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See in Not: Nord- und Ostsee zu warm! Fische flüchten in die Arktis

Alarmierender Temperaturanstieg in Nord- und Ostsee: In knapp 50 Jahren ist die Nordsee im Schnitt um 1,3 Grad wärmer geworden, die Ostsee gar um 1,8 Grad, schreibt das Bundesverkehrsministerium auf eine Anfrage der Grünen. Bedrohliche Folge: Fische werden zu „Klimaflüchtlingen“ und wandern Richtung Arktis ab.

Das Ökosystem der beiden Meere droht, sich durch den Klimawandel für immer zu verändern: Die Nordsee hat sich im Zeitraum 1969–2017 um 1,3 Grad Celsius erhitzt, wie aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine schriftliche Frage der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Steffi Lemke, hervorgeht.

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Steffi Lemke (Bündnis90/Die Grünen)

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Beunruhigend: Nord- und Ostsee erwärmen sich viel schneller als die gigantischen Ozeane, deren Wassermassen laut Klimarat seit 1969 „nur“ um Rund 0,74 Grad wärmer geworden sind.

Ostsee wird schnell wärmer

Besonders die Ostsee als kleines, relativ flaches Binnenmeer wird schnell wärmer. Das Bundesamt für Naturschutz spricht gar von einer „Zeitmaschine“, in der globale Veränderungen besonders schnell auftreten.

Ein Beispiel: Seit 2004 entwickeln sich immer weniger Heringslarven im flachen Greifswalder Bodden – dessen Wasser sich binnen 30 Jahren um bis zu 2,5 Grad erwärmt hat.

Die Oberflächentemperatur in der Ostsee liegt normalerweise zwischen zwei Grad im Februar und 19 Grad im August. Bei der Nordsee sind es drei Grad im Februar, 18 Grad im August.

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Christopher Zimmermann, Direktor des Thünen-Instituts für Ostseefischerei.

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„Die bislang schlechtesten Jahrgänge waren 2016 und 2017, das setzt sich 2018 fort“, erklärte Fischereiwissenschaftler Christopher Zimmermann vom Thünen-Institut für Ostseefischerei im vergangenen Jahr im „Neuen Deutschland“. 

Heringe leiden unter Temperaturanstieg der Ostsee

Der Grund, stark vereinfacht: Die Wärme lässt die Larven zu früh schlüpfen, das Nahrungsangebot ist noch nicht vorhanden, sie verhungern.

Überdurchschnittlich stark erhitzt sich auch das Gebiet „Oder Bank“ an der östlichen deutschen Ostseeküste, einer „Kinderstube“ für Steinbutt und Scholle. Dort machten sich wegen der seichten Wassertiefen zwischen sieben und 20 Metern möglicherweise die zunehmend warmen Sommer besonders bemerkbar.

Nordsee wird wärmer: Kabeljau kommt ins Schwitzen

Und die Nordsee? Hier kommt besonders der Kabeljau, Lieblingsfisch der Deutschen, ins Schwitzen: Wie beim Hering sind auch die Eier und Larven des Kabeljaus besonders abhängig von der „richtigen“ Temperatur: Fünf bis sieben Grad braucht der Kabeljau zum Laichen – schon bei neun Grad stirbt die Hälfte der Larven, wie Forscher des Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven festgestellt haben.

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Der Kabeljau leidet besonders unter dem Temperaturanstieg: Die Larven brauchen kaltes Wasser.

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Laut Ministerium baut sich in der Nordsee selbst in tieferen Schichten unterhalb von 30 Metern im Frühjahr eine warme Deckschicht über dem kalten Wasser der Bodenschicht zusammen. 

Nordsee: Erwärmung nicht überall gleich

Auch für die Nordsee gilt: Das Wasser erhitzt sich nicht überall gleichmäßig. Insgesamt ergeben die Messungen für die vergangenen 30 Jahre eine Erwärmung im Bereich zwischen 0,5 und 2 Grad. Für die Deutsche Bucht wurde in der Zeit von 1980 bis 2015 eine Erwärmung um 1,4 Grad an der Wasseroberfläche und um 1,6 Grad in 20 Metern Tiefe gemessen.

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Schlecht für die Küstenfischerei: Es gibt immer weniger Hering in der warmen Ostsee.

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Hering und Kalbeljau fliehen in kühlere Gewässer

Steffi Lemke von den Grünen: „Hering und Kabeljau fliehen schon heute in kühlere Gewässer, Richtung Arktis. Für die kleine Küstenfischerei ist das genauso dramatisch, wie für komplexe ökologische Kreisläufe innerhalb unserer Meere.“

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Fischkutter in der Nordsee: Kabeljau gehört zu den beliebtesten Fischen der Deutschen.

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Es schwimmen aber auch Profiteure durch das wärmer werdende Wasser: „Inzwischen leben vermehrt Fischarten aus südlichen Gefilden in der Nordsee wie Roter Knurrhahn, Streifenbarbe, Sardellen und Wolfsbarsch“, schrieb das Bundesumweltministerium bereits 2017 auf eine Anfrage der Grünen.

Vibrionen: Bakterien profitieren von warmer Ostsee

Auch Vibrionen, die zur gesunden Bakterien-Flora der Ostsee gehören, breiten sich mit steigenden Temperaturen stark aus. In heißen Sommern, wenn das Meerwasser 20 Grad warm wird, kommt es gar zu sprunghaften Vermehrungen, die für Badende mit schwachem Immunsystem gefährlich werden können.

Grund zur Panik ist das aber nicht, sagt Heiko Will Direktor des Landesamtes in Rostock: Von etwa fünf Millionen Menschen, die jedes Jahr zur Badesaison in die Ostsee steigen, erkranken statistisch drei. Da sehen sich Kabeljau und Hering deutlich schlimmeren Problemen gegenüber.

 

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