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Angebliche Betrugsversuche: Warum Donald Trump so einen Hass auf die Briefwahl hat

Washington –

Donald Trump hat im Laufe seiner Präsidentschaft immer wieder bewiesen, wie sehr er die demokratischen Normen der USA verachtet. Mittlerweile stellt er ganz offen die kommenden Präsidentschaftswahlen am 3. November in Frage. Vor allem die Briefwahl hat er zum Betrugsmittel Nummer 1 erklärt. Warum? Und gibt es dafür überhaupt Beweise? 

Was sagt Trump zum Thema Briefwahl?

Für den US-Präsidenten ist klar, dass die Wahl am 3. November „die ungenaueste und betrügerischste Wahl der Geschichte“ sein wird. Der Grund: die Briefwahl, die viele US-Amerikaner wohl beantragen dürften, um während der Corona-Pandemie nicht ins Wahllokal gehen zu müssen. Trump jedoch behauptet, die Abstimmung per Brief sei extrem anfällig für Fälschungen – etwa wenn Menschen Briefwahlunterlagen von toten Personen beantragen und dann damit wählen würden. Leute würden doppelt abstimmen und man werde möglicherweise „nie erfahren, wer gewonnen hat“.

Deshalb rief Trump seine Anhänger dazu auf, zur Sicherheit lieber auch doppelt zu wählen – per Brief und an der Urne. Doppelte Stimmabgabe ist jedoch auch in den USA illegal. Den indirekte Aufruf zum Wahlbetrug scheint Trump aber nicht problematisch zu finden – im Gegenteil: Immer wieder postete er entsprechende Hinweise auf Twitter. Solang, bis die Plattform anfing, entsprechende Briefwahl-Tweets des US-Präsidenten mit Warnhinweisen zu versehen. Viele von Trumps Tweets verstießen gegen Richtlinien zur Wahrung der Integrität der Wahl, erklärte das Unternehmen.

Um eine großflächige Abstimmung  per Brief zu verhindern, brachte Trump sogar schon eine Verschiebung der Wahl auf nach der Pandemie ins Spiel, was aber selbst von seinen republikanischen Parteikollegen zurückgewiesen wurde.

Welche Beweise hat Trump für eine angebliche Wahlmanipulation durch die Stimmabgabe per Brief?

Keine. Der US-Präsident hat bislang nicht einen einzigen stichfesten Beleg für seine üblen Vorwürfe geliefert. Trumps Stabschef Mark Meadows entgegnete lapidar auf Einwände: „Es gibt auch keine Beweise, dass es nicht so wäre.“ Tatsächlich ist es laut Experten schwierig, per Briefwahl zu betrügen. Im US-Bundesstaat Oregon, wo seit 20 Jahren nur noch per Brief gewählt werden kann, wurden bei der vergangenen Wahl beispielsweise lediglich 142 Fälle von Wahlbetrug aufgedeckt – bei insgesamt 3,2 Millionen abgegebenen Stimmen. 

Welche Motivation hat Trump hinter seinen Attacken auf die Briefwahl?

Trumps ablehnende Haltung könnte damit zu tun haben, dass Wähler der gegnerischen Demokraten laut Umfragen die Corona-Pandemie deutlich ernster nehmen und deswegen vermehrt auf die Briefwahl zurückgreifen wollen. Gleichzeitig gibt es unter Demokraten ohnehin schon eine große Briefwählerschaft – auch vor der Pandemie schon.

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Nach einer Befragung des Instituts Pew von Ende August würden aktuell 58 Prozent der Wähler, die für Trumps Herausforderer Biden stimmen wollen, Briefwahl bevorzugen. Das gilt demnach nur für 19 Prozent der Wähler, die ihre Stimme Trump geben wollen. Der US-Präsident, der derzeit in Umfragen hinter Biden liegt, rechnet sich daher womöglich aus, dass durch das Torpedieren der Briefwahl vor allem Biden geschadet wird. 

Wer wählt per Brief?

Neben Schwarzen und Latinos wählen vor allem Veteranen, Alte und die ländliche Bevölkerung per Post. Also auch Wählergruppen, die im Zweifel ihr Kreuz beim Trump machen würden.

Zufrieden mit sich: US-Präsident Donald Trump

Zufrieden mit sich: US-Präsident Donald Trump

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Berechnungen der „Washington Post“ zufolge werden bei der Wahl am 3. November rund 80 Millionen Menschen per Brief abstimmen – ein Allzeit-Höchststand. Das Briefwahlrecht in den USA variiert allerdings von Bundesstaat zu Bundesstaat: In einigen bekommt man die Unterlagen automatisch als registrierter Wähler zugesendet, in anderen muss man sie extra beantragen. In North Carolina ist die Briefwahl bereits gestartet, in anderen Bundesstaaten noch nicht.

Welche Rolle spielt die US-Post in der Angelegenheit?

Der United State Postal Service hat seit Jahren mit massiven Geldproblemen zu kämpfen. Im Mai dieses Jahrs ernannte Trump Louis DeJoy, der den Republikanern nahesteht, zum neuen Chef der Post. Der kündigte auch gleich Reformen an, während die Politik eine Finanzspritze von 10 Milliarden Dollar beschloss, die aber an harte Sparmaßnahmen gekoppelt wurde. So wurde unter anderem Personal und zahlreiche Briefsortiermaschinen abgebaut. In Folge dessen kommt es immer wieder zu verzögerten Auslieferungen von Briefen. Ein internes Papier der US-Post warnt eindringlich davor, dass zu befürchten sei, dass ein großer Teil der Stimmzettel daher nicht pünktlich zugestellt werden. Damit wären diese dann ungültig.

Welche Reaktionen gibt es auf das Vorgehen von Trump?

Ex-Präsident Barack Obama, der sich sonst sehr selten zu seinem Nachfolger äußert, wurde drastisch. So wolle Trump der Post „die Kniescheibe zertrümmern“, weiter wäre die Regierung mehr mit „der Unterdrückung von Wählerstimmen beschäftigt als mit der Unterdrückung eines Virus“. Präsidentschaftskandidat Biden betonte, dass die Briefwahl sicher sei.

Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses und Demokratin, sprach von einer „Sabotage der Wahl“. Auch aus Deutschland kam Kritik, Außenminister Heiko Maas (SPD) nannte es „verstörend, dass ein amerikanischer Präsident glaubt, so etwas nötig zu haben“. Die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter reagierten ebenfalls. Auf Facebook wurde ein Beitrag von Trump gelöscht, in dem er zur doppelten Stimmabgabe aufrief. Twitter versah mehrere Tweets des Präsidenten zu der Thematik mit einem Warnhinweis.

Ex-US-Präsident Barack Obama attackiert seinen Nachfolger Donald Trump hart.

Ex-US-Präsident Barack Obama attackiert seinen Nachfolger Donald Trump hart.

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Was droht bei der Wahl?

Sollte die Post die Zustellungsprobleme nicht in den Griff bekommen, könnte es passieren, dass es zum Fiasko kommt und viele Stimmzettel tatsächlich ungültig sind. Post-Chef DeJoy war zuletzt jedoch zurückgerudert und hatte angestrebte Reformen im Postwesen zurückgestellt, um eine reibungslose Wahl gewährleisten zu können. Die Strategie Trumps, bereits vor der Wahl die Wahl in Frage zu stellen, könnte allerdings einen weit größeren Schaden anrichten, als mögliche Verzögerungen beim Auszählen oder der Zustellung. Niemand weiß, was passiert, sollte er eine eventuelle Wahlniederlage nicht akzeptieren und Biden nicht als rechtmäßigen Präsidenten anerkennen. Die ohnehin schon desolate politische Kultur in den USA, die aufgeheizte Stimmung im Land und die tiefen Gräben innerhalb der Gesellschaft würde weiter befeuert werden – mit kaum abschätzbaren Folgen.

Und wie wählt Trump?

Während der US-Präsident Stimmung gegen die Briefwahl macht, hat Trump selbst bereits seine Briefwahlunterlagen beantragt. Seit Jahren wählt er auf diesem Weg. 

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