Verrückt! Auf diesem Hof wird aus dem Weihnachtsbaum Gin Tannic und Gelee
Es ist ein kleines Tannenbaum-Imperium, das Saskia Blümel (33) und Christian Mai (36) gerade im Hamburger Süden aufbauen. Die MOPO sprach mit dem Paar über kritische Kundinnen und kleiner werdende Weihnachtsbäume, über „Gin Tannic“ - und einen stämmigen Verkaufsschlager namens „Renate“.
Es ist ein kleines Tannenbaum-Imperium, das Saskia Blümel (33) und Christian Mai (36) gerade im Hamburger Süden aufbauen. Die MOPO sprach mit dem Paar über kritische Kundinnen und kleiner werdende Weihnachtsbäume, über „Gin Tannic“ – und einen stämmigen Verkaufsschlager namens „Renate“.
Auf Blümels Hof in Moisburg (Ruhmannshof 4, Landkreis Harburg) ist jetzt an den Wochenenden richtig viel los. Familien kommen mit Kind und Kegel aus Hamburg angefahren, um sich ihre Lieblingstanne selbst auszusuchen. „Mittlerweile kaufen viele sich ihren Baum viel früher und schmücken und beleuchten ihn auch schon ab November, um länger etwas davon zu haben“, erzählt Saskia Blümel, die selbst jahrelang „Weihnachtsbaumkönigin“ war.

Bei der Wahl des Baumes gibt es Schnell-Entschlossene und Zauderer. „Wenn ein Kind sich auf der Plantage spontan für einen Baum entscheidet, schlagen die Väter ihm das eigentlich nie aus“, schildert ihr Lebensgefährte Christian Mai seine Beobachtungen. „Frauen sind da viel kritischer, die wollen meist noch weitergucken und begutachten, bis sie das beste Exemplar gefunden haben.“ Eine Erfahrung, die die beiden gemacht haben: „Reservierungszettel am Baum nützen gar nix.“ Ist die Tanne ein Prachtexemplar, dann zupft jemand früher oder später das Zettelchen einfach ab und lässt es verschwinden.
Mai und Blümel haben sich bei einem bundesweiten Treffen der Weihnachtsbaum-Produzenten kennengelernt und verliebt und dann „Lieblingstanne“ gegründet, ein Unternehmen das ihre Höfe verbindet. Beide führen die Weihnachtsbaum-Unternehmen ihrer Eltern fort. Und weil Christians Höfe in Thüringen und Brandenburg liegen, führen die beiden nun eine Wochenmitte-Beziehung. Saskia: „Mittwoch ist unser Paartag, an den anderen Tagen ist meist jeder auf seinem Hof.“

Wer seine Tanne in diesem Jahr auf Blümels Hof selbst sägt, zahlt nicht mehr, als im Vorjahr. An den Verkaufsplätzen in Hamburg & Co. hingegen sind die Bäume etwa fünf bis zehn Prozent teurer als 2021. Die Inflation macht auch für das liebste Fest der Deutschen keine Ausnahme. Aber: „Der Weihnachtsbaum ist krisensicher“, ist Betriebswirt Christian Mai sicher. Das haben auch die Corona-Jahre gezeigt, in denen ganz besonders viele Tannenbäume gekauft wurden. „Der eine oder andere nimmt vielleicht diesmal einen kleineren, aber ganz verzichten wird aus Kostengründen wohl niemand.“
Blümels Hof Moisburg: Weihnachtsbäume selbst schlagen
Der Renner bei Blümels in Moisburg war schon im vergangenen Jahr „Renate“. Sie ist etwa einen Meter groß und kann prima von allein stehen. Denn Renate ist ein Tannenbaum, der online verschickt wird und zwar montiert auf einem Holzkreuz. Sie muss nur am Schlafittchen aus dem Karton gezogen werden und schwupps steht sie schon in aller Pracht da. „Das haben viele Enkel ihren Großeltern zu Weihnachten geschenkt“, erzählt Saskia. Überhaupt kommen die online versandten Weihnachtsbäume gerade bei älteren Menschen gut an, die einen Baum gar nicht mehr so einfach nach Hause transportiert bekommen.
Auch bei jüngeren Paaren und Familien schrumpft der Wunschbaum. Zwar nicht zu überschaubaren Ein-Meter-Bäumchen für den Beistelltisch, aber deckenhohe Tannen werden deutlich weniger gekauft als früher. Christian Mai: „Standard ist heute eine Nordmanntanne mit einer Größe von 1,70 bis 1,80 Meter.“

Immer öfter muss das junge Paar mittlerweile mit Kunden darüber diskutieren, ob Weihnachtsbäume heutzutage überhaupt noch politisch korrekt sind. „Dabei hat ein Tannenbaum eine beinah neutrale Klimabilanz“, sagt Saskia Blümel. Während seiner zehnjährigen Lebenszeit bindet er ganz viel CO₂ und setzt Sauerstoff frei. „Wer die Tanne dann auch noch regional kauft, vermeidet weite Transporte und stärkt lokale Geschäfte.“
Eine Alternative zum Wegwerfen sehen manche Menschen in Plastiktannen. Die hingegen werden über gigantische Strecken verschifft und enthalten mit Erdöl einen klimaschädlichen fossilen Rohstoff. Christian: „Leider führen wir diese Diskussion besonders oft mit Leuten, die beim Tannenbaum skeptisch sind, aber regelmäßig Avocados essen. Da wird es absurd.“
Hamburger kaufen kleinere Weihnachtsbäume
Die beiden studierten Betriebswirte arbeiten rund um die Uhr emsig an neuen Ideen, damit das Tannenbaum-Geschäft nicht nur einen Monat dauert und eben auch nur dann Erlöse erzielt. Nach viel Tüftelei haben sie einen „Gin Tannic“ aus jungen Tannennadeln gebrannt ein Pesto mit Tanne entwickelt, Gelee, Badesalz und mehr. Das alles verkaufen sie in Blümels Hofladen und bieten es in ihrem Hof-Café an. Christians neuste Idee: Er plant auf seinem Hof ein Winterwunderland, das ganzjährig geöffnet ist und bei dem den Besuchern dann im Sommer halt der Weihnachtsmann in Shorts begegnet.

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Weil Saskia und Christian auch in diesem Jahr wieder bis zum 28. Dezember im Vollstress sind, fällt das Weihnachtsfest bei ihnen meist sehr sparsam aus. Aber das ist eingeplant. „Wir feiern stattdessen groß Ostern, so richtig mit Eiersuche und allem drum und dran.“ Aber so ganz ohne eine neue Idee von Christian geht es auch da nicht: „Wir planen, grünen Eierlikör zu Ostern anzubieten.“