Stärke der AfD: Merz will sich abgrenzen – und stößt doch ins Horn der Populisten
Was ist das richtige Rezept gegen die AfD? Die Spitzen der Union haben am Wochenende mal wieder über den eigenen Umgang mit der teilweise als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei beraten. CDU-Chef Friedrich Merz legte zwar ein feuriges Bekenntnis gegen die AfD ab. Kurz zuvor hatte er allerdings mal wieder ins Horn der Populisten gestoßen. Das ist wenig hilfreich.
Solange er CDU-Vorsitzender sei, werde es keine Kooperation mit der AfD geben, sagte Merz. Die AfD sei in künftigen Wahlkämpfen vielmehr der Hauptgegner der CDU, denn es sei das Ziel der Partei, die Union politisch zu vernichten und abzulösen. Die AfD wolle eine „grundsätzlich andere Republik“. So sehen das in der Breite und Spitze wohl die meisten bei CDU und CSU. Aber es gibt einen nicht kleinen Teil, der gern mit der AfD zusammenarbeiten würde. Vor allem in Ostdeutschland.
Weniger Migranten – der Aufstieg der AfD hält an
Im kommenden Jahr sind mehrere Landtagswahlen. Auch deshalb ist die Nervosität bereits jetzt groß. Bisher hat weder das Ignorieren noch das Dämonisieren die AfD geschrumpft. Und noch nicht einmal „gutes Regieren“ scheint beim zentralen AfD-Thema Migration zu helfen: Die Zahl der Zuwanderer ist – wohl auch dank eines strikten Kurses von Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) – seit Jahresbeginn stark gesunken. Doch davon haben weder Union noch die Bundesregierung selbst in Umfragen profitieren können. Die AfD wächst weiter. Womöglich wählen sie viele Menschen nicht mehr aus Protest, sondern aus Überzeugung.
Künftig will die Union zwar weiterhin keine gezielten Absprachen mit der AfD treffen, allerdings etwas flexibler mit „Roten Linien“ umgehen. So werde man künftig Anträge nicht mehr zurückhalten, nur weil ihr „zufällig“ auch die AfD zustimmen könnte, heißt es aus der CDU. Und auch Merz schließt nicht explizit aus, dass die AfD – wie zu Beginn des Jahres – in einzelnen Fällen als Mehrheitsbeschaffer fungiert. Dies lässt CDU-Minderheitsregierungen vor allem in den östlichen Bundesländern möglich erscheinen.
Merz bedient die „Talking Points“ der AfD immer wieder
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagt, man wolle die AfD außerdem noch stärker als bisher vor Ort entzaubern. Vor allem im Osten trägt sie kommunal längst Verantwortung. Im Kreis Sonneberg gibt es seit bald zwei Jahren einen AfD-Landrat. Und siehe da: Dieser hat fast keines seiner Wahlversprechen gehalten und beispielsweise eine Schule geschlossen, die er ausdrücklich nicht schließen wollte.
Es ist sicher ein vielversprechender Ansatz, stärker vor Ort zu schauen, was die AfD so verspricht und was sie tatsächlich umsetzt. Allerdings untergräbt nicht zuletzt Merz die Strategie gegen die AfD immer wieder selbst, indem er selbst ins populistische Horn der AfD stößt – jüngst mit seinen Äußerungen zum „Stadtbild“, in dem der Anteil von (vermeintlichen) Ausländern zu hoch ist. Mit solchen ungeschickten Äußerungen weckt man vor dem Hintergrund vermehrter Abschiebungen falsche Erwartungen und macht die AfD letztlich nur stärker.
Auch die SPD trägt Mitverantwortung
SPD-Chef Lars Klingbeil hat der Union bereits mit einem Ende der Koalition gedroht, sollte sie mit der AfD zusammenarbeiten. Die Ansage ist sicher nicht verkehrt. Allerdings muss sich die SPD auch ihrer eigenen Verantwortung klar sein: Gerade der linke Flügel stellt sich immer wieder gegen zentrale Wirtschaftsreformen. Das dürfte vor allem in der politischen Mitte viele Menschen frustriert in die Arme der AfD treiben. Die Regierungsparteien haben es also ein Stück weit selbst in der Hand, ob das Superwahljahr 2026 für die AfD ein Triumph oder doch eher eine Enttäuschung wird.
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