• Foto: picture-alliance/ obs

300 Jahre Baron von Münchhausen: Er war der Urvater der netten Fake News

Bodenwerder –

Er ritt auf einer Kanonenkugel, zog sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf und trabte mit einem halben Pferd umher: Die Abenteuer des Barons Münchhausen sind bis heute weltberühmt.

Eine Fantasiefigur war der Schöpfer dieser irren Storys allerdings nicht. Den „Lügenbaron“ hat es wirklich gegeben. Vor 300 Jahren, am 11. Mai 1720, kam er als Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen in Bodenwerder zur Welt.

Amüsante Geschichten vom „Lügenbaron“

Anders als die üblen Fake News unserer Tage, die sich digital rasant verbreiten, nichts als Ärger bereiten und Menschen tief verletzen, sind die Geschichten des „Lügenbarons“ amüsant – zu schön und zu abstrus, um wahr zu sein. In mittlerweile rund 50 Sprachen wurden sie übersetzt – und oft verfilmt.

Neuer Inhalt (5)

Das Geburtshaus des Barons von Münchhausen in Bodenwerder.

Foto:

picture alliance/dpa

Der Baron war eines von acht Kindern, die in der beschaulichen Idylle des Landgutes im Weserbergland aufwuchsen. Als Page von Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, der die künftige Zarin von Russland heiraten sollte, kam er in jungen Jahren nach St. Petersburg und diente mit seinem Herrn im russischen Heer.

Im Kameradenkreis glänzte er damals schon als unterhaltsamer Erzähler. So dachte er sich Geschichte vom „Ritt auf der Kanonenkugel “ möglicherweise aus, als ihm die Geschosse in einer Schlacht um die Ohren flogen.

Baron von Münchhausen hatte eine blühende Fantasie

1750 ging’s heim nach Bodenwerder, wo er mit seiner Frau das beschauliche Leben eines Landedelmannes führte. Man ging zur Jagd und pflegte gesellige Runden. Ein Leben ohne große Höhepunkte, doch das änderte sich, als der Baron mit der blühenden Fantasie immer öfter seine tollen Geistesblitze zum Besten gab.

Neuer Inhalt (6)

Der echte Baron von Münchhausen in Uniform.

Foto:

picture alliance/dpa

Schnell sprach sich das rum, und Gäste reisten teils von weit her an, um sich unterhalten zu lassen. Seine Abenteuer zu veröffentlichen, daran dachte Münchhausen allerdings nie. Das taten andere, die dreist seine Geschichten klauten und sich auf seine Kosten bereicherten.

Andere machten seine Geschichten berühmt

Vor allem Rudolf Erich Raspe, einer der Gäste auf Bodenwerder. Als er nach einem Diebstahl nach England fliehen musste, veröffentlichte er 1785 „Münchhausiaden“ – wie schon andere zuvor.

Noch erfolgreicher war Gottfried August Bürger, der 1786 die Geschichten ins Deutsche übersetzte und noch ein paar dazu erfand – wieder ohne Münchhausens Okay. Der Diebstahl blieb juristisch ohne Folgen, machte aber – welch Ironie – den Edelmann ohne seine Zutun über Nacht populär und berühmt.

Münchhausen: Er selbst fühlte sich lächerlich gemacht

Münchhausen selbst war gar nicht amüsiert. Das Gefühl, in aller Öffentlichkeit der Lächerlichkeit preisgegeben zu sein, konnte der noble Mann nicht ertragen. Denn er sah sich nicht als Lügner, sondern als geistreicher Unterhalter.

Neuer Inhalt (4)

Eine Nachbildungen des Barons von Münchhausen des Künstlers Fredo Kunze im Münchausen-Museum Bodenwerder.

Foto:

picture alliance/dpa

Das Geld aber, das andere mit seinem Namen verdienten, hätte er in seinen letzten Jahren gut gebrauchen können. Als mit 73 Jahren nach dem Tod seiner Frau die erst 20-jährige Bernhardine ehelichte, war Schluss mit lustig. Die Blitzscheidung wegen Untreue ruinierte ihn.

Das Schimpfwort „Lügenbaron“ stammt übrigens von den Anwälten seiner Frau – ein Racheakt zum Abschied.

Münchhausen starb völlig verarmt, Schuld war die Liebe

Am 22. Februar 1797 starb er verarmt in Bodenwerder. Was blieb, sind seine Geschichten. Sie machten ihn als Urvater von amüsanten Fake News unsterblich.

In Bodenwerder findet man noch heute überall seine Spuren – sein Grab in der Klosterkirche oder sein Herrenhaus, das heute als Rathaus dient. Und ein Museum gibt es in der „Münchenhausenstadt“ auch.

Wenn Lügen ihren Sinn haben

Lügen haben kurze Beine, lautet ein Sprichwort. Doch nicht hinter jeder Lüge steckt böse Absicht. Oft greifen Menschen zu kleinen Lügen, um eine Geschichte auszuschmücken oder sich Ärger zu ersparen – etwa wenn sie vorgeben ein Kleid toll zu finden, das der Trägerin überhaupt nicht steht.

Neuer Inhalt (3)

Das Werk „Ritt durch die Kutsche“ des Künstlers Fredo Kunze mit einer Nachbildung des Barons von Münchhausen im Münchausen-Museum Bodenwerder.

Foto:

picture alliance/dpa

Das ist harmlos. Anders verhält es sich, wenn Menschen lügen, weil sie betrügen oder sich Vorteile verschaffen wollen.

Baron von Münchhausen: Seine besten Geschichten

Hier eine Auswahl der rund 100 Geschichten des Lügenbarons (mit Fotos aus dem Museum in Bodenwerder):

Um feindliche Stellungen zu inspizieren, reitet er auf einer Kanonenkugel über eine belagerte Stadt. Für den Rückflug verwendet er dann kurzerhand ein vom Gegner abgefeuertes Geschoss.

Einmal reitet Münchhausen mit seinem Pferd mitten durch eine fahrende Kutsche hindurch.

Münchhausen wirft seine Silberaxt so hoch hinauf, dass sie auf dem Mond landet. Um sie zu holen, steigt er mit Hilfe einer Bohnenranke hinterher.

Sein Hengst wird durch ein hinunterfallendes Gatter geteilt – doch Münchhausen bemerkt das nicht. An der Tränke steht der vordere Teil des Tieres, während sich die hintere Hälfte auf der Wiese mit Stuten vergnügt.

Im Winter bindet er nichts ahnend sein Pferd an einer eingeschneiten Kirchturmspitze an. Nach der Schneeschmelze baumelt das Pferd oben am Turm. Münchhausen schießt auf den Halfterriemen, das Pferd fällt runter – und er reitet weiter.

Als er in einen Sumpf gerät, zieht sich Münchhausen samt Pferd am eigenen Schopf hinaus.

Im Winter gefrieren die Töne im Posthorn eines Kutschers. Später taut das Horn in der Schenke auf – und gibt Musik von sich.

Er fängt mit an eine Leine gebundenem Speck Enten, die dann aufflattern und ihn durch die Luft tragen.

Münchhausen reitet auf einem gedeckten Teetisch, ohne etwas zu zerbrechen.

Münchhausens schnellfüßiger Diener holt dem Sultan binnen einer Stunde eine Flasche Tokajer von Wien nach Konstantinopel.

Münchhausen schießt einem Hirsch eine Ladung Kirschkerne auf den Kopf, worauf in dessen Geweih ein Baum entsprießt.

Münchhausen jagt – einen achtbeinigen Hasen.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp