Hunderte demonstrieren gegen LNG-Terminal in Brunsbüttel.
  • Hunderte demonstrieren gegen LNG-Terminal in Brunsbüttel.
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Mit Kanus, Masken und Zelten: So lief der große Klima-Protest im Norden

Mit einem Dutzend Kanus und Kajaks haben Aktivisten vom Klimabündnis „Ende Gelände“ am Samstagnachmittag den Schiffsverkehr auf dem Nord-Ostsee-Kanal zum Erliegen gebracht. Die Aktion war Teil mehrerer Demonstrationen gegen den Aufbau eines Flüssigerdgas-Terminals im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel. Die MOPO war vor Ort.

Einige Aktivisten hatten angemalte Gesichter. Andere versteckten die Gesichter hinter Tüchern. Keiner wollte erkennbar sein. Umso deutlicher die Botschaft auf den Schildern, welche die 15 Aktivisten aus aller Welt von ihren Booten aus in die Höhe hielten: „Pipeline bauen. Zukunft klauen“, stand darauf. „Clean Gas. Dirty Lie“. Und: „Sauberes Gas. Dreckige Lüge“. Für rund zwei Stunden gelang es den Demonstranten, die Blockade auf dem Wasser bei Hochdonn im Kreis Dithmarschen aufrecht zu halten. Dann begann die Polizei mit der Räumung.

Umweltorganisationen kritisieren die Verwendung von LNG

„Die Klimakrise ist längst Realität. Wer jetzt noch ein Flüssiggas-Terminal plant, spielt mit dem Feuer. Gas ist ein Brandbeschleuniger der Klimakrise“, erklärte Joli Schröter, Sprecherin von „Ende Gelände“. Das Bündnis kritisiert die Verwendung von Erdgas, da bei dessen Gewinnung, Transport und Verbrennung Treibhausgase wie Methan und CO₂ freigesetzt werden, die die Erderwärmung vorantreiben. Deshalb kritisiert auch die Deutsche Umwelthilfe die Pläne für das Terminal. Laut Meinung des Umweltvereins gebe es für das Terminal auch keinen Bedarf, da die Importkapazität für Gas in Deutschland schon jetzt den Verbrauch ums Dreifache übersteige.

Hunderte demonstrieren gegen LNG-Terminal in Brunsbüttel. (c) dpa
Hunderte demonstrieren gegen LNG-Terminal in Brunsbüttel
Hunderte demonstrieren gegen LNG-Terminal in Brunsbüttel.

Für die Polizei war der Einsatz auf dem Wasser eine Herausforderung. Mit Schlauchbooten näherten sich die Beamten den Kanus und Kajaks der Demonstranten. Dabei kam es zu gefährlichen Situationen: Mehrere Kanus kippten um, die Insassen fielen ins Wasser. Nachdem alle Aktivisten bis auf eine Frau von den Beamten aus dem Wasser gezogen und festgesetzt worden waren, fuhr ein Polizeiboot so nah an die letzte Demonstrantin heran, dass sie unter das Wasserfahrzeug geriet. Auf Nachfrage erklärte eine Polizeisprecherin später, es habe keine körperliche Gefahr für die Demonstranten bestanden.

Mehrere Anzeigen wegen des Verdachts der Nötigung gegen Demonstranten

Die Aktivisten wurden zur Gefangenensammelstelle gebracht, wo sie über Nacht in Gewahrsam genommen wurden und Anzeigen wegen des Verdachts der Nötigung gegen sie erstattet wurden. Zwei weitere Strafanzeigen wurden wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte erlassen. Insgesamt sei der Einsatz aber friedlich verlaufen, resümierte die Polizei. Auch das Bündnis „Ende Gelände“ bewertet die Aktion im Ganzen als erfolgreich.

Nord-Ostsee-Kanal bei Protest gegen LNG-Terminal blockiert. (c) dpa
Nord-Ostsee-Kanal bei Protest gegen LNG-Terminal blockiert.
Der Nord-Ostsee-Kanal bei Protest gegen LNG-Terminal blockiert.

Der Kanu-Protest war aber nur eine von mehreren Demos in Brunsbüttel am Wochenende. Insgesamt waren mehr als 2000 Menschen, aufgeteilt in drei Demonstrationszüge, daran beteiligt. Am Samstagvormittag zogen die Demonstranten vom extra eingerichtet „Klimacamp“ über den Nord-Ostsee-Kanal zum Industriegebiet „ChemCoastPark“, wo sie gestoppt wurden und stattdessen Blockaden auf den Gleisen einer wenig genutzten Güterstrecke errichteten.

Sicherheitsmitarbeiter wirft Steine auf die Demonstranten

Dabei kam es zu körperlichen Auseinandersetzungen mit Polizisten, die Pfefferspray und Knüppel einsetzten und die Demonstranten einige Stunden lang einkesselten. Am Tor des Industrieunternehmens „Yara“ kam es zu einem Zwischenfall, bei dem die Demonstranten mit Steinen beworfen wurden. Eine Unternehmenssprecherin entschuldigte den Vorfall später als „das individuelle Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters eines externen Dienstleisters“.     

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An den Protesten nahmen auch Aktivisten aus Süd- und Nordamerika teil, deren Wohngebiete vom Fracking betroffen sind. Die umweltschädliche Methode, bei der Gas und Öl aus tiefen Gesteinsschichten gewonnen werden, ist in Deutschland größtenteils verboten. Das Klimabündnis legte in diesem Jahr erstmalig den Fokus auf die Auswirkungen der Klimakrise in Ländern des globalen Südens.

Seenot-Retterin Carola Rackete nimmt an Protesten teil

„Die Klimabewegung im Norden hat die Verantwortung, auf das zu reagieren und das zu unterstützen, was die Bewegung im globalen Süden einbringt und für prioritär erklärt“, erklärte die aus der Seenotrettung bekannte Aktivistin Carola Rackete, die ebenfalls an den Protesten teilnahm. „Es ist unsere Pflicht, weil wir in Europa die Konsument*innen der Produkte sind, die im Süden unter Menschenrechtsverletzungen abgebaut werden. Und weil hier die Firmen sitzen und Profit machen.“

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