Sylter Wirt stinksauer: „Die Punks machen mir das Geschäft kaputt!“
Mickey Schreiber (29) betreibt zusammen mit seinem Bruder das Restaurant „Cropino“ am Wilhelmine-Brunnen in Westerland – neuerdings der Treffpunkt der „9-Euro-Punks“ aus ganz Deutschland. Durch die ungebetenen Gäste geht ihnen nun ein Großteil ihres Umsatzes verloren – dabei findet der Wirt die Punks an sich eigentlich ganz „nett“. Schreiber hat ihnen sogar Bier spendiert – doch dem „absoluten Ausnahmezustand“ vor seiner Tür wird er nicht Herr, wie er im MOPO-Interview erzählt.
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Mickey Schreiber (29) betreibt zusammen mit seinem Bruder das Restaurant „Cropino“ am Wilhelmine-Brunnen in Westerland – neuerdings der Treffpunkt der „9-Euro-Punks“ aus ganz Deutschland. 2020, kurz vor Pandemiebeginn, hatten die Brüder aus Lüneburg das „Cropino“ eröffnet, beschäftigen sieben Mitarbeiter. Durch die ungebetenen Gäste geht ihnen nun jedoch ein Großteil ihres Umsatzes verloren – dabei findet der Wirt die Punks an sich eigentlich ganz „nett“. Schreiber hat ihnen sogar Bier spendiert – doch dem „absoluten Ausnahmezustand“ vor seiner Tür wird er nicht Herr, wie er im MOPO-Interview erzählt.
Herr Schreiber, wie sieht es denn heute vor Ihrem Restaurant aus?
Die letzten zwei Tage war es ruhig, die Punks sind weitergezogen in den Rathauspark. Das merken wir sofort, auch nebenan an unserem Crêpestand, da stehen plötzlich wieder Leute an. Aber im Park haben die Punks keine Möglichkeit, zu schnorren, deshalb ich glaube nicht, dass die da auf Dauer bleiben.
Wie war es in den letzten Wochen?
Absoluter Ausnahmezustand! Pfingsten war krass. Da hatten wir bis zu 150 Leute vor der Tür. Wir haben unsere Möbel hier direkt am Brunnen stehen und wenn da Punks mit ihren geklauten Einkaufswagen sitzen, rumschreien und den Ghettoblaster aufreißen, dann setzt sich da natürlich keiner hin. Ich schätze mal, wir haben mindestens zwei Drittel weniger Umsatz als letzten Juni. Das kann man sich nicht ausdenken.
Haben Sie mal mit den Punks gesprochen?
Andauernd! Die sind nett, so ist das nicht. Wenn das nicht genau hier wäre, würde ich mich ja sogar dazu setzen und mit denen einen trinken.
Das klingt doch ganz friedlich.
Deren Spruch ist ja „Leben und leben lassen“, aber die ganz normale Öffentlichkeit, die lassen sie eben nicht in Frieden, auch wenn es meistens nur einzelne sind, die rumschreien und Leute anpöbeln. Und uns nehmen sie den Platz für unser Geschäft.
Haben Sie denen mal gesagt „Ihr macht mir mein Geschäft kaputt“?
Klar! Wir sind nur am Sabbeln. Am Pfingstsamstag haben wir die ganze Zeit mit denen diskutiert und haben es geschafft, dass sie am Pfingstsonntag tatsächlich in den Rathauspark umgezogen sind. Da sind sogar jede Stunde welche von denen gekommen und haben die eingesammelt, die sich wieder hier am Brunnen hingesetzt haben. Das war super. Denen haben wir sogar ein paar Kisten Bier hingebracht.
Und dann?
Tja. Dann dachten wir, jetzt ist gut, aber am nächsten Donnerstag war wieder Anreise. Und es war wieder die Hölle los, aber ganz andere Leute. Man kann sich echt den Mund fusselig reden. Die diskutieren ja auch gerne.
Hat der Anti-Punker-Zaun um den Brunnen geholfen?
Nee! Das war ja noch schlimmer. Da haben die Leute von weitem gedacht, hier ist eine Baustelle und sind gar nicht erst in die Richtung gekommen. Das ist gut, dass der wieder weg ist.
Fühlen Sie sich von der Politik unterstützt?
Nein. Gestern waren wir wieder bei der Hauptversammlung im Rathaus, aber es heißt immer, die dürfen das. Man darf hier Alkohol trinken, schlafen, rumschreien, Musik aufdrehen. Das zu verbieten soll rechtlich nicht möglich sein.
Wie gucken Sie auf die kommenden Monate?
Muss man auf sich zukommen lassen. Jetzt am Samstag ist ja sogar eine Demo angemeldet, von den Linksradikalen, Anarchisten, oder wie die sich nennen. Und am 30. Juli kommen die Rechtsradikalen, die haben auch schon eine Demo angemeldet. Das wird interessant, wie die Gemeinde damit umgeht.
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Hat die Polizei die Lage im Griff nach Ihrer Einschätzung?
Die sind oft überfordert, glaube ich. Das liegt auch daran, dass wir viele junge Beamte auf der Insel haben, die sind gerade fertig mit der Ausbildung. Es fehlen erfahrene Polizisten. Wir rufen da schon gar nicht mehr an. Die dulden das alles, fahren mit offenem Fenster vorbei und grüßen.
Was muss passieren?
Die Gemeinde soll den Platz wieder für die Allgemeinheit herrichten, das ist so eine kleine Oase in der Stadt. Das Wasser muss wieder in den Brunnen, die Mauer muss abgebaut werden. Und dann sollte hier dauerhaft Präsenz sein, entweder von Polizei und Ordnungsdienst oder von einem privaten Sicherheitsdienst.
Und die Punks?
Denen könnte die Gemeinde vielleicht eine Alternative fürs Campieren anbieten, etwa im Rathauspark. Wir haben ja nichts dagegen, dass sie auf der Insel sind. Nur nicht gerade alle vor unserem Laden.