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Ungewöhnliche Einblicke: Pastorinnen-Paar bei Youtube mit einer besonderen Botschaft

Eime –

Die evangelische Kirche hat einen neuen Youtube-Kanal – mit zwei verheirateten Pastorinnen auf dem Land. Das Ziel: ungewöhnliche Einblicke in den Alltag bieten. Für die Kirche bedeutet der Youtube-Auftritt vor allem eines.

Der Gottesdienst war gar nicht „so scheiße“, außerdem gab es Portwein zum Abendmahl: Ein Pastorinnen-Ehepaar aus Eime bei Hildesheim zeigt sein Leben in und mit der evangelischen Kirche im Internet – und zwar auf dem Youtube-Kanal „Anders Amen“. Nach 15 Stunden im Netz hatte der erste Beitrag des Video-Tagebuchs der beiden Pastorinnen Ellen (35) und Stefanie Radtke (34) fast 2000 Aufrufe – nach fünf Tagen waren es schon weit mehr als 6000. Der Kanal selbst hat über 1200 Abonnenten. Eigentlich gab es aber nur ein Ziel: „Ich wollte mich nicht blamieren“, sagt Stefanie Radtke.

In Nutzerkommentaren werden die Youtube-Pastorinnen fast nur gefeiert: „Das Beste, was Kirche online zu bieten hat.“ Ein Nutzer schreibt allerdings: „Sehr, sehr seltsame Menschen in Eime…“ Auch Hass-Kommentare sind den Frauen nicht fremd, aber: „Uns trifft das überhaupt nicht mehr. Wir sind, wie wir sind“, sagt Ellen Radtke.

Das Dorf steht hinter den Youtube-Pastorinnen

Hass-Botschaften beantworte ohnehin das ganze Dorf, meint Stefanie Radtke. Ohnehin ist ihre Botschaft: „Ich lebe seit drei Jahren mit Ehefrau auf dem Dorf – und es ist gar kein Problem.“ Die 34-Jährige ist Pastorin in Eime, ihre Ehefrau arbeitet in Hannover.

Das lesbische Paar gibt einen Einblick in sein Leben auf dem Dorf, jeden Mittwoch um 19.00 Uhr soll ein neuer Beitrag auf Youtube veröffentlicht werden. Zielgruppe nach Angaben des Evangelischen Kirchenfunks Niedersachsen-Bremen, der das Format produziert: vor allem junge, „queere“ – also: homosexuelle – Menschen. Wichtig für die 34-Jährige: „Ich möchte keine Kirche, die sich nichts traut.“

Nicht nur in ihren Online-Beiträgen, auch privat spielen sich die beiden Frauen gekonnt die Bälle zu, fallen sich auch mal ins Wort, haben aber auch etwas zu sagen. „Wir wollen eine Online-Gemeinde für alle sein, denn die evangelische Kirche braucht definitiv mehr Glitzer in ihren Türmen“, sagt Stefanie Radtke.

„Der ist süß und hat richtig Wumms!“

Zum Auftakt beschreiben die beiden Pastorinnen im Video-Tagebuch einen Sonntag, an dem beide frei haben – einen „Spießersonntag“ mit Gottesdienstbesuch, Spaziergang und Café. Dabei will die 35-Jährige lieber „zuhause gammeln“, hat wenig Lust auf harte Kirchenbänke. Doch schließlich resümiert Stefanie Radtke mit Blick auf den Gottesdienstbesuch bei einem Kollegen: „So scheiße war er gar nicht.“ Nicht zuletzt wegen des Portweins zum Abendmahl, wie es in der Region üblich sei: „Der ist süß und hat richtig Wumms!“

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Warum die beiden Pastorinnen per Youtube online gehen? „Wir machen das, weil ich immer behaupte, „queer“ und Kirche ist überhaupt kein Problem“, erklärt Ellen Radtke in dem Video-Tagebuch. Ihre Frau macht klar, dass es durchaus kritische Stimmen und Probleme gebe – wenn etwa ein Pastor das Kind eines lesbischen Paares nicht taufen wolle. Es ist aber auch ein Plädoyer fürs Landleben. „Wir sind ein Beispiel dafür, dass es geht“, sagt Stefanie Radtke. Eime hat nur wenige Tausend Einwohner.

Geplant sind weitere Tagebuch-Beiträge und Studio-Talks, bei denen die beiden buchstäblich über Gott und die Welt sprechen wollen – aber auch über ernste Themen wie den Kinderwunsch des Paares.

Werbung für die Kirche

Für die Evangelische Landeskirche Hannovers zeigt das Projekt, das sich an junge Menschen zwischen 18 und 35 Jahren richte, wie der „Pastorinnenberuf heute aussieht“, wie Sprecher Benjamin Simon-Hinkelmann erklärt. Gerade in der Altersgruppe verliere die Kirche durch Austritte viele Menschen. Es werde ein tiefergehender Einblick in den Beruf ermöglicht – ein vielfältiger Beruf, der nicht mehr dem klassischen Bild des Pastors entspreche. Und: Die beiden seien „großartig authentisch, so sind sie halt“.

Dabei ist es nicht das Ziel der Pastorinnen, die Kirche zu verändern, wie Stefanie Radtke sagt. Doch die Kirche solle sich mit Themen beschäftigen, die „dran sind“. Eine Wunsch-Gesprächspartnerin: die frühere Landesbischöfin Margot Käßmann. (dpa)

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