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  • Ugur Sahin und seine Frau Özlem Türeci, die Gründer des Mainzer Corona-Impfstoff-Entwicklers Biontech.
  • Foto: dpa-Bildfunk

Biontech-Entwickler: „Uns bleiben noch 60 Tage“

Diesem Ehepaar haben wir alle unfassbar viel zu verdanken: Özlem Türeci und Ugur Sahin haben den ersten Impfstoff gegen Corona entwickelt. Mit dem könnten bald auch schon Kinder unter zwölf geimpft werden – und das ist wichtig, denn uns droht ein harter Corona-Winter, fürchten die Forscher.

Ein Impfstoff gegen Corona – vor einem Jahr war noch überhaupt nicht klar, wann es den rettenden Piks gegen die Pandemie geben würde. Dann kamen sie: Zusammen mit Pharma-Gigant Pfizer entwickelten Biontech-Gründer Özlem Türeci und Ugur Sahin den ersten Impfstoff. Heute sind mehr als 60 Prozent der Deutschen durchgeimpft – aber eben längst nicht alle. Bedenken, Misstrauen und Furcht halten nicht nur „Querdenker“ von der Spritze ab.

Ist das nicht frustrierend für die Forscher? „Überhaupt nicht“, sagt Sahin dem „Spiegel“. „Als Ärzte und Wissenschaftler sind wir der Meinung, dass jeder für sich entscheiden muss, ob er sich impfen lassen möchte. Unsere Mission war es, einen Impfstoff bereitzustellen. Die Menschen müssen selbst einschätzen können, was es bedeutet, nicht geimpft zu sein.“

Forscher warnen vor Impf-Müdigkeit

Trotzdem warnt er: Die Piks-Faulheit (zu) vieler Deutscher kann uns bald alle schwer treffen. „Noch bleiben uns als Gesellschaft etwa 60 Tage Zeit, um einen harten Winter zu vermeiden. Wir sollten das uns Mögliche tun, in diesen knapp zwei Monaten so viele Menschen wie möglich zu mobilisieren“, so Sahin. Er plädiert für Pragmatismus: „Wir haben bald schon 70 Prozent, wie bekommen wir die anderen dazu, auch mitzumachen? Darauf kann es ganz viele Antworten geben, alle Ideen sollten willkommen sein.“ Wichtig sei nur, die Impfquote zu erhöhen, um uns allen neue Einschränkungen zu ersparen. „Jeder Geimpfte zusätzlich hilft. Wir sollten nicht resignieren“, so Sahin.

Die Gruppe der Geimpften könnte bald aber ohnehin wachsen: Im „Spiegel“-Interview kündigen die beiden an, in den kommenden Wochen die Zulassung des Biontech-Vakzins für junge Menschen im Alter zwischen fünf und elf Jahren zu beantragen. „Der Impfstoff ist derselbe, aber weniger hoch dosiert, und es muss weniger abgefüllt werden“, sagt Türeci. Entsprechende Studienergebnisse liegen laut dem Ehepaar vor und müssen nur noch für die Zulassungsbehörden aufbereitet werden. Schon Mitte Oktober könnten dann Kinder geimpft werden, sofern die Zulassung erfolgt. Das freut auch den Gesundheitsminister: Jens Spahn (CDU) sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“: „Das ist eine gute Nachricht.“

Prognose: Bis 2022 wird es weltweit genügend Impfstoff geben

Und noch eine gute Nachricht haben die Forscher:  Es wird spätestens 2022 genügend Impfstoff vorhanden sein, um jeden Menschen weltweit zu versorgen. „Wir haben unsere Produktionskapazitäten enorm steigern können“, sagt Sahin. Dieses Jahr seien „über unser Netzwerk drei Milliarden Dosen“, im kommenden Jahr, „falls der Bedarf da ist, vier bis fünf Milliarden Dosen realisierbar“. Und: „Auch andere Anbieter haben ihre Produktionsprobleme überwunden. Allein in Europa werden die Impfstoffhersteller im nächsten Jahr Kapazitäten von 500 Millionen Dosen pro Monat erreichen“, so Sahin.

Und die werden wohl auch gebraucht: Die beiden Biontech-Gründer gehen davon aus, dass wir um weitere, zeitnahe Auffrischungsimpfungen nicht herumkommen. „Ohne Booster werden wir Delta nicht gut genug kontrollieren können“, sagt Sahin. Denn: Der Immunschutz lässt mit der Zeit – wie bei jeder Impfung – auch bei Biontech etwas nach. Eine Auffrischung über eine Dritt-Dosis führe aber wieder „zu sehr, sehr hohen Antikörperkonzentrationen – gleich hoch oder höher als nach der zweiten Dosis“, erklärt Türeci.

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Ist die Pandemie also bald vorbei? „Das kommt darauf an, wie man ,vorbei‘ definiert“, meint Türeci. Aber: „Sagen wir es so: Covid-19 wird seinen Schrecken verlieren.“

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