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Verschleierte Afghaninnen
  • Voll verschleiert: Zwei afghanische Frauen warten mit ihren Kindern vor einer Klinik.
  • Foto: picture alliance/dpa/WFP

Dramatische Lage: Afghanische Frauen sterben „Tod in Zeitlupe“

Ihr Alltag ist für uns unvorstellbar. Geprägt von Kontrolle, Unterdrückung, Gewalt und Angst. Ein Leben in Isolation, ohne die Aussicht auf Besserung. Fast ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan ist das Leben der Frauen dort ein Albtraum. Einer, der öffentlich immer mehr verdrängt wird – denn die Stimmen der Afghaninnen sind fast alle verstummt. Ein Bericht von Amnesty International zeigt jetzt, wie schlimm die Lage ist.

Geschlossene Mädchenschulen, Frauen, die aus Berufen verdrängt werden und immer mehr Zwangsheiraten: Der Bericht der Menschenrechtsorganisation zeichnet ein desaströses Bild der Lage von Frauen und Mädchen. Sie stürben einen „Tod in Zeitlupe“, zitiert der Bericht eine afghanische Journalistin.

Und daran sind die westlichen Länder mitschuldig: 2020 kam es zu einem Friedensvertrag zwischen den USA und den Taliban. Dort wurde der Rückzug der US- sowie der Nato-Truppen vereinbart. Was Amnesty anprangert – und was einfach nur erschütternd ist: Die Wahrung von Frauenrechten war kein Teil des Vertrages. Die Taliban sollten lediglich der militant-islamistischen Gruppierung Al-Kaida keinen Rückzug in Afghanistan gewähren. Der Friedensvertrag wurde größtenteils unter Ausschluss von Frauenrechtlerinnen vereinbart worden, beklagt Amnesty.

Bericht: 95 Prozent der Afghanen haben nicht genug zu essen

Den Preis für diese Ignoranz zahlen jetzt Frauen und Mädchen in Afghanistan: Fehlende Bildungs- und Berufschancen führen zu einer wachsenden Anzahl von Zwangsheiraten. Obendrein sorgt die humanitäre Krise dafür, dass Mädchen zwangsverheiratet werden, vor allem auf dem Land. Dem Bericht zufolge hatten im April dieses Jahres 95 Prozent der Menschen in Afghanistan nicht genug zu essen, nachdem die afghanische Wirtschaft in den Monaten zuvor eingebrochen war.

„In weniger als einem Jahr seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat deren drakonische Politik Millionen Frauen und Mädchen ihres Rechtes auf ein sicheres, freies und erfülltes Leben beraubt“, sagt die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard. „Jedes alltägliche Detail – ob sie zur Schule gehen, ob sie arbeiten, ob und wie sie das Haus verlassen – wird kontrolliert und massiv eingeschränkt.“

Höhere Mädchenschulen schlossen die militanten Islamisten bei ihrer Machtergreifung im August 2021 – und das gegen gesellschaftlichen Widerstand. Nur wenige privat organisierte Schulen und öffentliche Mädchenschulen in einigen Provinzen sind noch geöffnet.

Amnesty: Die meisten Berufe sind für Frauen in Afghanistan tabu

Auch die meisten Berufe sind für Frauen mittlerweile tabu – das lässt viele Familien komplett verarmen. Und wer sich gegen die drakonischen Regeln stellt, wird bestraft: Amnesty berichtet von Inhaftierungen, Folter und sogar dem Verschwinden von Demonstrantinnen.

Frauen haben keine Chance, der Gewalt zu entfliehen – auch nicht der ihrer Ehemänner oder Verwandten: Die meisten Frauenhäuser sind geschlossen. Und es gibt kein Entkommen: Frauen dürfen weitere Reisen nur noch in Begleitung eines männlichen Angehörigen unternehmen.

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Viele afghanische Frauen fühlten sich von der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen, heißt es in dem Bericht. Außerdem forderten die befragten Frauen und Mädchen, die Taliban-Regierung nicht anzuerkennen. (miri/dpa)

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