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Seltener Anblick: ein Eisberg bei Grönland.
  • Seltener Anblick: ein Eisberg bei Grönland.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Felipe Dana

Der Golfstrom schwächelt: Warum die Klima-Katastrophe immer näher rückt

Ozeanströmungen wie der Golfstrom sind die wichtigsten Wärmetransportsysteme der Erde – und damit bedeutende Komponenten für das Weltklima. Kollabiert die Strömung im Atlantik, hätte das verheerende Folgen. Eine Studie liefert alamierende Ergebnisse.

Eine wichtige Atlantik-Strömung, zu der auch der Golfstrom gehört, nähert sich womöglich einer kritischen Schwelle. Die Atlantische Umwälzströmung (AMOC), so heißt das Golfstrom-Systems eigentlich, hat möglicherweise an Stabilität verloren. Das System droht ganz aus dem Gleichgewicht zu geraten – zu diesem Schluss kommt ein Team irischer, britischer und deutscher Wissenschaftler, über das jetzt Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichtet hat.

Die AMOC ist für den Austausch warmer und kalter Wassermassen in dem Ozean verantwortlich ist und beeinflusst so maßgeblich das Klima in Europa. In Westeuropa sorgt dieser Kreislauf für vergleichsweise milde Temperaturen. Ein Zusammenbruch hätte schwerwiegende Folgen für das weltweite und vor allem für das europäische Klima. 

Golfstrom-Zusammenbruch hätte schwerwiegende Folgen

Die Strömung ist laut der Studie momentan so schwach wie nie zuvor in den vergangenen 1000 Jahren. Unklar ist jedoch, ob dahinter nur eine Veränderung des mittleren Zirkulationszustands oder aber ein wirklicher Verlust an dynamischer Stabilität steckt. Dieser Unterschied sei entscheidend, erläutert Boers in einer PIK-Mitteilung. Eine Verringerung der Stabilität hieße, dass sich die Atlantik-Strömung der kritischen Schwelle angenähert habe – und ganz zusammenbrechen könnte. Das wäre fatal für die Welt, wie wir sie kennen.

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Um das zu beleuchten, hat sich Boers sogenannte Fingerabdrücke in Temperatur- und Salzgehaltmustern auf der Atlantik-Oberfläche angeschaut. „Eine detaillierte Analyse dieser Fingerabdrücke in acht unabhängigen Indizes deutet nun darauf hin, dass die Abschwächung der AMOC während des letzten Jahrhunderts in der Tat wahrscheinlich mit einem Stabilitätsverlust verbunden ist“, so Boers.

Eine Ursache ist der Zufluss von Süßwasser

Faktoren, die auf die Strömung einwirken, sind neben den direkten Auswirkungen der Atlantik-Erwärmung unter anderem der Zufluss von Süßwasser. Dies ist wiederum auf die schmelzenden Eismassen, den zunehmenden Niederschlag und das Wasser aus Flüssen zurückzuführen. Dass diese Süßwassermengen bereits eine solche Reaktion hervorrufen würden, hätte er aber nicht erwartet, so Boers.

Obwohl die Faktoren noch näher untersucht werden müssten, werde jetzt schon deutlich, dass sie mit dem von Menschen gemachten Klimawandel in Verbindung stünden, sagt Boers.

Das Problem: CO2-Ausstoß der Menschen

Wann sich die Strömung genau abschwäche, sei sehr schwer abzuschätzen. „Es hängt erstmal davon ab, wie viel CO2 freigesetzt wird und wie stark die Temperaturen dadurch steigen“, sagt Boers. Zudem gebe es Unsicherheiten etwa darüber, wie viel wärmer es in der Arktis werde und wie stark der Süßwasserfluss in den Atlantik durch den Temperaturanstieg zunehme. 

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Der entscheidende Punkt der Studie sei, „dass wir – früher und deutlicher als erwartet – klare Anzeichen für Stabilitätsverlust sehen“, betonte Boers. „Das heißt, das System bewegt sich hin zum kritischen Schwellenwert, und jedes Gramm CO2, das noch freigesetzt wird, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die AMOC irgendwann den kritischen Wert erreicht.“ Klar ist, wenn der kritische Punkt überschritten werde, wird der Golfstrom innerhalb weniger Jahrzehnte weitgehend zum Erliegen kommen.

Ohne Atlantik-Strömung wäre die Welt eine andere

Und das hätte dramatische Folgen weltweit, wie etwa der britische „Guardian“ veranschaulichte: Ein Erliegen der Strömung würde etwa die Regenfälle ernsthaft durcheinanderbringen, von denen die Ernährung von Milliarden Menschen in Indien, Südamerika und Westafrika abhängig sei.

Europa würde zunehmende Stürme und sinkende Temperaturen erleben, während neben dem Amazonas-Regenwald auch die Eisschilde der Antarktis stärker als bislang gefährdet seien.


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Hochwasser in Deutschland als Folge des Klimawandels

Und das hätte dramatische Folgen, wie der britische „Guardian“ veranschaulichte: Regenfälle, von denen die Ernährung von Milliarden Menschen abhängig sei, gerieten durcheinander. Europa würde mehr Stürme und sinkende Temperaturen erleben, Schelf-Eis taue ab, der Amazonas-Regenwald drohe abzusterben. Kurzum: Ein Erliegen der Atlantik-Strömung würde die Welt grundlegend verändern.

Am Montag legt der Weltklimarat (IPCC) einen mit Spannung erwarteten Sachstandsbericht vor. Seinen ersten seit rund sieben Jahren. (mp/dpa)

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