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  • Boris Palmer verteidigt sich beim Online-Landesparteitag am 8. Mai 2021.
  • Foto: picture alliance/dpa

Baerbock:„abstoßend”: Grüne wollen Palmer rauswerfen – der hält dagegen

Stuttgart –

Schluss mit dem Entspannt-Wahlkampf der Grünen: Die Partei will Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer rauswerfen. Doch der hält dagegen – und beschert Parteichefin und Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock knapp fünf Monate vor der Wahl einen handfesten Skandal.

Jetzt haben die Grünen endgültig genug: Am Samstag stimmte der Landesparteitag in Baden-Württemberg mit einer Dreiviertel-Mehrheit für ein Ausschlussverfahren gegen Palmer. „Die Zeit ist reif dafür. Denn das Maß ist voll“, so der Landeschef Oliver Hildebrand.

Streit bei Grünen: Kommentar sorgt für Empörung

Was war passiert? In einer Facebook-Diskussion hat Palmer einen rassistischen und obszönen Kommentar über die Genitalien von EX-HSV-Star Dennis Aogo aufgegriffen. Zuvor war behauptet worden, es würde sich dabei um ein Zitat von Aogo selbst handeln. Palmer schrieb dazu: „Aogo ist ein schlimmer Rassist.“

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Laut Palmer war es Satire, doch das lassen seine Parteikollegen nicht gelten. Er hat schon früher provoziert –  Äußerungen von ihm wurden als rechtspopulistisch kritisiert. Im Mai 2020 entzog ihm der Landesvorstand in Baden-Württemberg sein Vertrauen. Der Landesvorstand erwarte, dass Palmer die Partei verlasse, hieß es damals. Doch Palmer blieb.

Palmer soll aus Partei fliegen: Verfahren ist aber unsicher

Und auch jetzt ist unsicher, ob der Parteiausschluss gelingt. Damit ein solches Verfahren nicht dazu missbraucht wird, Kritik zu unterdrücken, gibt es hohe rechtlichen Hürden. Die SPD etwa kämpfte schon 2009 und 2011 um den Ausschluss von Thilo Sarrazin, erst beim dritten Versuch 2020 gelang der Schritt.

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Dennis Aogo 2019.

Foto:

picture alliance/dpa

Zudem wird Palmer nicht klein beigeben: Der 48-Jährige argumentiert, dass er sich gegen „Cancel Culture“ einsetze – der Begriff bezeichnet den Ausschluss von Personen aus einer Debatte oder Gemeinschaft wegen eines vermeintlichen Fehlverhaltens, etwa weil sie jemanden beleidigt oder diskriminiert haben sollen.

Palmer: Er setze sich gegen „Cancel Culture” ein

Bei seinem Kommentar habe er im Internet kursierende Vorwürfe „absurd übersteigert“, rechtfertigt sich Palmer in der „Welt am Sonntag“. Mit Satire wolle er aufzeigen, „wie heutzutage vollkommen haltlose Rassismusvorwürfe wirklich jedem zum Verhängnis werden können.“ Und weiter: „Ich kann Ächtung und Existenzvernichtung wegen angeblich falscher Wortwahl niemals akzeptieren. Das beschädigt den Kern der liberalen Demokratie.“ Seinen Parteikollegen wirft er vor, eine abweichende Meinung zum Verstummen bringen zu wollen.

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Den Grünen, denen ohnehin der Ruf als „Verbotspartei“ anhaftet, dürfte das ausgerechnet in der heißen Phase des Bundeswahlkampfs äußerst ungelegen kommen. Einerseits muss sich die Partei klar gegen Rassismus positionieren, um glaubwürdig zu bleiben. Andererseits könnte sie den Eindruck vermitteln, Debatten mit einem erhobenen moralischen Zeigefinger kontrollieren zu wollen – und läuft damit Gefahr, zumindest einen Teil der Wähler abzuschrecken.

Annalena Baerbock: „rassistisch” und „abstoßend”

Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock gibt jedenfalls eine klare Linie vor: Palmers Äußerung sei „rassistisch“ und „abstoßend“ twitterte sie am Samstag. „Sich nachträglich auf Ironie zu berufen, macht es nicht ungeschehen.“

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