Dieser Chef macht glücklich: Vier Tage arbeiten, fünf bezahlt bekommen
Nur vier Tage die Woche arbeiten und dann ein langes Wochenende für Erholung und Freizeit. Davon träumen viele, aber nur die wenigsten können sich das leisten. Zu hoch ist der Lohnverlust. Nicht bei Advergy. Die Hamburger Personalvermittlung hat seit fünf Monaten umgestellt, alle arbeiten nur noch 32 statt 38 Stunden – und das bei vollem Gehalt. Das Unternehmen kann sich vor neuen Bewerbern nicht retten. Aber einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Team reagieren überraschend anders als erwartet.
Nur vier Tage die Woche arbeiten und dann ein langes Wochenende für Erholung und Freizeit. Davon träumen viele, aber nur die wenigsten können sich das leisten. Zu hoch ist der Lohnverlust. Nicht bei Advergy. Die Hamburger Personalvermittlung hat seit fünf Monaten umgestellt, alle arbeiten nur noch 32 statt 38 Stunden – und das bei vollem Gehalt. Das Unternehmen kann sich vor neuen Bewerbern nicht retten. Aber einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Team reagieren überraschend anders als erwartet.
Es war eine schlichte E-Mail, mit der Geschäftsführer Hojabr Seivani (36) seine Mitarbeiter im September 2022 über die entscheidende Änderung in ihrem Arbeitsalltag informierte. Doch die schlug ein, wie eine Bombe. Viele am Firmensitz in der Altstadt (Grimm 6) konnten es zunächst gar nicht glauben und suchten nach einem Haken.
Seit Oktober beträgt die Arbeitszeit für die mehr als 70 Vollzeitkräfte bei Advergy nur noch 32 anstatt wie bisher 38 Stunden. Für Teilzeitkräfte werden die Zeiten entsprechend angepasst. Das Gehalt zahlt Advergy unverändert weiter und auch die Anzahl der Urlaubswochen bleibt gleich. Und das Unternehmen, das vor allem im IT-Bereich und im Bauwesen Personal vermittelt, zahlt für die Branche überdurchschnittlich.
Personalvermittler aus Hamburg hat Vier-Tage-Woche
Welcher Tag frei ist, wird nicht individuell festgelegt. Es ist bei allen der Freitag. Dann wird in der Firma eigentlich nicht gearbeitet. Aber es gibt eine Notfall-Mail, die geht an die Führungskräfte. Sie entscheiden, ob gehandelt werden muss. Und dann kümmert sich auch bereitwillig jemand, selbst am eigentlich freien Tag. Was aber laut Seivani selten vorkomme und dann auch nicht lange dauere.
Die Vier-Tage-Woche wurde zunächst auf ein Jahr beschränkt. Doch Seivani ist schon jetzt sicher: „Wir werden das fortsetzen, darauf können Sie Gift nehmen.“ Schränkt aber gleich ein: „Wenn die Unternehmenszahlen so bleiben.“ Denn Advergy will durchaus weiter wachsen, stellt gerade kräftig Mitarbeiter ein und auch das Ergebnis soll trotz der Vier-Tage-Woche nicht sinken.
Advergy zahlt volles Gehalt und hat keine Einbußen
Doch wie kann das funktionieren? „Es funktioniert“, sagt Seivani zufrieden über seine Idee und den bisherigen Verlauf des Projektes. „Wir hatten im Januar das beste Ergebnis, das wir je in einem Januar erzielt haben.“ Müssen die Kollegen und Kolleginnen also einfach in vier Tagen schaffen, was sie sonst in fünf erledigt haben? Eine massive Verdichtung der Arbeit? Darüber würden dann auch wohl die Dachterrasse am Firmensitz in der City und auch der obligatorische Tischkicker nicht hinwegtrösten.
„Nein“, versichert der Chef. Es würde schon mal abends 30 Minuten länger gearbeitet, aber das sei schon immer so gewesen. Und es würde nun auch niemand auf die Pause verzichten, nur um seine Arbeit zu schaffen. „Im Gegenteil. Wir starten morgens alle gleichzeitig und machen auch gleichzeitig von 13 bis 14 Uhr Mittagspause. Das ist wichtig für den Zusammenhalt des Teams und so kommt es auch nicht so leicht zu Cliquenbildung von immer gleichen Mitarbeitern, die sich für ihre Pause verabreden.“
Freitags ist die Firma geschlossen
Vielleicht liegt es zum Teil daran, dass der Freitag im Unternehmen eh der schwächste Tag gewesen sei, dass das Arbeitspensum trotz zeitlicher Reduzierung bewältigt wird. Das ist wohl auch einer der Gründe, warum Freitag als freier Tag festgelegt wurde. „Aber die Idee zur Vier-Tage-Woche war von mir auch wirklich nicht betriebswirtschaftlich gedacht“, betont Seivani, der Sozialpädagogik und Erwachsenen-Psychologie studiert hat.

„Der erste Schritt zum Erfolg ist doch, dass die Arbeitnehmer am Montag gern wieder zur Arbeit gehen.“ Und dass sie das Gefühl hätten, die Chefs würden sie und ihre Bedürfnisse sehen. „Unsere Mitarbeiter bekommen im Umfeld auch überall gesagt, wie beneidenswert sie sind“, schildert Seivani. „Das genießen alle und natürlich auch die zusätzliche Freizeit.“ Das führe zu motivierter, effizienter Arbeit.
Er wünsche sich, dass die Kollegen diesen Tag wirklich für Hobbys nutzen, „Angeln, Radfahren, einfach etwas Schönes. Was auch immer.“ Der Sonnabend gehe ja meist für Einkäufe und andere Verpflichtungen drauf. „Leider funktioniert das Abschalten heute bei uns allen nicht mehr so gut“, sagt er selbstkritisch. „Die Menschen gehen ja nicht mal mehr spazieren, ohne gleichzeitig auch noch einen Podcast zu hören.“
Vorteil: Weniger Krankheitstage, gute Atmosphäre
Seivani ist überzeugt, dass der zusätzliche freie Tag auch langfristig positiv wirkt, durch weniger Krankheitstage, gut gelaunte und entspannte Mitarbeiter und eine gute Atmosphäre im Job. Über eine Vier-Tage-Woche mit entsprechend weniger Gehalt hatte die Firmenleitung damals auch kurz nachgedacht, aber es schnell wieder verworfen. „Dann hätten auch viele nicht auf vier Tage umstellen wollen“, gibt er zu bedenken.
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Über zu wenig Aufträge kann man sich bei Advergy nicht beklagen. Kein Wunder, der Fachkräftemangel beschert Personalvermittlern viele Kunden – inbesondere im Bereich IT und Bau, wo eh händeringend gesucht wird. Daher stellt das Unternehmen selbst auch gerade ein. Und da ist die Vier-Tage-Woche natürlich für Bewerber ein dickes Argument. Plus die vier großen Firmenevents im Jahr, die Fortbildungen und mehr. Die Zahl der Interessenten ist groß, ein dickes Plus für Advergy in Zeiten des Fachkräftemangels.
Aber Seivani ist sich auch über eins im Klaren: Es gibt eigentlich kein zurück für Advergy. „Würden wir das nach einem Jahr beenden und zur Fünf-Tage-Woche zurückkehren, dann müssten wir mit einer Kündigungswelle rechnen.“