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„Nur einen Migranten umgebracht“: Wie der Tod dieses jungen Mannes ganz Italien schockt

Rom –

„Barbarisch und ungerecht“ – so nennt Monsignore Mauro Parmeggiani den Tod von Willy Monteiro Duarte auf dessen Beerdigung. Der 21-Jährige wurde von mehreren Peinigern so lange getreten und verprügelt, bis er starb. Während in ganz Italien Entsetzen darüber herrscht, werden Angehörige der mutmaßlichen Täter so zitiert: „Was haben sie denn schon getan? Nichts. Bloß einen Migranten umgebracht.“

Willy Monteiro Duarte will Koch werden. In Paliano, einer kleinen Stadt südöstlich von Rom, arbeitet er in einem Restaurant, geht parallel auf die Hotelschule. Doch sein Leben ist zu Ende, bevor er seinen Traum verwirklichen kann: Am ersten Septemberwochenende wird Duarte ermordet. Er stirbt auf einem Parkplatz vor einer Bar im Nachbarort Colleferro – zu Tode geschlagen und getreten von mehreren jungen Männern. 

„Was haben sie denn schon getan? Nichts. Bloß einen Migranten umgebracht“

Duartes Tod sorgt in ganz Italien für Entsetzen – denn womöglich handelten seine Mörder aus rassistischen Motiven: Bei einem ersten Verhör auf der Polizeiwache soll ein Angehöriger der Verdächtigen gesagt haben: „Was haben sie denn schon getan? Nichts. Bloß einen Migranten umgebracht.“ So berichten es mehrere italienische Medien, darunter die renommierte Tageszeitung „Corriere della Sera“. In einer offiziellen Mitteilung zu Duartes Tod wird ein rassistisches Motiv zwar ausgeschlossen – doch das zweifeln mittlerweile sogar die Ermittler an. Nach der Obduktion änderte die Staatsanwaltschaft den Tatvorwurf in Mord.

Duartes Familie stammt von den Kapverden, einer Inselgruppe vor Westafrika. Der 21-Jährige wurde jedoch in Rom geboren.

Giuseppe Conte (vorne, r), Ministerpräsident von Italien, nimmt an der Trauerfeier für Willy Monteiro Duarte teil

Premierminister Giuseppe Conte (vorne rechts) trug bei der Trauerfeier – genau wie die übrigen Gäste – ein weißes Oberteil.

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In der Tatnacht ist der junge Mann mit Freunden unterwegs. Vor einer Bar in Colleferro kommt es zu einer Streiterei. Der Anlass: Mehrere Mädchen fühlen sich von einigen anwesenden Männern belästigt. Es gibt anzügliche Bemerkungen und vulgäre Gesten – von wem, lässt sich bislang noch nicht zweifelsfrei ausmachen. Sicher ist nur: Plötzlich wird ein Freund Duartes attackiert. 

Der 21-Jährige geht dazwischen, will schlichten – und gerät so selbst ins Visier. Mittlerweile sind nämlich die sogenannten „Zwillinge von Artena“ angerückt – ein in der Gegend berüchtigtes Schläger-Brüderpaar. Die beiden sind 24 und 26 Jahre alt, sehen sich aber sehr ähnlich: Aufgeblähte Muskeln, schwarze Tättowierungen und finstere Blicke: Mit ihrem Auftreten und einer entsprechenden Inszenierung im Netz haben sie es im Umkreis zu einer gewissen abstoßenden Berühmtheit gebracht.

Einer der Beteiligten hat die beiden Männer an diesem Abend per Telefon zu Hilfe gerufen. Mindestens einer der Brüder soll zum Zeitpunkt des Anrufs auf einem Friedhof in einem Nachbarort Sex mit einer jungen Frau gehabt haben, schreibt der „Corriere“ mit Verweis auf die Ermittlungsakten.

Polizei nimmt vier Verdächtige fest

Die Schläger-Brüder fackeln nicht lang: Zielstrebig, so berichten es italienische Medien, laufen sie auf den schwarzen Duarte zu und holen aus. Immer wieder schlagen und treten sie zusammen mit zwei weiteren jungen Männern auf den 21-Jährigen ein – auch dann noch, als dieser längst blutend, bewusst- und regungslos auf dem Boden liegt. „Ich flehe euch an: Hört auf! Ich kriege keine Luft“, soll er zuvor immer wieder gerufen haben, berichtet der „Corriere“ unter Berufung auf Zeugenangaben.

Als sie endlich von Duarte ablassen, ist dieser schon halb tot. Erst 40 Minuten später kommt ein Krankenwagen. Doch die Retter können dem jungen Mann nicht mehr helfen.

Schneller ist die Polizei: Noch in der Nacht nimmt sie die vier Verdächtigen fest. Sie werden auf dem Revier in Colleferro verhört, auch Angehörige sollen dabei sein – einer von ihnen sagt schließlich den schlimmen Satz, Duarte sei doch „nur ein Migrant“. 

Entsetzen nach Duartes Tod

Duartes Tod löst in ganz Italien heftige Reaktionen aus. Zahlreiche Prominente, darunter auch Musiker wie der Rapper Fedez oder die Influencerin Chiara Ferragni, drücken ihr Entsetzen aus. Die sozialdemokratische Politikerin Alessia Morani bezeichnet den Tod des jungen Mannes als „vergiftete Frucht des von der Rechten verbreiteten Hasses“. Seit Jahren betrieben rechte Parteien wie die Lega von Ex-Regierungschef Matteo Salvini „nichts als Hasspropaganda gegen Migranten, vor der wir immer wieder vergeblich gewarnt haben“. 

„Gerechtigkeit für Willy“ steht auf diesem Plakat, das Demonstranten am 9. September in Paliano hochhalten.

„Giustizia Per Willy“ („Gerechtigkeit für Willy“) steht auf diesem Plakat, das Demonstranten am 9. September in Paliano hochhalten.

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Am Samstag wird Duarte beerdigt – unter riesiger Anteilnahme und großer medialer Berichterstattung. Auch Regierungschef Giuseppe Conte ist unter den Trauergästen – die überwiegend weiße Oberteile tragen. Anders als in Deutschland gilt die Farbe Weiß auf den Kapverden als Trauerfarbe. 

„Wir alle haben diese abscheuliche Gewalttat verfolgt. Wir dürfen das nicht kleinreden und nicht unterschätzen. Wir dürfen es nicht zu einem singulären Ereignis machen“, sagt Conte während der Zeremonie. „Wir müssen gemeinsam – Familien, Lehrer, Politiker, Journalisten – für ein Ziel eintreten: Dieser Gewaltverherrlichung entgegentreten, bis sie ausgelöscht ist, und an die Werte und Prinzipien erinnern, auf die unsere Gesellschaft gebaut ist“, fordert der Premier.

Auch Außenminister Luigi Di Maio äußert sich zu Duartes Tod: „So kann man nicht sterben. Das ist ungerecht. (…) Wir werden dir Gerechtigkeit zu Teil werden lassen. Das ist ein Versprechen“, schreibt er auf Facebook.

Lachende Smileys kurz nach dem Mord

Am Sonntagmorgen, wenige Stunden nach der Tat, aber noch vor seiner Festnahme, teilt einer der Brüder ein Video auf Facebook. Es ist ein Clip mit zwei Affen als Protagonisten, dazu postet der junge Mann vier laut lachende Smiley-Emoticons.

Willy Monteiro Duarte ist da bereits tot.

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