• Am Wasser in Eckernförde ist nicht viel los. Nur vereinzelte Strandkörbe sind belegt.
  • Foto: Röer

Modellregion an der Ostsee: So geht Corona-Urlaub im Jahr 2021

Eckernförde –

Endlich wieder Menschen, die durch die Fußgängerzone schlendern. Die an der Promenade im Café sitzen. Die ihre Kinder dabei beobachten, wie sie jauchzend auf einem kleinen Karussell ihre Runden drehen. Wie sehr hat Beate Cizek (56) diesen Anblick vermisst. Sie ist stolz auf ihre Heimatstadt Eckernförde. Den Ostsee-Ort, der den Weg zurück zur Normalität probt. Eine knappe Woche nach dem Start besuchte die MOPO die Modellregion.

Traurig. Das ist das erste, was Beate Cizek einfällt, wenn die Buchhalterin an die vergangenen Monate denkt. „Ich bin sehr dankbar, dass wir jetzt wieder mehr Leben hier haben“, sagt die Frau. Sie ist zum Bummeln mit ihrer Tochter Maria (30) und den beiden Enkelsöhnen in der Fußgängerzone. Trotz der Freude ist sie vorsichtig. Anderthalb Meter Abstand – selbstverständlich. Beate Cizek hofft, dass sich auch alle anderen an die Regeln halten und das Projekt „gut geht“.

Touristen in Eckernförde: Negativer Test ist Voraussetzung

An die Regeln halten – das bedeutet für die Touristen, dass sie bei Anreise einen aktuellen negativen Corona-Test vorweisen müssen. Danach müssen sie sich vor Ort alle 48 Stunden neu testen lassen. Eine Vorschrift, die laut Stefan Borgmann (46) einwandfrei funktioniert.

Geschäftsführer der Eckernförde Touristik & Marketing GmbH

Stefan Borgmann, Geschäftsführer der Eckernförde Touristik & Marketing GmbH 

Foto:

Röer

Dem Geschäftsführer der Eckernförde Touristik & Marketing GmbH werden die Zahlen regelmäßig mitgeteilt. Innerhalb der ersten vier Tage wurden knapp 2800 Corona-Tests durchgeführt. Davon waren drei positiv. Allerdings handelte es sich nicht um Touristen, sondern Einheimische.

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Laut Johannes Ziemens (34), Leiter der Zentralen Notaufnahme der Eckernförder Imland Klinik, gibt es derzeit insgesamt 20 positiv getestete Einheimische. Bisher hat das Projekt keine negativen Auswirkungen. Aber es sei noch zu früh, um die Zahlen zu bewerten. Der Oberarzt sieht die Modellregion zwar als „gangbaren Weg“, jedoch sei die Anspannung immer da und die Intensivbetten knapp. „Wir müssen Vorsicht walten lassen.“

Eckernförde: Modellprojekt bislang problemlos

Zumal die Inzidenz schnell die kritische Marke übersteigen könnte. „Schon bei acht Fällen am Tag, hätten wir bei 22.000 Einwohnern eine Inzidenz von mehr als 100. Sollte das an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen der Fall sein, wird das Projekt abgebrochen“, sagt Stefan Borgmann. Er sitzt in einem Strandkorb und schaut zur Promenade. Klar, etliche Besucher sind unterwegs. Überfüllt ist es allerdings nicht mal im Ansatz. Und auch am Strand liegen bloß ein paar Touristen – mit viel Abstand. Stefan Borgmann ist erleichtert, dass alles gut laufe. Aber der Respekt vor dieser großen Aufgabe bleibt.

Student Florian Nagel und seine Freundin Jessica Piedziak (beide 23) aus Düsseldorf.

Student Florian Nagel und seine Freundin Jessica Piedziak (beide 23) aus Düsseldorf.

Foto:

Marius Röer

Respekt, den haben in Eckernförde viele. Auch Touristen wie Student Florian Nagel (23) und seine Freundin Jessica Piedziak (23). Sie leben in einer Wohnung in Düsseldorf und „mussten dringend mal raus“. Als klar war, dass Eckernförde zur Modellregion wird, haben sie sofort eine Ferienwohnung gebucht. Sie genießen den Urlaub, sind jedoch vorsichtig. „Innengastronomie würden wir nicht nutzen und auch in der Fußgängerzone ist es uns zu eng, weil es da keine Maskenpflicht gibt.“

Anwohner fordern mehr Einschränkungen

Das sehen auch einige Anwohner so. „Ich finde das Projekt in Ordnung, aber es sind zu viele Touristen hier. Das müsste noch mehr eingeschränkt werden“, sagt ein Mann. Er und viele seiner Bekannten und Kollegen würden sich zumindest eine Maskenpflicht in der Innenstadt wünschen.

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Eine Forderung, die bereits bei den Entscheidern angekommen ist. „Es wird künftig eine Maskenpflicht in der Innenstadt geben und auch bei den Testzentren rüsten wir nach“, sagt Stefan Borgmann. Statt derzeit neun, soll es künftig zwölf Testzentren geben. Kontrolliert werden die negativen Tests der Urlauber in den Unterkünften. Kevin Heide (31), dem drei Hotels in Eckernförde gehören, lässt die Zimmerkarten immer nur für zwei Tage codieren. Erst wenn die Gäste ihren negativen Test vorgelegt haben, werden die Karten wieder freigeschaltet und sie können auf ihr Zimmer.

Hotels und Gastronomie wollen langfristigen Plan

Der Hotelier steht dem Modellprojekt zwiegespalten gegenüber. Er ist froh, nach 169 Tagen ohne Touristen wieder öffnen zu dürfen. „Die Angst, dass die Inzidenz steigt und wir schließen müssen, schwingt aber immer mit.“ Hinzu kommt für ihn das Problem der Perspektive. „Was ist nach den paar Wochen? Davon können wir nicht leben.“ Mit dem Geld, das er momentan verdient, würde er alte Löcher stopfen, die durch Renovierungskosten entstanden seien. Kevin Heide wünscht sich einen Plan. Eine längerfristige Perspektive. Für sich. Und alle anderen Hoteliers und Gastronomen. „Wenn ich sehe, wie die Gäste hier gerade aufblühen, dann muss ich sagen: Wir sind systemrelevant.“

Hotelbesitzer und Gastronom Oliver Träger (42)

Hotelbesitzer und Gastronom Oliver Träger (42)

Foto:

Marius Röer

Das sieht Hotelbetreiber und Gastronom Oliver Träger (42), Chef des Restaurants „Siegfried Werft“, genauso. „Die Gäste standen hier sogar im Hagelschauer draußen. Das war ihnen egal. Hauptsache sie dürfen wieder weggehen.“ Abends ist sein Restaurant im Innenbereich ausgebucht – trotz der Vorschrift, dass Gäste ihre negativen Tests vorzeigen müssen. „Das nehmen die Menschen gerne in Kauf. Einfach um wieder dieses Lebensgefühl zu haben, das so lange gefehlt hat.“

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