x
x
x
Seit zwei Jahren beschäftigt die Corona-Pandemie die ganze Welt. So hat sich Deutschlands Norden geschlagen. (Symbolbild)
  • Seit zwei Jahren beschäftigt die Corona-Pandemie die ganze Welt. So schlägt sich Deutschlands Norden. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance/dpa

Zwei Jahre Corona im Norden: Wie gut haben sich die Länder geschlagen?

Die ersten Corona-Infektionen am 29. Februar 2020 ließen sich noch exakt nachverfolgen. Davon kann bei mittlerweile mehr als einer Million Fälle in Niedersachsen und Bremen keine Rede mehr sein. Wie haben sich die Länder in zwei Jahren Pandemie geschlagen?

Der Pfleger Lenard Bornemann hat hautnah miterlebt, wie sich die Betten auf den Intensivstationen im Auf und Ab der Corona-Wellen füllten und dann wieder leerten. Der 24-Jährige arbeitet an der Universitätsmedizin Göttingen. Am schlimmsten sei für ihn die Masse an Misserfolgen und hoffnungslosen Fällen gewesen, sagt er – die schwer kranken Corona-Patienten, die er nicht habe retten können. „Das hat auf Dauer auch privat was mit einem gemacht.“ In seiner Freizeit habe er viel Zeit gebraucht, um das Erlebte zu verarbeiten. Oft träumte er von der Arbeit.

Von schlaflosen Nächten berichtet auch Olaf Stamsen, der in Wilhelmshaven drei kleine Hotels betreibt. Seine Branche sei zeitweise einem Berufsverbot ausgesetzt gewesen, sagt der 56-Jährige. Er spricht von täglicher Existenzangst, verbunden mit der andauernden Frage: „Wann kann ich endlich wieder normal meinen Job machen?“

Corona im Norden: So ist es nach zwei Jahren Pandemie

Zwei Stimmen nach zwei Jahren Pandemie: Egal, ob Lehrer oder Schüler, Unternehmer oder Angestellte, Verkäufer oder Kunden, Pflegekräfte oder Pflegebedürftige – es gibt wohl kaum Menschen, deren Leben das Virus nicht auf den Kopf gestellt hat.

Mehr als eine Million Infektionen hat das Robert Koch-Institut mittlerweile aus Niedersachsen erfasst. Rund 7400 Menschen starben an oder mit Corona. Rund 112.000 Ansteckungen gab es auch im Nachbarland Bremen, ebenso wie mehr als 670 weitere Todesfälle.

Begonnen hatte alles in Niedersachsen, „als die Skifahrer aus Österreich zurückkamen“, erzählte die damalige Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) wenige Wochen nach dem landesweit ersten Corona-Fall. Bei einem 68-jährigen Mann aus Uetze in der Region Hannover war am 29. Februar 2020 die Infektion bestätigt worden. Er hatte sich in Südtirol Biathlon angeschaut. Am selben Tag verzeichnete Bremen seinen ersten Corona-Fall.

Das könnte Sie auch interessieren: Positiver Nebeneffekt?: Die Corona-Pandemie senkt den CO2-Ausstoß – einerseits

Seither hat das Virus verschiedene Wandlungen durchlaufen, sprichwörtlich wie im übertragenen Sinne mit seinen Folgen. Wie unsicher, und wohl auch unvorbereitet, Politik und Gesellschaft auf die wachsende Krise im Laufe der Pandemie immer wieder reagierten, machen zwei Zitate aus der Anfangsphase deutlich. „Es greift eine Angst um sich, für die es keinen wirklichen Grund gibt“, sagte Gesundheitsministerin Reimann noch am 5. März 2020, als es die ersten Fälle im Land schon gab. Nach allem, was man wisse, sei Corona eine Erkrankung, die meistens leicht verlaufe und gut behandelt werden könne, „wenn sie denn überhaupt behandelt werden muss“.

Keine vier Wochen später warnte sie dagegen vor dem Ruf nach einer Lockerung der ersten Kontaktverbote. „Dieses Gerede setzt wirklich das Leben von vielen Tausend Menschen aufs Spiel“, sagte sie.

Corona in Niedersachsen: Ende nicht in Sicht

Dass Corona in der Tat nicht nach ein paar Monaten erledigt sein würde, darauf hat Niedersachsens Landesregierung unterdessen schon frühzeitig eingestimmt. „Von ein bis zwei Jahren“ sei die Rede, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im März 2020. Zwei Jahre später ist klar: Ein Ende ist immer noch nicht in Sicht.

Was ist seither passiert? Wie hat sich Niedersachsen in der Krisenbewältigung geschlagen? Insgesamt galt das Land nie als Hotspot, von einzelnen Ausreißern wie Ausbrüchen in Schlachthöfen, in einem Wohnkomplex in Göttingen oder nach einem Restaurantbesuch in Ostfriesland einmal abgesehen. Die Infektionszahlen lagen, verglichen mit dem Rest Deutschlands, meist unter Durchschnitt. Das von Regierungschef Weil oft beschworene „Team Vorsicht“, es hat sich weitestgehend bewährt.

In Erinnerung sind aber auch die Anlaufschwierigkeiten bei der Impfkampagne. In den ersten Monaten 2021 hinkte das Land im Rennen um die schnellsten Impfungen hinterher. Und dann gingen die Briefe, mit denen die Regierung ältere Menschen über die Impfungen informieren wollte, zum Teil auch noch an Empfänger, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr lebten.

Bremens Bürgermeister: „Impfen, bis die Nadel glüht“

Dieses schlechte Bild hat sich mittlerweile gedreht: Mit rund 78 Prozent der Einwohner, die mindestens einmal geimpft sind, und mehr als 61 Prozent, die eine Auffrischungsimpfung erhalten haben, weist Niedersachsen Impfquoten vor, die nur wenige Länder übertreffen – auch wenn das Tempo zuletzt merklich nachgelassen hat.

„Impfen, bis die Nadel glüht“, das ist und war auch das Motto von Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Der Zwei-Städte-Staat glänzt mit der bundesweit höchsten Impfquote von rund 90 Prozent. Auch wenn Impfungen von Nicht-Bremern dabei mitgezählt wurden: Niedrigschwellige Angebote, Impftrucks, mehrsprachige Aufklärung und Kooperationen mit Unternehmen beim Aufbau großer Impfzentren – dieses Konzept brachte Bremen viel Lob.

Auch wirtschaftlich kommen Niedersachsen und Bremen bisher glimpflich durch die Krise. Mit rund 6,5 Milliarden Euro haben Bund und Land mehr als 250.000 niedersächsischen Unternehmen unter die Arme gegriffen. Die Arbeitslosenquote von 5,3 Prozent liegt wieder auf dem Vor-Corona-Niveau – ebenso wie in Bremen mit 10,3 Prozent.


Der Newswecker der MOPO MOPO
Der Newswecker der MOPO

Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.


Und die B-Note, der politische Stil der Regierung? Hier sieht die Opposition in Niedersachsen viel Luft nach oben. Das Regieren per Dekret, in Form der ständig wechselnden Corona-Verordnungen, mit nur geringer Beteiligung des Parlaments, stieß insbesondere der FDP immer wieder übel auf. Auch die Kommunikation, was wann wo für wen gilt, sei oft mangelhaft gewesen, hieß es. Außerdem fehle eine Strategie, die über eine Jahreszeit hinausblickt, bemängelten etwa die Grünen.

Corona in Niedersachsen: Weil gibt Ausblick

Einen Ausblick auf den kommenden Herbst gibt Ministerpräsident Weil derzeit indes immer wieder. Mit einer neuen, der nächsten Corona-Welle sei absolut zu rechnen, mahnt er – trotz der jetzt anstehenden Lockerungen, die er als „Frühlingserwachen“ tituliert. Was das für die Menschen bedeutet, und wie die Regierung sich konkret darauf vorbereiten will, dazu sind jedoch noch viele Fragen offen.

Nur vorsichtig optimistisch äußert sich auch Bremens Bürgermeister. „Schon oft meinten wir am Horizont das Ende der Pandemie zu sehen, und regelmäßig hat sich dies dann als Fata Morgana erwiesen“, sagte Bovenschulte jüngst in einer Regierungserklärung. (dpa)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp