KZ Sachsenhausen Gericht Urteil Wachmann

Der 101-Jährige schützt im Gericht sein Gesicht mit einer Akte. Foto: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Beihilfe zu tausendfachem Mord: KZ-Wachmann (101) zu Haft verurteilt

Neun Monate lang verhandelte das Landgericht Neuruppin gegen einen mutmaßlichen früheren SS-Wachmann des KZ Sachsenhausen. Der hochbetagte Mann bestritt bis zuletzt, in dem Lager tätig gewesen zu sein. Aber: Das Urteil fällt eindeutig aus.

Der 101-jähriger Mann ist am Dienstag in Brandenburg wegen Beihilfe zum Mord an Tausenden Häftlingen im Konzentrationslager Sachsenhausen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann hatte in dem Prozess vor dem Landgericht Neuruppin bis zuletzt bestritten, in dem KZ Wachmann gewesen zu sein.

101-Jähriger zu fünf Jahren Haft verurteilt

Der Vorsitzende Richter Udo Lechtermann sagte: „Das Gericht ist zur Überzeugung gelangt, dass Sie entgegen Ihren gegenteiligen Beteuerungen rund drei Jahre lang in dem Konzentrationslager als Wachmann tätig waren.“ Damit habe der Angeklagte den Terror und die Mordmaschinerie der Nationalsozialisten mitgetragen. „Sie haben mit Ihrer Tätigkeit diese Massenvernichtung bereitwillig unterstützt.“

Auch die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre Gefängnis für den Mann gefordert. Nebenklage-Vertreter Thomas Walther plädierte auf eine mehrjährige Haftstrafe, die ein Maß von fünf Jahren nicht unterschreiten solle. Zwei weitere Nebenklage-Vertreter forderten einen Schuldspruch, ohne ein konkretes Strafmaß zu nennen. Die Verteidigung hatte einen Freispruch gefordert.

Der 101-Jährige hatte in dem seit Oktober vergangenen Jahres laufenden Prozess bestritten, dass er in dem KZ tätig war und angegeben, er habe in der fraglichen Zeit als Landarbeiter bei Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) gearbeitet. Die Staatsanwaltschaft stützt sich bei ihrer Anklage aber auf Dokumente zu einem SS-Wachmann mit dem Namen, Geburtsdatum und Geburtsort des Mannes sowie auf weitere Dokumente.

Im KZ Sachsenhausen waren 1945 mehr als 200 000 Menschen inhaftiert

In dem Konzentrationslager nördlich von Berlin, das im Sommer 1936 von Häftlingen aus den Emslandlagern errichtet worden war, waren in der Zeit von seiner Errichtung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 mehr als 200 000 Menschen inhaftiert – unter ihnen politische Gegner des NS-Regimes sowie Angehörige der von den Nationalsozialisten verfolgten Gruppen wie Juden und Sinti und Roma. Zehntausende Häftlinge kamen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen ums Leben oder wurden Opfer von systematischen Vernichtungsaktionen der SS.

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Der Prozess wurde aus organisatorischen Gründen in einer Sporthalle in Brandenburg/Havel, dem Wohnort des 101-Jährigen geführt. Der hochbetagte Mann war nur eingeschränkt verhandlungsfähig und konnte täglich nur etwa zweieinhalb Stunden an dem Prozess teilnehmen. (dpa)

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