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  • Foto: picture alliance/dpa

Kampf gegen Corona: Herber Rückschlag im Impfstoff-Rennen

London/Washington –

Im Rennen um einen rettenden Impfstoff gegen das Coronavirus gibt es einen Rückschlag für einen aussichtsreichen Kandidaten. Die Versuche mit dem Mittel aus Großbritannien wurden gestoppt. Wie geht es nun weiter?

Der Pharmakonzern AstraZeneca hat die klinische Studie für seinen vielversprechenden Corona-Impfstoff vorsorglich gestoppt. Bei einem Teilnehmer waren gesundheitliche Probleme aufgetreten. Das sei eine Routinemaßnahme für solche Fälle, teilte das britisch-schwedische Unternehmen gestern mit. „In großen Versuchsreihen treten Erkrankungen zufällig auf, müssen aber von unabhängiger Seite untersucht werden, um das gründlich zu überprüfen.“

Vorerst sollen keine Probanden geimpft werden

Das Mittel zählt bisher zu den aussichtsreichen Kandidaten unter den potenziellen Corona-Impfstoffen. Viele Länder, auch Deutschland, haben mit dem Konzern Verträge über insgesamt Milliarden Dosen abgeschlossen. Während des Stopps sollen nun vorerst keine weiteren Probanden geimpft und bisher geimpfte Personen weiter beobachtet werden. AstraZeneca werde die Untersuchung des Falls beschleunigen, damit sich das Zulassungsverfahren für den Impfstoff so wenig wie möglich verzögere, hieß es.

Ein solcher vorläufiger Studienstopp sei „nicht ungewöhnlich“, sagte der US-Immunologe Anthony Fauci, der auch als Berater der US-Regierung tätig ist, dem TV-Sender CBS. „Das ist eines dieser Sicherheitsventile, die man bei klinischen Studien wie dieser hat.“ Stephan Becker, Direktor des Instituts für Virologie an der Philipps-Universität Marburg, lobte, das transparente Vorgehen sei ein Zeichen der funktionierenden Qualitätskontrolle.

Gesundheitliche Probleme durch Impfstoff?

Bei der Überprüfung des Falls geht es nun darum festzustellen, ob die gesundheitlichen Probleme des Studienteilnehmers vom Impfstoff ausgelöst wurden. AstraZeneca machte keine Angaben zu der Erkrankung. Die „New York Times“ berichtete jedoch unter Berufung auf eine informierte Person, dass es sich um eine Transverse Myelitis handele. Diese sehr seltene Erkrankung entwickelt sich häufig in Zusammenhang mit Infektionen. Der AstraZeneca-Wirkstoff AZD1222 beruht auf der abgeschwächten Version eines Erkältungsvirus von Schimpansen.

Ein möglicher Auslöser einer solchen Myelitis seien vermutlich Kreuzreaktionen von Virusantigenen mit körpereigenen Strukturen – zum Beispiel bei einer Gelbfieberimpfung, erklärte der Infektiologe Bernd Salzberger vom Uniklinikum Regensburg. „Im besten Fall hatte der Proband eine parallele Virusinfektion, die das Krankheitsbild verursacht hat und nicht die Impfung.“ Symptome seien je nach Befall im Rückenmark meist akute Lähmungserscheinungen oder Gefühlsstörungen. Auch wenn sich eine Myelitis in vielen Fällen zurückbilde, sei sie ein sehr ernstzunehmendes Syndrom.

Förderung von Antikörpern und T-Zellen

Der AstraZeneca-Impfstoff befindet sich unter anderem in den USA und Brasilien in der dritten, abschließenden Studien-Phase mit mehreren Zehntausend Teilnehmern. Das Mittel wirkt zweifach: Es soll sowohl die Bildung von spezifischen Antikörpern als auch von T-Zellen fördern – beide sind für die Immunabwehr wichtig.

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International gibt es ein beispielloses Rennen von Pharmaunternehmen um marktreife Corona-Impfstoffe. AstraZeneca und acht weitere Pharma- und Biotech-Unternehmen hatten erst am Dienstag versichert, dass sie bei der Entwicklung eines Wirkstoffs keine Kompromisse bei der Sicherheit machen werden. Dieser ungewöhnliche Schritt folgte mit Blick auf Bedenken, dass es vor allem in den USA politischen Druck zwecks einer Eil-Zulassung erster Stoffe vor der Präsidentenwahl am 3. November geben könnte. Donald Trump erklärte zuletzt fast täglich, dass es vielleicht schon bis zur Wahl einen Impfstoff geben werde. (mik/dpa)

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