Gesetz gegen Verschwendung: Frankreich zeigt, wie man wirklich mit Kassenbons umgeht
Paris –
Während die große Koalition in Deutschland gerade erst die Bonpflicht eingeführt hat, schafft Frankreich sie demnächst für Beträge bis 10 Euro ab.
In den nächsten Jahren soll der Wert sogar schrittweise heraufgesetzt werden – auf bis zu 30 Euro. Der Grund: Müllberge vermeiden.
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Die Einführung der Bonpflicht im Januar führte in Deutschland zu einem Aufschrei. Schon vorher bezeichneten Kritiker die vom Finanzministerium eingebrachte Regelung als Blödsinn, Gängelung und Verschwendung – vor allem die Bäckereibranche. Denn für jedes verkaufte Brötchen, jede Zeitung und jeden To-Go-Kaffee müssen die Verkäufer nun unaufgefordert einen Bon drucken. Der Staat will damit gegen Steuerhinterziehung vorgehen, auch wenn Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sich bis zuletzt gegen den Pflichtdruck der Kassenzettel gewehrt hatte.
Anders als Deutschland: Frankreich will Kassenzettel abschaffen
Einen ganz anderen Weg schlägt nun die französische Regierung ein. Dort soll die Bonpflicht für kleine Beträge bis 10 Euro ab September abgeschafft werden. Bis 2022 soll der Wert gar heraufgesetzt werden – auf bis zu 30 Euro. Nur noch Kunden, die sich einen Kassenbeleg wünschen, sollen einen bekommen. Am Donnerstag wollen die Abgeordneten der Nationalversammlung das entsprechende Gesetz gegen Verschwendung verabschieden.
Schon zuvor hatten die Franzosen die Bonpflicht nicht ganz so genau genommen. Nicht bei jedem Baguette-Kauf in der Bäckerei erhielt der Kunde auch einen Bon. In Deutschland sind Gastronomen und Händler verpflichtet auch bei jedem noch so kleinen Betrag, das Stück Papier auszudrucken.
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Bon-Pflicht? Nein, danke! Keine Angst vor Steuerbetrug in Frankreich
Furcht vor Steuerbetrug hat Frankreich offenbar weniger. Vielmehr orientiere sich das Land an seinen englischen oder dänischen Nachbarn, heißt es nun bei den Abgeordneten. „In Frankreich werden jedes Jahr zig Milliarden einfacher Kaufnachweise, die keine Rechnung darstellen, herausgegeben“, schreiben sie.
In einem Supermarkt würden jährlich 10.600 Rollen Papier verbraucht. Das entspreche in etwa der Entfernung zwischen Paris und Montpellier. „Diese von den Kunden oft unerwünschten Belege haben oft eine Lebensdauer von weniger als einigen Sekunden, da sie vom Händler selbst weggeworfen werden.“
Ein Argument, das auch Kritiker in Deutschland immer wieder anbringen. Müllberge aus schwer entsorgbarem Thermo-Papier beklagten Handelsverbände und Bäckereien im Dezember. Das Finanzministerium zeigte dafür allerdings wenig Verständnis. Der Handel habe mehr als drei Jahre Zeit gehabt, um sich vorzubereiten, hieß es. Es hatte zudem auf die Möglichkeit verwiesen, umweltschonendes, „farbentwicklerfreies“ Papier zu verwenden.
Frankreich kämpft gegen zu viel Abfall
Das Gesetz in Frankreich sieht noch zahlreiche weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Abfällen vor. So sollen Elektroprodukte Informationen darüber enthalten, wie leicht sie zu reparieren sind und wie lange Ersatzteile zu bekommen sind. Bisher wurden in Frankreich 60 Prozent der Geräte über den Hausmüll entsorgt. Supermärkte und Onlineplattformen dürfen ihre unverkauften Hygiene- und Textilprodukte ab 2022 nicht mehr einfach vernichten. Bis 2040 will Frankreich den Verkauf von Einwegverpackungen aus Kunststoff komplett beenden.
Auch in französischen Schnellrestaurants gibt es Änderungen. Sie müssen ab spätestens 2023 wiederverwendbare Verpackungen und Besteck benutzen. Pfand für Plastikflaschen wie in Deutschland wird aber vorerst nicht geplant. (rnd)