• SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach 
  • Foto: picture alliance/dpa

Hassobjekt Lauterbach: Und am Ende hat er (leider) doch wieder recht

Berlin –

Karl Lauterbach steht im Sturm. Seit Beginn der Pandemie ist der SPD-Gesundheitsexperte mit seinen Mahnungen omnipräsent in den Medien. Das bringt ihm viel Hass ein von Seiten der Impfgegner und Corona-Leugner. Auf der anderen Seite genießt er Parteien übergreifend hohes Vertrauen. Zum einen, weil er (leider) oft recht mit seinen Prognosen hatte. Zum anderen, weil er so gut wie immer auch konstruktive Lösungsansätze liefert.

Als Lauterbach vor einer Woche bei AstraZeneca mit seiner Empfehlung wieder richtig gelegen hatte, wurde bei Twitter plötzlich vielfach der Hashtag #WirWollenKarl geteilt. Auch eingefleischte CDU-Fans forderten: Der SPD-Gesundheitsexperte solle Jens Spahn (CDU) im Gesundheitsministerium ablösen. Der hatte kurz zuvor die Impfungen mit dem umstrittenen Vakzin stoppen lassen und war damit dem Paul-Ehrlich-Institut gefolgt, gegen die ausdrückliche Empfehlung Lauterbachs. Kurz darauf die Rolle rückwärts: Die europäische Arzneimittel-Agentur gab grünes Licht für AstraZeneca.

Lauterbach: „Pandemie ist keine Gelegenheit für Parteipolitik“

Aber Lauterbach wäre nicht Lauterbach, hätte er nicht auch da gegengesteuert. Einige Tage später traten er und Jens Spahn gemeinsam vor die Bundespressekonferenz. Dort sagte der SPD-Mann: „Die Pandemie ist keine Gelegenheit für Parteipolitik. Das muss der Geist sein, in dem wir hier zusammenarbeiten.“ Lauterbach blieb diplomatisch – anders als das viele Genoss*innen die vergangenen Wochen und Monate vorgemacht hatten.

Trotzdem erfährt der Politiker und Epidemiologe so viel Hass wie kaum ein Kollege. Am Wochenende teilte Lauterbach einen Screenshot mit üblen Hassnachrichten unter einem Artikel, in dem er zitiert wird. Darunter quasi ein Aufruf zum Mord: „Ideal wäre es, wenn man dieses Arschloch nullkommaplötzlich erschießen würde.“ Der Nutzer bekam mittlerweile eine Anzeige. Auch auf „Querdenken“-Demos gibt es regelmäßig Schmähplakate gegen Lauterbach.

Neuer Inhalt (1)

„Schuldig“ sei er, genau wie andere Politiker*innen oder prominente Virolog*innen: Karl Lauterbach (SPD) erfährt viel Hass von sogenannten „Querdenkern“ – wie hier auf einer Demo in Leipzig.

Foto:

picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Auch bei Parteifreunden umstritten

Doch auch in den eigenen Reihen ist er zum Teil umstritten: Einige Fraktionskolleg*innen beschreiben ihn hinter vorgehaltener Hand als selbstverliebt und arrogant. Auch sein Gesundheitsfanatismus ist legendär: Kein Fleisch, kein Salz – seit 30 Jahren! Der Hass aber, der ist offenbar schlicht auf seine ständigen Mahnungen zurückzuführen. Die er aus medizinischer Sicht abgibt, nachdem er sich eindringlich mit den Themen befasst hat. Sein Selbstverständnis: Ein Arzt muss auch schlimme Botschaften überbringen.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte jüngst zum RND: „Karl Lauterbach hat in der Pandemie oft recht.“ Die Wahrheit ist: Er hat eigentlich fast immer recht. Als das RKI und viele der heute im TV bekannten Virolog*innen im Frühjahr 2020 noch beschwichtigten, da warnte er. Im Mai 2020 empfahl er, mit allen Mitteln Impfungen vorzubereiten – neun Monate später kam die Bundesregierung drauf. Früher als andere sah er die Entspannung im Sommer voraus. Mahnte dann aber wieder, dass man sich auf eine zweite Welle im Herbst vorbereiten müsse – wenig geschah.

Immer wieder konstruktive Vorschläge Lauterbachs

Auch die dritte Welle sah er Mitte Februar kommen, da debattierten andere über Öffnungen. Doch ist er wirklich der Lockdown-Fetischist, für den ihn seine Gegner halten? Eigentlich nicht. Immer wieder macht er Vorschläge, wie diese zu verhindern wären: Mit Luftfiltergeräten, mit Tests, auch aktuell spricht er sich gegen Ausgangssperren aus. Die könnten notwendig werden, aber noch müsse man versuchen, sie zu vermeiden.

Lesen Sie auch: Streit um Ausgangssperren – „Ultima Ratio“ oder „zu scharfe Einschränkung“

Was der Mahner übrigens schon im Januar gesagt hatte: Dass dank der Impfungen ab April Besserung in Sicht sei: „Der Sommer wird wahrscheinlich großartig.“ Hoffentlich behält er auch diesmal recht.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp