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  • Foto: dpa

Der Faktencheck: Haben die Nazis den Muttertag wirklich erfunden?

Berlin –

Wenn Deutschlands Kinder am zweiten Sonntag im Mai die Mama beschenken, freuen sich Floristen über einen der umsatzstärksten Tage im Jahr. Aus gutem Grund haben sie den Ehrentag, dessen Wurzeln weit in die Geschichte zurückreichen, in den 1920er Jahren hierzulande etabliert. Ein Gerücht aber hält sich hartnäckig.

Die Behauptung: Der Muttertag sei eine Erfindung der Nationalsozialisten.
Diese These lässt sich allerdings widerlegen. Die Verehrung mütterlicher Tugenden geht bis in die Antike zurück. Bei ihren Frühlingsfesten huldigten die alten Griechen zum Beispiel Rhea, der Göttin der Erde und der Fruchtbarkeit.

Muttertag: Kinder dürfen im Mittelalter zu ihren Familien

Britische Historiker berichten vom „Mothering Day“, dessen Tradition, zunächst „Mutter Kirche“ gewidmet, im Mittelalter begann. Später durften an diesem Tag im Frühling vor allem Kinder im Dienste wohlhabender Familien zu ihren Müttern zurückkehren. Als kleines Geschenk brachten sie ihnen unterwegs gepflückte Blumen mit.

USA führen 1914 einen Tag zu Ehren der Mütter ein

Der Muttertag in seiner modernen Form aber entstand in den Vereinigten Staaten, wo die Dichterin und Frauenrechtlerin Julia Ward Howe 1870 angesichts von Krieg und Sklaverei einen „Muttertag des Friedens“ forderte – eine Idee, die Jahrzehnte später die Feministin Anna Jarvis wieder aufnahm. Um ihre gestorbene Mutter zu ehren und auf Probleme von Frauen aufmerksam zu machen, forderte sie 1907 einen Festtag für alle Mütter. Auf Wunsch des Kongresses führte 1914 dann US-Präsident Woodrow Wilson den zweiten Sonntag im Mai als nationalen Ehrentag ein. 

Kommerz-Gründe: Der Muttertag gelangt nach Deutschland 

Bald darauf gelangte die Idee nach Europa – zunächst nach England, Skandinavien und in die Schweiz. In Deutschland gab es den ersten Muttertag am 13. Mai 1923 – initiiert jedoch aus rein kommerziellen Interessen vom „Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber“.

Die Nationalsozialisten erklärten den Tag 1934 schließlich zum nationalen Fest, stellten ihn in den Dienst ihrer Propaganda und reduzierten die Rolle der Frau auf ihre Gebärfähigkeit. „Mit jedem Kind, das die Frau der Nation zur Welt bringt, kämpft sie ihren Kampf für die Nation“, betonte Adolf Hitler.

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Am Muttertag 1939 etwa wurde drei Millionen Frauen das „Ehrenkreuz der deutschen Mutter“ verliehen – eine Medaille für besondere Gebärleistungen. Ab dem vierten Kind gab es die Auszeichnung in Bronze, ab dem sechsten in Silber, für acht und mehr Kinder die Variante in Gold.

Die Nazis erklärten den Tag also zum offiziellen Feiertag und missbrauchten ihn zu Propagandazwecken. Erfunden haben sie ihn aber keineswegs. (dpa/mp)

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