesundheitssystems“.

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In diesem Jahr habe die Virologin deshalb einen großen Wunsch: „Bitte feiern Sie Weihnachten und Silvester anders, minimieren Sie die Kontakte auf das Nötigste und schützen Sie damit sich und ihre Liebsten. Schenken Sie es uns und allen MitarbeiterInnen im Gesundheitssystem.“

RKI-Chef Wieler: „Das Ergebnis der Sorglosigkeit einiger Menschen“

Auch RKI-Chef Wieler warnte bei der Pressekonferenz vor Sorglosigkeit. Mit 12.000 bis 29.000 täglich gemeldeten Corona-Neuinfektionen lägen die Zahlen im Dezember deutlich höher als im November. Aktuell seien 325.000 Menschen infiziert, dagegen seien es in den Sommermonaten wenige Tausend gewesen. „Was wir zurzeit sehen, ist das Ergebnis der Sorglosigkeit einiger Menschen, für die andere Menschen wiederum einen sehr hohen Preis zahlen müssen.“

Stärker betroffen seien 80-Jährige mit hohem Risiko für schwere und tödliche Verläufe. „Wenn das Virus erst einmal breit in der Bevölkerung zirkuliert, dann wird es immer schwieriger, die vulnerablen Gruppen zu schützen, das Virus zum Beispiel aus den Heimen herauszuhalten.“

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