Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) plant eine große Reform des Bürgergelds.

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) plant eine große Reform des Bürgergelds. Foto: picture alliance / epd-bild | Christian Ditsch

Bas plant Bürgergeld-Reform: Der Staat war viel zu lange naiv

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Was bisher Bürgergeld beziehungsweise „Hartz IV“ hieß, soll künftig „Neue Grundsicherung“ heißen: Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will nun die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform angehen. Das ist überfällig. Der Staat hat sich zu lange sehr naiv angestellt.

Bund, Länder und Kommunen geben jedes Jahr mehr als 45 Milliarden Euro für Bürgergeldempfänger aus. Das ist fast so viel wie die Ausgaben für Landesverteidigung. Unterm Strich hat das damals von einer SPD-Regierung mithilfe der Union eingeführte Bürgergeld trotzdem enttäuscht: Ex-Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) versprach ein „Jobwunder“ – eingetreten ist aber eher das Gegenteil. Arbeiten lohnt sich kaum mehr, da der Abstand zwischen niedrigen Löhnen und dem, was Bürgergeld-Empfänger erhalten, zu gering ist, so die Kritik. Ganz falsch waren diese Einwände wohl nicht.

Völlig neue Töne für eine SPD-Ministerin

Bas setzt jetzt zumindest für die SPD neue Töne. Anders als Heil will sie die Sanktionen gegen Verweigerer verschärfen: So sollen beispielsweise Terminversäumnisse beim Jobcenter künftig wieder härter bestraft werden. Zudem kündigte sie an, Sozialleistungsbetrug im großen Stil stärker verfolgen zu wollen. Bas erklärte sogar, nicht nur in ihrer Heimatstadt Duisburg gebe es ein großes Problem mit „mafiösen Strukturen“, die gezielt Betrug beim Bürgergeld begingen.

Natürlich betrügt die übergroße Mehrheit der Bürgergeld-Empfänger nicht. Trotzdem ist es richtig, diesen Punkt in den Fokus zu nehmen. Der Staat muss – auch im Sinne der Steuerzahler – seine eigene unrechtmäßige Ausbeutung dringend verhindern. Dabei hat das bisherige System den Betrug geradezu herausgefordert: Der Datenaustausch zwischen Finanzämtern, Jobcentern, Familienkassen und Sicherheitsbehörden (mehr als die Hälfte der Bezieher sind inzwischen Nicht-Deutsche) ist eher mangelhaft. Man fragt sich, warum dies nicht längst geändert wurde. Denn nicht zuletzt auf einem latenten Ungerechtigkeitsgefühl im Sozialbereich köchelt auch die AfD ihr rechtspopulistisches Süppchen. Der Staat hat der Partei hier unnötig viel Angriffsfläche gegeben.

Dies nun zu ändern ist kein Ausspielen armer Gruppen gegeneinander, wie vor allem in der SPD-Linken gemurrt wird – sondern ein Gebot der Vernunft. Wie genau die „Neue Grundsicherung“ am Ende aussehen wird, wird jetzt innerhalb der Koalition auszuknobeln sein. Denn der Grundkonflikt bleibt: Für die Rechten gibt es zu viel Bürgergeld und zu wenige Anforderungen an die Empfänger. Für Linke ist es genau andersherum. Die Diskussion, ob Empfänger, die nie oder nur kurz in die Sozialsysteme eingezahlt haben, wirklich genauso viel erhalten sollen, wie die, die ihr ganzes Leben eingezahlt haben, ist davon noch gar nicht berührt.

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Bas scheint weitgehend auf der Linie von CDU/CSU zu liegen. Das sind gute Vorzeichen für ein Gelingen der Reform, auch wenn Teile der SPD Änderungen als unsozial ablehnen. Kann sich die Merz-Regierung bei diesem Thema nicht zusammenraufen, braucht sie bei deutlich komplizierteren Reformen wie bei der Rente oder Pflege erst gar nicht anzutreten. Und wenn sie das Bürgergeld sinnvoll reformiert hat, könnte sie mehr Steuerprüfer einstellen und Steuerschlupflöcher schließen. Reformbedarf gibt es nämlich nicht nur am (finanziell) unteren Ende der Gesellschaft.

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