• In Großbritannien scheint die Corona-Lage außer Kontrolle – auf den Intensivstationen herrscht Alarmstufe Rot.
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Corona-Kontrollverlust in Großbritannien: „Sie sterben uns unter den Händen weg“

London –

In Großbritannien spitzt sich die Corona-Lage immer weiter zu. Täglich werden neue Rekorde bei Neuinfektionen und Todesfällen erreicht, Kliniken stoßen an ihre Belastungsgrenzen. Die Regierung macht die neue Mutation des Virus dafür verantwortlich, die sich immer weiter im Land ausbreitet.

62.556 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden meldete die „Johns Hopkins Universität“ am Mittwoch für Großbritannien – der höchste Wert seit Beginn der Pandemie. Gleichzeitig wurden mit 1042 die meisten Todesfälle seit April registriert. Während in Deutschland bisher 37.835 Menschen an Corona verstorben sind, sind es in Großbritannien 77.470. 

Krankenschwester in Großbritannien: „Sie sterben uns unter den Händen weg“

Die Situation im Vereinigten Königreich wird immer dramatischer – und auch die Kliniken geraten an ihre Belastungsgrenzen. „Du weißt nicht mehr, welchem Patienten du zuerst helfen sollst. Sie sterben uns unter den Händen weg“, erzählt Krankenschwester Ashleigh Shillingford vom „University College Hospital London“ dem ZDF. Sie ist den Tränen nahe. „Und es sind nicht mehr nur Ältere“, sagt die junge Frau. „Es sind junge Menschen in meinem Alter.“ Insbesondere die Londoner Kliniken sind laut dem „Health Service Journal“ unter Berufung auf eine Präsentation des Gesundheitsdiensts NHS (National Health Service) kurz vor der Überlastung. Demnach könnten sie schon in weniger als zwei Wochen keine Kapazitäten mehr haben. Selbst im besten Fall würden in London am 19. Januar 2000 Betten fehlen, darunter Intensivplätze.

Corona-Krise in England: Eine Pflegekraft muss sich bald um vier Intensivpatienten kümmern

„Es ist eindeutig schlimmer als während der ersten Welle“, sagte der Intensivmediziner Rupert Pearse dem Sender BBC Radio 4. Es stünde derzeit nicht ausreichend Personal zur Verfügung und die Betreuung von Corona-Patienten führe dazu, dass etwa Herz- oder Krebspatienten vernachlässigt werden müssten. Teilweise müsse man normale Kranken- in Intensivzimmer umwandeln. Eine Pflegekraft müsse sich um drei, bald wohl um vier Intensivpatienten kümmern, die Lücken würden mit Ärzten und ungeschultem Personal gestopft, sagte Pearse.

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NHS-Manager Chris Hopson sagte BBC Radio 4: „Die Lage eskaliert schnell.“ In der vergangenen Woche seien 5000 neue Patienten in die Krankenhäuser gebracht worden. „Das sind zehn Krankenhäuser voller Covid-Patienten in nur sieben Tagen. Das ist eine riesige Herausforderung“, sagte Hopson. Die Kliniken prüften jede Ecke darauf, ob dort Betten aufgestellt werden könnten.

Corona-Mutation breitet sich rasend schnell in Großbritannien aus

Ursache für die rasante Ausbreitung des Virus ist laut der britischen Regierung die neue Corona-Variante, die seit Anfang Dezember besonders im Südosten Englands grassiert. Die Mutation soll laut Experten um 50 bis 70 Prozent ansteckender als das Ursprungsvirus und, wie das ZDF berichtete, für mehr als die Hälfte aller Erkrankungen verantwortlich sein.

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Am Mittwochabend wurde deshalb ein neuer, härterer Lockdown mit großer Mehrheit vom britischen Unterhaus bestätigt. Es ist bereits der dritte in Großbritannien. Nur zum Einkaufen, für Arztbesuche oder den Weg zur Arbeit dürfen die Menschen ihre Häuser verlassen. Spazieren oder Joggen im Freien ist nur eine Stunde pro Tag erlaubt. Schulen, Fitness- und Sportstätten sowie nicht lebensnotwendige Geschäfte sind geschlossen.

England: Premier Boris Johnson verkündet Lockdown bis Ende März

Der Lockdown soll bis zum 31. März in England gelten. In den anderen Landesteilen Wales, Schottland und Nordirland gelten ähnliche Bestimmungen. Schottlands Premierministerin Nicola Sturgeon war sogar schon vorgeprescht und hatte bereits am Montag harte Lockdown-Maßnahmen verkündet. „Bleibt zuhause, schützt das NHS und rettet Leben“, bat sie auf Twitter

In England rechnet Premier Boris Johnson frühestens Mitte Februar mit ersten Lockerungen – diese würden dann die Schulen betreffen. Wenn eine Aufhebung von Maßnahmen möglich sei, werde sie schrittweise erfolgen. Ebenfalls bis Mitte Februar will die Regierung in London etwa 13 Millionen Menschen in den höchsten Risikostufen eine erste Impfstoff-Dosis verabreicht haben.

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Bisher haben laut Johnson 1,3 Millionen Briten ihre erste Impfung bekommen. Neben dem Impfstoff von Biontech und Pfizer wird in Großbritannien auch das heimische Vakzin der Universität Oxford und des Pharmakonzerns Astrazeneca verabreicht. „Wir konzentrieren uns darauf, die am stärksten gefährdeten Personen zu schützen, Krankenhausaufenthalte zu reduzieren und Leben zu retten“, erklärte Johnson auf Twitter.

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