• Als wenns Corona nie gegeben hätte: Am Brighton Beach war Ende Mai volle Hütte.
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Mutante breitet sich immer weiter aus: Steht Großbritannien kurz vor der dritten Welle?

London –

Während in Deutschland die dritte Welle abflacht, baut sie sich in Großbritannien erst auf, befürchten Experten – und das trotz hoher Impfquoten. Was ist da los?

Großbritannien hat in Sachen Corona eine echte Berg- und Talfahrt hinter sich: Erst probierte Premier Boris Johnson eine Art Schweden-Weg weitgehend ohne Einschränkungen. Nachdem der kolossal scheiterte und das Gesundheitswesen vor dem Kollaps stand, gab’s harte Lockdowns und eine im Eiltempo vorangetriebene Impfkampagne.

Indische Corona-Variante breitet sich in Großbritannien rasch aus

Mit Erfolg: Früher als etwa in Deutschland gingen die Infektionszahlen deutlich zurück. Seit einigen Wochen kehrt nun langsam der Alltag mit spürbar laxeren Corona-Regeln zurück: Pubs sind wieder auf, private Treffen erlaubt, Sportstadien voll.

Doch nun schlagen Experten Alarm: „Es gibt ein exponentielles Wachstum bei der Zahl der neuen Fälle“, sagte Mikrobiologe Ravi Gupta im BBC-Interview. Problem: Die zunächst in Indien entdeckte Variante B.1.617.2 breite sich in Großbritannien rasant aus und mache laut Gupta mittlerweile Dreiviertel aller Ansteckungen aus – trotz Impfkampagne.

Großbritannien: Wieder mehr Covid-Patienten kommen ins Krankenhaus

Bislang haben knapp Dreiviertel der Erwachsenen eine erste Dosis erhalten, knapp die Hälfte ist schon doppelt geimpft. Gupta ist sich sicher: „Wenn die Dinge so laufen, wie ich denke, werden wir wahrscheinlich eine dritte Welle bekommen. Es wird eine große Infektionswelle sein mit schweren Verläufen und Todesfällen.“ Gupta bereitet die Entwicklung vor allem deshalb Sorge, weil das weitgehend unbemerkt geschehe:

„Es wird wahrscheinlich länger dauern als bei vorherigen Wellen, bis sie sich abzeichnet, weil wir ein hohes Level an Impfungen haben“, sagte er. „Daher könnte es für einige Zeit ein falsches Sicherheitsgefühl geben.“ Zuletzt zählte Großbritannien rund 3200 neue Fälle pro Tag, die Sieben-Tage-Inzidenz lag gestern bei 31,7 – Tendenz steigend. Auch kommen wieder mehr Covid-Patienten ins Krankenhaus.

Großbritannien: Forderungen werden lauter, Einschränkungen nicht abzuschaffen

Gupta erklärte: „Klar sind die Fallzahlen derzeit relativ niedrig – aber alle Wellen starten mit niedrigen Zahlen.“ Dass es wieder mehr Infektionen gibt, bestätigte auch Umweltminister George Eustice, der als Grund auch die jüngsten Lockerungen sieht: „Viele junge Menschen gehen gerade wieder aus und das gibt es viel Durchmischung“, erklärte Eustice jüngst. Das sei problematisch, weil ein Großteil von ihnen noch nicht geimpft sei.

Angesichts dessen gibt es nun Forderungen, die für 21. Juni versprochene Abschaffung aller Einschränkungen auszusetzen. „Wir sehen, dass die aktuellen Maßnahmen vielerorts den rasanten Anstieg der Fälle nicht aufhalten“, sagte Martin McKee, Professor für Öffentliche Gesundheit zum „Guardian“.

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„Wenn es kein Wunder gibt, ist die weitere Öffnung im Juni ein großes Risiko.“ Sein Kollege Adam Finn von Nationalen Impfkommitee ergänzte in der ITV-Sendung „Good Morning Britain“: „Ich finde es unglücklich, dass jeder dieses spezielle Datum im Kopf hat, denn was wir wirklich tun sollten, ist zu verstehen, wie die Dinge laufen und dann entsprechend handeln.“ Viele Briten reagierten alarmiert, einen weiteren Lockdown will niemand – auch die Regierung nicht. Die hat eine endgültige Entscheidung, ob die Beschränkungen aufgehoben werden oder nicht, einstweilen vertagt – auf den 14. Juni.

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