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Dickpics im Fernsehen: Bei ProSieben: Joko und Klaas nutzen Sendezeit für ernstes Thema

Vergangene Woche filmten sie noch das RTL-Programm ab und strahlten es auf ProSieben aus, dieses Mal ging es deutlich ernster bei Joko und Klaas 15 Sendeminuten zu. Frauen berichteten über ihre Erfahrungen mit sexueller Gewalt.

Anstatt der TV-Moderatoren trat deshalb auch Sophie Passmann, Autorin und Moderatorin, ins Fernsehbild, als die 15-minütige Sendung, die das Moderatoren-Duo von ProSieben gewonnen hatte, begann. „Die beiden haben mich angerufen und gesagt, ‚Sophie, wir haben da eine Idee für eine ganz besondere Kunstausstellung‘. Ich möchte sie warnen, das Thema dieser Ausstellung ist auch in dieser Zeit aktueller denn je – aber auch wirklich gruselig. Aber das, was es jetzt gleich zu sehen gibt, gehört eben zum Leben dazu“, eröffnete sie ihre Führung.

Joko und Klaas: Palina Rojinski präsentiert Dickpics

Der Titel der Ausstellung: Männerwelten. Und dann ging es im ersten Raum auch gleich ans Eingemachte. Dort wartete nämlich Palina Rojinski (Moderatorin und Schauspielerin) und enthüllte ein sogenanntes Dickpic (Bild eines nackten Penis), das ihr ungefragt zugeschickt wurde. Doch das waren bei weitem nicht alle. Mehrere Wände voll reihten sich die Penisbilder, die Rojinski und Freundinnen von ihr ungefragt zugeschickt bekommen haben, durch die Ausstellung. „Es passiert einfach. Ich kann ein Foto von meinen Turnschuhen posten und ich bekomme welche geschickt. Ich finde das unter aller Sau. Ich finde das verstörend und ich finde das grenzt an virtuellem Missbrauch“, sagte Rojinski. Sophie Passmann wies dann auch noch darauf hin, dass das Verschicken von Dickpics strafbar ist.

Im nächsten Raum wartete dann Jeannine Michaelsen, die unter anderem „Das Duell um die Welt“ von Joko und Klaas moderiert, und gab einen schonungslosen Einblick in die Kommentare, die ihr regelmäßig nach Auftritten im Netz entgegengeworfen werden. Eine Auswahl der widerlichen Kommentare: „Ich finde, wenn man schon keine Titten hat, muss man nicht auch noch so kack Hosen tragen“, „Kann man auf jeden Fall knallen ohne zu zögern“, „Jeannine darf nur Sendungen moderieren, weil sie danach lutschen muss“.

Frauen werden im Internet sexistisch belästigt – Männer nicht

Auch HipHop-Journalistin VisaVie und Model Stefanie Giesinger, die anschließend ins Bild treten, werden immer wieder sexistisch angegangen. „Sie soll nicht immer so tun, als hätte sie Ahnung von Rap. Sie ist nur wegen ihrer Titten angestellt“, „Die Frau soll ihre Fresse halten und lutschen, dann wäre das Video immerhin die Klicks wert“, „Hat sie sich ihre Brüste amputieren lassen, oder hatte sie von Anfang an keine?“ sind nur einige der Kommentare, die sich ertragen müssen.
Sophie Passmann ordnet derweil ein und erklärt, dass im Schnitt 16 von 100 Kommentaren bei weiblichen Influencern sexistisch seien – bei Männer hingegen null.

Dass nicht nur Personen des öffentlichen Lebens von Sexismus betroffen sind und Frauen sich nicht nur auf dem Heimweg oder auf Partys zum Teil unsicher fühlen, unterstreicht der nächste Ausstellungsraum. Hier tragen Kathrin Bauerfeind und Collien Ulmen-Fernandes echte Chatkonversationen vor, die Frauen zum Beispiel beim Verkauf von Dingen im Internet erlebt oder sich aus harmlosen Unterhaltungen ergeben haben. Allesamt haben distanzlose, sexistische Nachrichten von Männern gemeinsam.

Frauen berichten von sexuellen Übergriffen

Im nächsten Raum wartet dann eine Reihe von Frauen, die jeweils einzeln von sexuellen Übergriffen von Männern auf sie berichten. Von verbalen Belästigungen bis zu körperlichen Übergriffen ist alles dabei. Die Botschaft: Fast Frau hat bereits ihre eigenen Erfahrungen mit sexueller Gewalt gemacht. Tatsächlich habe jede zweite Frau in Deutschland laut Passmann bereits sexuelle Belästigung erlebt.

Die Aktion im Video

Sophie Passmann: „Wir müssen diese Scheiße nicht akzeptieren“

„Natürlich ist allen Beteiligten dieser Ausstellung, inklusive Joko und Klaas, bewusst, dass dieser kleine Einblick in die Realität von Frauen nicht die Welt verändern wird. Denn leider ist ‚Männerwelten‘ eine Dauerausstellung, die sich nicht auf ein paar Fernsehminuten und einzelne Räume beschränken lässt – sondern während und nach dieser Sendung weitergeht. In unserem Alltag, Arbeitsplatz, in der U-Bahn oder Corona-Quarantäne. Wahrscheinlich müssen wir noch eine ganze Weile ertragen, dass diese Scheiße stattfindet, wir müssen sie aber nicht akzeptieren. Wir können diese Dinge thematisieren, in die Öffentlichkeit tragen und zur Anzeige bringen“, sagt Passmann dann vor dem letzten Raum.

Im Netz stößt die Aktion derweil auf sehr viel Zuspruch: „Puh. Das war großartig, erschütternd und wichtig zugleich“, heißt es. Oder: „Mir fehlen etwas die Worte, ich kann gar nicht beschreiben, wie gut ich es finde, dass dieses Thema mal angesprochen wird. Es betrifft leider zu viele.“

Im letzten Raum wird dann mit einem victim-blaming-Mythos aufgeräumt. Denn oft lautet eine Frage an vergewaltigte Frauen: Was hattest Du denn an? Als würde das etwas an der Tat ändern. Die University of Kansas hat Kleidungsstücke gesammelt, die Frauen bei Vergewaltigungen trugen. Auf ProSieben wurden sie nun in Kooperation mit der Frauenrechtsorganisation Terre de Femmes unter dem Titel „What I was wearing“ ausgestellt. Zu sehen: Tops, karierte Shorts, Sandalen, T-Shirts, ein langer Rock, Jeans, Arbeitskleidung, Pyjama – was man halt so trägt. (fkm)

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