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  • Foto: picture alliance/dpa

Ein Toter bei Protesten in Belarus: Opositionelle Tichanowskaja flieht nach Litauen

Belarus –

Es sind die größten Proteste, die das autoritäre Belarus je erlebte. Nach der von Manipulationen überschatteten Wahl gehen die Behörden brutal gegen Demonstranten und Kritiker vor. Die Oppositionelle Tichanowskaja floh nun nach Litauen.

Die Proteste nach der Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland) reißen nicht ab: Nach einer weiteren Gewaltnacht mit einem Toten hat sich die Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja im EU-Nachbarland Litauen in Sicherheit gebracht. Das bestätigte der litauische Außenminister Linas Linkevicius am Dienstag im Kurznachrichtendienst Twitter.

Minsk: Oppositionelle Tichanowskaja flieht nach Litauen 

Ihr Mann Sergej Tichanowsky sitzt bereits seit längerem in Haft. Er ist ein bekannter Blogger, der im Internet offen die Korruption und Missstände unter Staatschef Alexander Lukaschenko kritisiert. Die 37-Jährige selbst sagte in einer Videobotschaft, dass sie aus eigenem Entschluss gegangen sei – und um bei ihren Kindern zu sein.

Am Montagabend hatten abermals tausende Menschen gegen Wahlfälschungen protestiert, die Staatschef Alexander Lukaschenko zu dem von der Wahlleitung erklärten haushohen Sieg verholfen hätten. Für den Abend sind erneut Proteste angekündigt.

Litauischer Minister äußert sich besorgt über Sicherheit der Oppositionellen

Der litauische Minister hatte sich am Montagabend angesichts der Gewalt in Belarus besorgt gezeigt um die Sicherheit der zweifachen Mutter. Tichanowskaja hatte Montag noch bei einer Pressekonferenz gesagt, dass sie im Land bleiben werde und weiter kämpfen wolle.

Nach Angaben des belarussischen Grenzschutzes verließ Tichanowskaja das Land dann doch – in der Nacht zum Dienstag gegen 2.30 Uhr (MESZ). Sie beansprucht den Sieg bei der Präsidentenwahl vom Sonntag für sich.

Wahl in Belarus von Manipulationsvorwürfen überschattet

Die landesweiten Proteste begannen unmittelbar nach der von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wahl am Sonntag. Es sind die größten Proteste, die die Ex-Sowjetrepublik je erlebt hat. In Minsk kam es dabei zu einem tödlichen Zwischenfall. Nach Darstellung der Behörden soll ein Sprengsatz in der Hand eines Mannes explodiert sein, den er auf Spezialeinheiten der Polizei habe werfen wollen. Hinzu kamen Berichte über viele Verletzte.

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Die Proteste richten sich gegen Lukaschenko, der das zwischen Polen und Russland gelegene Land seit mehr als einem Vierteljahrhundert mit harter Hand regiert. An seinem vermeintlichen Sieg bei der Wahl am Sonntag mit 80 Prozent der Stimmen gibt es große Zweifel –Lukaschenko wird von Kritikern als „letzter Diktator Europas“ bezeichnet.

Anhaltende Proteste – Tichanowskaja bleibt Symbolfigur

Tichanowskaja wolle vom sicheren Ausland aus weiter aktiv sein und ihren Sieg mit demokratischen Mitteln verteidigen, sagte ihre Vertraute Olga Kowalkowa dem Internetportal tut.by zufolge. Die belarussischen Behörden selbst hätten die Kandidatin außer Landes gebracht. „Sie hatte keine Wahl. Wichtig ist, dass sie in Freiheit und am Leben ist.“ Tichanowskaja habe mit ihrer Flucht auch die Freilassung ihrer Wahlkampfleiterin Maria Moros erreicht – Moros sei eine „Geisel“ gewesen. Beide reisten demnach gemeinsam aus.

Experten gingen zunächst nicht davon aus, dass die Ausreise Tichanowskajas zu einem Abflauen der Proteste führen wird. „Sie ist vor allem die Symbolfigur und kann auch aus dem Ausland mit Videos Botschaften senden“, sagte die belarussische Analystin Maryna Rakhlei. Tichanowskaja sei zuletzt Gefahr gelaufen, verhaftet und wegen der Zerstörungen und Gewalt mit Toten und Verletzten angeklagt zu werden.

Belarus: Polizisten gehen brutal gegen Demonstranten vor

Die Proteste werden derweil von Gewalt bestimmt: In sozialen Medien gab es vielfach Videos, die zeigten, wie Uniformierte auf Menschen einprügelten. Die Polizei soll auch Gummigeschosse und Blendgranaten eingesetzt haben, um Demonstranten auseinanderzutreiben. Die Menschen skandierten „Es lebe Belarus“ und „Freiheit“. Doch auch Polizisten wurden Ziel von Attacken. In einem Video war zu sehen, wie ein Uniformierter auf einer Kreuzung womöglich absichtlich von einem Auto angefahren wurde.

Video: Belarus Oppositionsführerin Tichanowskaja nach Litauen geflohen

Bereits in der Nacht zum Montag hatte es landesweit Proteste und auch Ausschreitungen gegeben. Dabei wurden nach offiziellen Angaben mindestens 3000 Menschen festgenommen. Rund 100 Menschen wurden verletzt, darunter sowohl Demonstranten als auch Polizisten. (vd/dpa)

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