Legendäre Konzerte: Jimi Hendrix bei Chaos-Festival auf Fehmarn
Zum Glück waren die meisten von ihnen rund um die Uhr bekifft, sonst hätten die Besucher dieses Chaos-Festival im September 1970 wohl nicht ausgehalten. Drei Tage heftiger Dauerregen beim „Love and Peace“-Festival auf Fehmarn, gezeltet wurde im Matsch, einige Künstler tauchten einfach nicht auf, Ordner schlugen sich und zu essen gab es auch nur wenig. Aber als er dann endlich auf der Bühne stand, war plötzlich alles wieder gut: Gitarren-Gott Jimi Hendrix war der Star-Gast des Events. Es war sein letzter Open-Air-Auftritt – wenige Tage später war er tot.
Zum Glück waren die meisten von ihnen rund um die Uhr bekifft, sonst hätten die Besucher dieses Chaos-Festival im September 1970 wohl nicht ausgehalten. Drei Tage heftiger Dauerregen beim „Love and Peace“-Festival auf Fehmarn, gezeltet wurde im Matsch, einige Künstler tauchten einfach nicht auf, Ordner schlugen sich und zu essen gab es auch nur wenig. Aber als er dann endlich auf der Bühne stand, war plötzlich alles wieder gut: Gitarren-Gott Jimi Hendrix war der Star-Gast des Events. Es war sein letzter Open-Air-Auftritt – wenige Tage später war er tot.
Weltstar Jimi Hendrix in der norddeutschen Provinz? Ja. Drei Szene-Wirte aus Kiel haben die Idee, auf der Ostsee-Insel eine Art deutsches Woodstock auf die Beine zu stellen. Sie engagieren alles, was in dieser Zeit angesagt ist: Neben Hendrix sollen auch Mungo Jerry auftreten, die Faces mit Rod Stewart, Canned Head, Frumpy mit Inga Rumpf und viele mehr. Die drei Nordlichter haben keine Ahnung vom Musikgeschäft, ihr Vorhaben wird teuer. Allein Hendrix verlangt für seinen Aufritt 75.000 Mark. Beate Uhse, Chefin der Sexshop-Kette, springt leihweise mit 200.000 Mark ein.
Jimi Hendrix 1970 auf Fehmarn: 20.000 Hippies kamen
Vom 4. bis 6. September 1970 soll sich eine 30 Hektar große Wiese in der Nähe des Flügger Leuchtturms in ein Hippie-Paradies verwandeln, in der sich die in Scharen angereisten 20.000 Hippies der Musik und der freien Liebe hingeben können. Aber so richtig kommt die Sause nicht in Gang.
Wegen des stürmischen Wetters reisen einige Bands gar nicht erst an. Joan Baez, Colesseum, Ten Years After und weitere tauchen einfach nicht auf. Und die, die auftreten, sind wegen des heulenden Windes kaum zu hören. Durch den Dauerregen ist es auf der Bühne so nass, dass einige Musiker Stromschläge erleiden.

Auf dem Zeltplatz: Absolutes Durcheinander. Autos parken kreuz und quer zwischend den Zelten. Die sind völlig durchnässt, Iglus mit Innenzelt gibt es damals nicht. Überall fliegt Müll herum. Eine Gruppe aus Hamburg hat ein Spanferkel dabei, das sich inmitten von VW-Käfern und Bullis auf dem Spieß dreht. Weil die Veranstalter die versprochenen Gemeinschaftszelte nicht aufgestellt haben, müssen einige Besucher im Freien übernachten.
Auf dem Festivalgelände wirft Beate Uhse jede Menge Kondome in die Menge, aber mit freier Liebe wird es nichts. Dafür ist es viel zu kalt. Auf Fotos von damals sieht man Leute in Anoraks mit vom Wind zerzausten Haaren. Statt Love gibt es Peace: Trotz ungemütlicher Umstände sind die meisten Hippies gut drauf.
„Ich schätze mal, dass wohl gut die Hälfte der Besucher gekifft hat. Deshalb hat man wahrscheinlich auch das Wetter und die widrigen Umstände besser ausgehalten“, sagt einer, der damals als 19-Jähriger dabei war. Als in einer Pause zwischen Auftritten einige Mädchen auf die Bühne klettern und blank ziehen, kommt doch noch ein bisschen Woodstock-Gefühl auf.
Als Jimi Hendrix auftritt, hört der Regen auf
Alle fiebern dem Auftritt von Jimi Hendrix entgegen – dem Mann, der seine Gitarre bearbeitet wie niemand vor ihm. Eigentlich sollte er schon am Samstag auftreten, aber es ist ihm zu nass. Er bleibt lieber im warmen Hotel in Puttgarden. Am Sonntag um die Mittagszeit ist es endlich soweit. Dann steht Jimi Hendrix in kunterbunter Klamotte und mit blauem Stirnband auf der Bühne, es hat sogar aufgehört zu regnen. Es ertönen nicht nur Jubel, sondern auch Pfiffe. „Ich scheiß‘ drauf, ob ihr buht oder nicht, solange ihr es in der richtigen Tonart tut“, entgegnet er.

Und dann legt er los. Er spielt hervorragend, aber es funkt nicht so richtig zwischen dem Star und seinem Publikum. Der Auftritt ist nicht besonders lang. Er spult 13 Titel runter, darunter „Purple Haze“, „Voodoo Child“ und „Foxy Lady“ und verschwindet wieder.
Kurz darauf eskaliert der Kleinkrieg zwischen den vom Veranstalter organisierten Ordnern und 180 Hamburger Rockern, die auf Fehmarn auf ihre Art für Ordnung sorgen wollen. Immer wieder ist es zwischen ihnen zu Schlägereien gekommen. Am Abend des letzten Festivaltages geht dann ein Bürocontainer in Flammen auf – aus Wut der Rocker darüber, dass sich die Veranstalter mit der Kasse aus dem Staub gemacht haben, ohne sie zu bezahlen. Das Pressezelt und eine Gaststätte schlagen die Hamburger ebenfalls kurz und klein.
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Wenige Tage nach dem Matsch-Happening auf der Ostseeinsel tritt Jimi Hendrix noch mal auf. Am 16. September 1970 spielt er im „Ronnie Scott’s Jazz Club“ in London. Am 18. September wird er in dem Apartment einer Londoner Bekannten im Stadtteil Notting Hill gefunden. Er hatte große Mengen Rotwein getrunken und dazu Straftabletten geschluckt. Er wird in ein Krankenhaus eingeliefert, wo er für tot erklärt wird. Er war an seinem Erbrochenen erstickt.

Der Gitarren-Gott wurde nur 27 Jahre alt. Auf Fehmarn erinnert seit dem Sommer 1997 ein zweieinhalb Meter hoher Gedenkstein an den letzten Open-Air-Auftritt des Musikers – und an die Tage, als die Insel zum Sehnsuchtsort der deutschen Hippies wurde.