Kanzler Friedrich Merz (CDU, r.) und seine Vize Lars Klingbeil (SPD) haben die Entscheidung weitgehend alleine getroffen.

Kanzler Friedrich Merz (CDU, r.) und sein Vize Lars Klingbeil (SPD) haben die Entscheidung weitgehend alleine getroffen. Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Waffenembargo gegen Israel: Feigheit vor dem Freund ist keine Option!

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Nachdem Kanzler Friedrich Merz (CDU) einen teilweisen Export-Stopp für Waffen nach Israel verhängt hat, ist die Aufregung groß: Die CSU fühlt sich übergangen, die Zeitungen des Axel-Springer-Verlags laufen fast Amok und Israels Premier Benjamin Netanjahu behauptet, Merz sei von „Fake News“ beeinflusst. Dabei hat Merz alles richtig gemacht. Jedenfalls fast.

Vorweg: Was gemeinhin als Waffenembargo bezeichnet wird, ist kein echtes – sondern bisher eher ein symbolisches. U-Boote beispielsweise sind vom deutschen Bann nicht betroffen. Denn diese sind für die Existenz Israels wirklich wichtig – sie ermöglichen dem Land eine atomare Zweitschlag-Fähigkeit, die zur Abschreckung unerlässlich ist. Von Merz’ Entscheidung sind vor allem Ersatzteile für Panzer betroffen, Munition liefert Deutschland praktisch nicht. Israel wird das fürs Erste leicht verkraften können.

Deutlich schlechter scheinen das Teile von Merz’ eigener Koalition zu verkraften. Offenbar ist die CSU in der Frage übergangen worden. Das ist sicher nicht besonders geschickt. Andererseits liegt die Richtlinienkompetenz auch für Außenpolitik eben beim deutschen Kanzler – und nicht in der CSU-Zentrale in München. Merz hat in diesem Fall erstmals außenpolitisch wirklich als Kanzler gehandelt – nicht als Parteichef der CDU.

Merz hat die Kritik erwartet – und trotzdem so entschieden

Hätte er Letzteres getan, wäre er den Schritt wohl gar nicht erst gegangen. Denn auch Merz wird klar gewesen sein, dass „Bild“ und „Welt“, deren Redakteure die unverbrüchliche Freundschaft zu Israel in ihren Arbeitsverträgen stehen haben, dagegen anschreiben werden. Oder dass Teile der Union, die die bedingungslose Freundschaft zu Israel als Teil ihrer DNA verstehen, mit der Wende Schwierigkeiten haben.

Es ist aber genau das Merkmal eines führungsstarken Kanzlers, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen – wenn er sie für richtig erkannt hat. Merz hat (neben den Umfragen in Deutschland) gute Argumente auf seiner Seite: Es gilt, das Verhalten Israels Richtung Verhandlungen zu beeinflussen. Wochenlange Appelle der Bundesregierung sind an Netanjahu folgenlos abgeprallt. Dass Israels Regierung wegen des Hungers in Gaza mit dem Finger auf die Hamas zeigt, ist (weitgehend) ein Ablenkungsmanöver: Nur Israel entscheidet, welche und wieviele Lebensmittel momentan nach Gaza kommen. Sonst niemand.

Feigheit vor dem Freund ist keine Option

Es ist also legitim, wenn die Bundesregierung die Daumenschrauben nun anzieht. Feigheit vor dem Freund wäre keine Option gewesen. Denn die deutsche Staatsräson gilt dem Existenzrecht Israels – nicht aber automatisch einem möglichen Groß-Israel mit annektiertem Westjordanland und Gaza, wie es großen Teilen der Netanjahu-Regierung erkennbar vorschwebt.

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Sollte sich die Hunger-Situation in Gaza weiter verschlimmern, wird Merz auch zu noch drastischeren Mitteln greifen müssen. Wir haben womöglich erst den Anfang der Merz-Wende gesehen.

Wer nun argumentiert, der Schritt stärke nur die Hamas und gefährde die israelischen Geiseln in Gaza, dem sei gesagt: Die meisten lebenden Geiseln sind durch Verhandlungen freigekommen – nicht durch Militäraktionen. Und auch dieser Krieg wird am Verhandlungstisch enden – oder eben tatsächlich mit Mord und Vertreibung. Letzteres sollte Deutschland alleine aus seiner Geschichte heraus nicht akzeptieren.

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