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  • Foto: picture alliance/dpa

„Geschmacklos“: Empörung über rechte Demo an Gedenktag für Opfer der Nazis

Dresden –

Pegida-Demo: erlaubt. Gedenken an die Opfer der Nazi-Pogrome von 1938: abgesagt. Nach dem „Querdenker“-Fiasko in Leipzig stehen nun auch in Dresden Entscheidungsträger in der Kritik. Während nämlich die Gedenkveranstaltung zum 9. November mit Verweis auf die Infektionslage abgesagt wurde, durften die Anhänger der ausländerfeindlichen Pegida in Dresden doch demonstrieren – am 9. November.

Jüdische Mitbürger wurden verfolgt, misshandelt, getötet;  Synagogen wurden in Brand gesteckt, Geschäfte zerstört: Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 ging in die deutsche Geschichte ein als Nacht der unfassbaren Grausamkeiten. Seither wird am 9. November jedes Jahr bundesweit an die Verbrechen an den Juden erinnert.

Ausgerechnet am 82. Jahrestag dieser Gräueltaten demonstrierten nun die Pegida-Anhänger auf dem zentralen Dresdner Altmarkt, auch der rechtsex­treme Ex-AfD-Politiker Andreas Kalbitz trat auf. Bei der Demonstration wurde auch ein Plakat mit einem nur hauchdünn durchgestrichenen Hakenkreuz gezeigt, danach erhob ein Mann laut Zeugenaussagen den Arm zum Hitlergruß. Die sächsische Polizei kündigte an, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet worden sei.

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Gleichzeitig sagten die Behörden eine größere Veranstaltung zum Gedenken an die Reichsprogromnacht ab. Wie passt das zusammen? Die Empörung darüber ist gewaltig: „In Dresden wurde die Gedenkveranstaltung coronabedingt abgesagt. Doch Rechtsextreme dürfen dort bei Pegida marschieren und ihren Hass verbreiten. Unfassbar!“, kommentierte der Zentralrat der Juden die Entscheidung in Sachsen.

Auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Dresden zeigte sich irritiert: „Das ist schwer nachzuvollziehen“, so Michael Hurshell im Gespräch mit der „Jüdischen Allgemeinen“.  Der Landesrabbiner Zsolt Balla kritisierte die zugelassene Pegida-Demo ebenfalls und fand klare Worte: „Es ist absolut geschmacklos und geschichtsvergessen, dass an einem Tag wie dem 9. November eine Pegida-Demonstration in Dresden nicht nur abgehalten wird, sondern auch durchgeführt werden darf.“ Auch viele Politiker äußerten sich entsetzt.

Pikant ist auch: Die umstrittene Pegida-Demonstration fand nur zwei Tage nach dem Debakel rund um die „Querdenker“-Demo in Leipzig statt. Obwohl klar war, dass die angemeldeten 16.000 Teilnehmer die Corona-Auflagen missachten würden, genehmigte das Oberverwaltungsgericht Bautzen die Demo.

Am Ende kamen 20.000 Menschen, hielten sich wie prognostiziert nicht an die Auflagen, überrannten die Polizei und griffen Journalisten an. Nach bundesweiter Kritik zog die sächsische Landesregierung gestern erste Konsequenzen: Versammlungen sollen künftig auf 1000 Teilnehmer begrenzt werden. Nur im Einzelfall sollen auch größere Kundgebungen möglich sein. (vd)

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