Weghören und selbst ertüchtigen: So überstehen wir vier weitere Jahre Trump
Nun ist er also wieder da! Donald Trump scheint seit seiner zweiten Amtseinführung fast omnipräsent zu sein. Verstärkt wird dieser Eindruck noch dadurch, dass er in der Regel zumindest für Durchschnitts-Europäer sehr negative Energien verströmt. Doch wir sind dem für die kommenden vier Jahre nicht ohnmächtig ausgeliefert – weder persönlich noch politisch.
Donald Trump geht es zuallererst um seine eigene Person. Und um Aufmerksamkeit, einer der wichtigsten Währungen im Zeitalter digitaler Netzwerke, mit der man die öffentliche Debatte prägen kann. Sein Mittel der Wahl: der Tabubruch. „Grönland soll amerikanisch werden – und leider kann ich nicht ausschließen, dass ich dafür auch militärische Gewalt einsetzte“, ist ein Beispiel dafür. Dass Trump-Intimus Elon Musk bei der Amtseinführung mal eben amerikanischen Ultra-Nationalisten mit dem Hitlergruß dankt, ein anderes.
Trump ist zu mächtig, um ihn komplett zu ignorieren
Nun sind diese beiden Männer zu mächtig, als dass man sie – zum Wohle der eigenen geistigen Gesundheit – komplett ignorieren könnte. Als Konsument von Nachrichten – und erst recht als Journalist – sollte man sich aber vergegenwärtigen, dass Trump eben viel redet, wenn der Tag lang ist. Aber nicht alles, worüber er redet, ist auch relevant für uns oder wird tatsächlich umgesetzt. Wir sollten also alle gemeinsam nicht zu häufig über die Provokations-Stöckchen des Polit-Entertainers springen. Stattdessen könnten wir uns auf das konzentrieren, was Trump tatsächlich verändern will, und dort dann aber umso aufmerksamer hinschauen.
Viele Angelegenheiten müssen die Amerikaner sowieso unter sich ausmachen. Beispielsweise, was ihren Umgang mit illegaler Migration angeht. Die amerikanische Zivilgesellschaft ist stark genug, Trump in diesen Dingen auch Kontra zu geben. Dafür steht momentan exemplarisch Bischöfin Mariann Edgar Budde, die bei den Feiern zur Amtseinführung Trump in einem Gottesdienst um „Barmherzigkeit“ für Flüchtlinge und sexuelle Minderheiten bat. Trump hat das in kalte Wut versetzt.
Das Potenzial ist da, es fehlt aber der Wille
Für uns ist eine andere Frage (überlebens)wichtig: Die Sicherheit in Europa, die bisher vor allem durch die Amerikaner gewährleistet wurde. Dieser Schutz scheint unter Trump nicht mehr zu 100 Prozent sicher zu sein. Als Konsequenz daraus muss die Politik das Land und die Gesellschaft schnell ertüchtigen. Das beginnt bei einem starken Militär, das in der heutigen Welt eine der Voraussetzungen für Unabhängigkeit ist – endet dort aber nicht. Wir müssen insgesamt wehrhafter werden. Politisch, wirtschaftlich und eben auch im Geheimdienst- und Militärbereich. Das Potenzial dafür ist da, was bisher fehlt, ist der politische Wille.
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Das liegt wohl auch daran, dass wir es mit einem politischen Paradox zu tun haben. Vor allem der aktuelle Bundeskanzler hängt der Vorstellung an, dass ein (zu) robustes Auftreten zu einer Eskalation mit Russland führen könnte. Dabei ist das Gegenteil richtig: Zurückhaltung wird von Menschen wie Wladimir Putin aber auch Donald Trump als Unterwürfigkeit und damit als Schwäche gewertet. Das ermutigt sie ihrerseits immer weiter zu eskalieren. Um eine Eskalation zu verhindern, ist es also notwendig, seinerseits bis zu einem gewissen Grad – und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten – konsequent und robust aufzutreten.
Eine Hoffnung für uns liegt in Europa
Wir tun das in keinem Bereich. Ein Beispiel unter vielen: Deutsche Behörden dürfen bei Cyberangriffen bis heute keine „Hackbacks“ ausführen. Das bedeutet, dass man als Angegriffener seinerseits versucht, mit Software die Technik der Angreifer zu beschädigen. Welches Land würden Sie sich als russischer oder chinesischer Hacker aussuchen? Eines das „Hackbacks“ durchführt oder eines, das solche Dinge – wie Deutschland – einfach hinnimmt?
Neben dieser Selbstermächtigung und Wehrhaftigkeit im Sicherheitsbereich müssen wir eine andere Ebene stärken. Trump selbst gibt uns einen Hinweis darauf: „Die EU ist sehr, sehr schlecht für uns“, sagte er kurz nach seinem Einzug ins Weiße Haus. Trump versteht, was die Europäer an der (sicher nicht perfekten) EU haben. Ihm wäre es lieber, die europäischen Länder würden sich wieder vereinzeln. So könnte er sie – beispielsweise bei Zöllen – sehr viel leichter herumschubsen. Darauf lässt sich aufbauen. Polen-Premier Donald Tusk, momentan Ratsvorsitzender der EU, hat die Europäer aufgefordert, mit mehr Selbstbewusstsein gegenüber Trump und Putin aufzutreten. Ein Appell, der wohl nicht zuletzt an die Regierenden in Berlin gerichtet ist.
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