AfD-Chefin Alice Weidel mit ARD-Moderator Markus Preiß beim „Sommerinterview“.

AfD-Chefin Alice Weidel mit ARD-Moderator Markus Preiß beim „Sommerinterview“. Foto: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Weidel-Interview: Ihr wollt es den Faschos richtig zeigen? Dann hört auf rumzulärmen!

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Der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg der AfD macht vielen Menschen Sorgen. Wohl auch deshalb haben Demonstranten das „Sommerinterview“ von AfD-Chefin Alice Weidel in der ARD am Sonntag massiv gestört. Doch die Aktion ist keineswegs so clever, wie ihre Macher wohl glauben – in Wahrheit nutzt sie den Rechtspopulisten über alle Maßen.

Die ARD nimmt ihre Sommerinterviews traditionell auf einer Terrasse eines Bundestagsgebäudes direkt an der Spree auf. So auch bei Weidel. Gegenüber pfiffen und trommelten von Beginn an einige Protestierende, was Weidel sichtlich irritierte. Wenig später schaltete das Künstlerkollektiv „Zentrum für politische Schönheit“ einen Transporter mit Lautsprechern an, aus dem mit ohrenbetäubendem Lärm ein „Scheiß AfD“-Song plärrte. Spätestens da war das Interview eine einzige große Absurdität.

Die ARD hat einen großen Fehler gemacht

Der schlimmste Fehler liegt hier bei der ARD, die als öffentlich-rechtliche Sendeanstalt allen im Bundestag vertretenen Parteien eine Bühne bieten will. Warum hat sie das Interview nicht in einen Innenraum verlegt? Das hätte möglicherweise nur eine Unterbrechung von einigen Minuten bedeutet. Sogar der Polizei war die Aktion vorher bekannt. So sieht sich die TV-Station nun Vorwürfen ausgesetzt, sie habe beispielsweise die Tonspur der Protestierenden nicht heruntergedreht, um Weidel zu schaden.

Die ARD hat der AfD-Chefin also frei Haus das ermöglicht, was sie am liebsten tut: sich in die Opferrolle zu begeben. Die AfD werde von den Medien geschnitten und unfair behandelt, so die seit Jahren gepflegte Erzählung. Nun fordert Weidel sogar eine Wiederholung des Interviews und kann die ARD mit einiger Berechtigung vor ihren Anhängern in den sozialen Medien vor sich her treiben. Was für ein Debakel!

Die Lärmattacke überlagert Weidels inhaltliche Leere

Und die Demonstranten? Sie glauben wohl, es den Faschos mal richtig gezeigt zu haben. Tatsächlich haben sie mit ihrem lautstarken Protest an dieser sensiblen Stelle der demokratischen Sache einen Bärendienst erwiesen. Eine offene Gesellschaft und der demokratische Prozess leben davon, alle im Parlament vertretenen Meinungen zumindest anzuhören – auch wenn einem die Positionen nicht gefallen. Die Demonstranten haben es den ARD-Journalisten zudem schwerer gemacht, mit guten Fragen die inhaltliche Leere Weidels in vielen Positionen herauszuarbeiten, die sie meistens offenbart. Und auch Weidels ziemlich skandalöser Satz, die AfD sehe keinen Grund, sich zu mäßigen, erfährt heute nicht die Aufmerksamkeit, die er eigentlich verdient. All das wird durch die „Lärm-Attacke“ überlagert.

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Die AfD wird sich nur durch realitätsnahe Politik kleinkriegen lassen – nicht durch Lärm. Natürlich ist lautstarker Protest gegen die AfD grundsätzlich legitim. Aber nicht alles, was legitim ist, ist auch clever. Der Sonntag in der ARD hat dafür ein Paradebeispiel geliefert.

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