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  • Eine Frau nachts allein in einer U-Bahn-Station.
  • Foto: imago images/teamwork

„Ich rannte, so schnell ich konnte“: Was Hamburgerinnen nachts auf dem Heimweg passiert

Die junge Britin Sarah Everard wurde in London entführt und getötet, als sie in der Dunkelheit von einer Freundin aus auf dem Weg nach Hause war. Der tragische Fall schlägt hohe Wellen – und löst erneut eine Debatte über die Sicherheit von Frauen aus. Und wie ist es in Hamburg, als Frau nachts allein auf dem Heimweg zu sein? MOPO-Journalistinnen teilen ihre Erfahrungen.

MOPO-Reporterin Svea Eßer

MOPO-Reporterin Svea Eßer

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hfr

„Ich bin immer in Alarm-Bereitschaft“

Als ich anfing, abends auszugehen, gab mir meine Mutter einen Wegbegleiter mit: eine Mini-Alarmanlage für die Jackentasche. Nur schnell an einem Bändchen ziehen und schon ertönt ein lauter Piepton. „Dann kannst du weglaufen. So schnell du kannst”, sagte sie mir. Ich habe das Gerät noch immer griffbereit, wenn ich nachts alleine auf dem Heimweg bin.

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Ich höre auch keine Musik oder hänge meinen Gedanken nach. In meinem Kopf kreisen die Erzählungen von Freundinnen, meine eigenen Erlebnisse: Männer, die mich durch mehrere U-Bahnen verfolgten oder auf der Straße hinter mit herliefen, bis ich den Mut aufbrachte und sie ansprach, sodass sie abdrehten. Ja, ich bin immer in Alarmbereitschaft und habe Schutzmechanismen automatisiert. Und damit bin leider nicht alleine.

Svea Esser, 21

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MOPO-Reporterin Nicola Daumann

Foto:

hfr

„Noch Hundert Meter bis zur U-Bahn“

Nachts, ich komme von einer Freundin: Ein Mann geht seit geraumer Zeit hinter mir. Gleiche Route, gleiches Tempo – oder wird er sogar schneller? Ich habe keine panische Angst, bin aber angespannt. Schnappe mir meinen Schlüssel, gehe nicht zu nah am Gebüsch. Für die letzten, besonders dunklen hundert Meter bis zur U-Bahn rufe ich meinen Freund an, erkläre ihm laut wo ich bin und dass ich gleich zu Hause ankomme. Er wundert sich. In der hellen und belebten Station lasse ich den Mann vorbeigehen – er fährt in die andere Richtung.

Nicola Daumann, 32

Autorenfoto Miriam Khan

Miriam Khan leitet bei der MOPO das Ressort Politik/Panorama

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Quandt

„Mulmiges Gefühl trotz Pfefferspray“

Als ich vor einigen Jahren anfing, bei der MOPO zu arbeiten, ging der Online-Spätdienst noch bis 23 Uhr. Das erste, was ich tat, nachdem ich den Arbeitsvertrag unterzeichnet hatte: Ich kaufte mir ein Pfefferspray. Eins mit Sprühstrahl, nicht mit Nebel, „damit nur der Angreifer getroffen wird und du selbst nix abbekommst”, riet mir der Verkäufer. Damit hätten andere Kundinnen gute Erfahrungen gemacht, das sei der Bestseller. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb: Die zehn Minuten von der Redaktion zur S-Bahn ging ich jedes Mal mit mulmigem Gefühl.

Miriam Khan, 32

MOPO-Reporterin Annalena Barnickel

MOPO-Reporterin Annalena Barnickel

Foto:

hfr

„Ich rannte, so schnell ich konnte”

„Hey Kleine, wohin des Weges?“ Als mir das nachts zugerufen wurde, bin ich so schnell gerannt, wie ich konnte – mit Erfolg. Die Angst trieb mich an – wie immer: Schlüssel in der Faust, die Straßenseite wechseln, telefonieren bis zur Haustür – das sind angewöhnte Techniken, wenn ich nachts alleine nach Hause laufe. Erst neulich mahnte ich eine Freundin, mir sofort zu schreiben, wenn sie bei sich zuhause angekommen sei. Zum Glück bekam ich wenig später eine entsprechende Nachricht.

Annalena Barnickel, 23

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MOPO-Redakteurin Alisa Pflug

MOPO-Redakteurin Alisa Pflug

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hfr

„Das ist nicht normal, dass das normal ist”

Zu Fuß zum Bus nach dem Festival in Wilhelmsburg, allein zur U-Bahn in Berlin-Kreuzberg, mit dem Vorortzug durch Paris um 3 Uhr früh: Ich habe zahlreiche gefährliche Heimwege hinter mir. Heimwege mit Männern, die mir folgten, komisch guckten oder mir dumme Anmachen entgegenraunten. Etwas Schlimmes ist mir glücklicherweise nie passiert – im Gegensatz zu einigen meiner Freundinnen. Nächtliche Angst und Angriffe sind für uns Normalität. Aber das ist doch nicht normal, dass das für uns Frauen normal ist!

Alisa Pflug, 27

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