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Wahlsieger Schleswig-Holstein
  • Gemeinsamer CDU-Jubel: Friedrich Merz (v.l.), Daniel Günther und Karin Prien
  • Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Schleswig-Holstein: Warum CDU und Grüne im Aufwind sind – und FDP und SPD abschmieren

Für solche Wahlabende wurde der Begriff Erdrutschsieg wohl erfunden. Der alle überragende Wahlsieger Daniel Günther (CDU) begrub die Konkurrenz unter sich. Doch was führte zu den Ergebnissen? Und was bedeutet das für künftige Wahlen? Eine MOPO-Wahl-Analyse.

Der Triumphator

43,4 Prozent für die CDU laut vorläufigem Ergebnis – ein Plus von 11,4 Prozentpunkten gegenüber 2017. Das sind Traumwerte, die an vergessen geglaubte Zeiten der Volksparteien erinnern. Selbst die Bayern-CSU erreichte bei der letzten Landtagswahl nur 37,2 Prozent. 

Verantwortlich dafür ist vor allem eine Person: Günther selbst. Zwar gilt er weder als großer Redner noch als Charismatiker. Aber: Mit seiner ruhigen, unaufgeregten Art à la Merkel hat er die Herzen der Nordlichter erobert. Kannten ihn vor fünf Jahren einige noch kaum, ist der heute 48-Jährige – im Wechsel mit Peter Tschentscher (SPD) – in fast allen Umfragen der beliebteste Landesvater.

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Bemerkenswert: Nicht nur bei den eigenen Anhänger:innen schneidet Günther gut ab (95 Prozent Zufriedenheit). Auch die Wähler:innen fast aller anderen Fraktionen sind zu 68 bis 77 Prozent zufrieden mit ihm. Und selbst bei AfD-Fans erreicht er passable 36 Prozent. Insgesamt kommt er auf 75 Prozent Zufriedenheit.

Vier Dinge schienen dabei entscheidend: Günther hat laut Infratest dimap die Interessen des Landes gut im Bund vertreten, er hat sicher durch die Corona-Krise geführt, und er gilt als Versöhner. Jahrelange Streitigkeiten zwischen den schwarz-gelben und dem rot-grünen Lager sind vorbei. Und: Sein liberaler Kurs kommt an.

Die weiteren Gewinner

Als erstes wären die zweitplatzierten Grünen zu nennen. 18,3 Prozent (plus 5,4) sind an sich ein überragendes Ergebnis. Zusehends überholt die einstige Bürgerschreck-Partei die SPD als Volkspartei des linksliberalen Lagers.

Zwei Haken gibt es dennoch: Spitzenkandidatin Monika Heinold (63) wollte Ministerpräsidentin werden – Ziel weit verfehlt. Und: Das Ergebnis könnte den Grünen noch zum Verhängnis werden, weil Günther einen zu starken Koalitionspartner meiden könnte (S. 8). Dann würde die Partei aus der Regierung fliegen und säße trotz Erfolg plötzlich in der Opposition.


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Klar ist: Die Zukunft gehört den Grünen. Bei Erstwähler:innen waren sie erneut stärkste Kraft (26 Prozent). In Kiel und Lübeck erhielten sie gar Direktmandate. Aber auch in ländlichen Regionen lief’s erstaunlich gut. Was a) an der Kernkompetenz in Sachen Energiewende liegen dürfte – eines der wichtigsten Landesthemen. Aber b) auch an der Performance von Wirtschaftsminister Robert Habeck, der weiter in Schleswig-Holstein präsent ist und c) an erfolgreicher Regierungsarbeit, mit der sich 60 Prozent der Wähler:innen zufrieden zeigten.

Dann wäre da noch der SSW. Mit 5,7 Prozent überwand er erstmals die Fünfprozent-Hürde. Dank einer Sonderklausel für Minderheiten-Parteien wäre die Dänen-Vertretung allerdings auch so reingekommen. Nahe der dänischen Grenze gab’s gar Spitzenwerte von 12 bis 16 Prozent. Eine Rolle dürfte gespielt haben, dass der einzige SSW-Vertreter im Bundestag, Stefan Seidler, oft und positiv in den Medien war.

Die Verlierer

Der größte Wahlverlierer ist die SPD. Und damit auch ein wenig Olaf Scholz. Zum einen dürfte die zaudernde Rolle des Kanzlers in Sachen Ukraine reingespielt haben. Zum anderen der relativ unbekannte Spitzen-Kandidaten. Thomas Losse-Müller, der Ex-Grüne, blieb im Wahlkampf farblos. Zudem ist er Günther in der Außenwirkung ähnlich – da fehlte der Kontrast. Nun setzt die Bundes-SPD alle Hoffnung auf die NRW-Wahl kommendes Wochenende.

Weiterer Verlierer: die mitregierende FDP. Auch hier dürfte der Bundes-Trend eine Rolle gespielt haben. In Berlin fiel die FDP zuletzt eher durch Querschüsse auf. In Kiel dagegen, so betonte auch Günther, machten sie an sich gute Arbeit. Spitzenkandidat und Landes-Wirtschaftsminister Bernd Buchholz und sein Ministerkollege Heiner Garg brachten vieles voran: Digitalisierung, der Neubau der Ostseeautobahn A20, der Fehmarnbelt-Tunnel oder den Ausbau von Bahnstrecken. All das zahlte nicht ein auf’s FDP-Konto. Wohl auch, weil im liberal-konservativen Lager viele auf den Landesvater Günther setzten.

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Die Linke spielte schon zuvor mit 3,8 Prozent keine Rolle im Norden. Die nun erzielten 1,7 Prozent setzen die Schreckensnachrichten der Partei indes fort.

Die AfD dagegen war zuletzt vertreten, fliegt mit 4,4 Prozent aus dem Landtag. Einige politische Beobachter prophezeien schon den Niedergang in ganz Westdeutschland, sehen die AfD bald als ostdeutsche Regionalpartei. Die Bundespartei jedenfalls sagte die geplante Bundespressekonferenz ab, wollte wohl lieber nicht kommentieren.

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