Flensburg statt Florenz: Seltener Vogel wollte nach Süden und ist falsch abgebogen
Nein, schön ist er wirklich nicht. Der in seiner Art stark gefährdete Waldrapp erinnert an eine faltige alte Diva mit einem Faible für Federboas. Einer der schwarzen Ibisvögel ist nun auf dem Weg von Österreich in die Toskana falsch abgebogen und in Hamburg gelandet. Auf ihre nächste Reise wird Arietta, wie das weibliche Tier heißt, daher sicherheitshalber mit Hilfe eines Flugtickets geschickt.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Neukunden lesen die ersten 4 Wochen für nur 1 €!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen //
online kündbarMOPO+ Jahresabo
für 79,00 €Jetzt sichern!Spare 23 Prozent!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach zum gleichen Preis lesen //
online kündbar
Nein, schön ist er wirklich nicht. Der in seiner Art stark gefährdete Waldrapp erinnert an eine faltige alte Diva mit einem Faible für Federboas. Einer der schwarzen Ibisvögel ist nun auf dem Weg von Österreich in die Toskana falsch abgebogen und in Hamburg gelandet. Auf ihre nächste Reise wird Arietta, wie das weibliche Tier heißt, daher sicherheitshalber mit Hilfe eines Flugtickets geschickt.
Etwas schüchtern, aber schon wieder in der üblichen gezierten Art, schreitet Arietta durch ihre Voliere. Dass sie bald eine weite Reise nach Spanien antreten wird – davon weiß sie nichts. Aber der etwa gänsegroße Vogel wird auch wenig davon sehen, denn der seltene Waldrapp wird in einer Kiste im Flugzeug reisen. Gemeinsam mit weiteren Artgenossen, die an einem Zoo-Auswilderungsprogramm teilnehmen. So muss Arietta sich zum Glück nicht erneut auf ihren schlechten Orientierungssinn verlassen.
Einen so aufregenden Start ins Leben hatten ihre Argenossen aus dem Zoo zum Glück nicht. Arietta ist einer von ganz wenigen Wildvögeln aus dem Voralpenland, sie war nie in Gefangenschaft und hat sich gleich bei ihrem ersten Vogelzug in den Süden kräftig vertan. Gemeinsam mit drei weiteren Waldrappen ist sie nicht nach Süden, sondern nach Norden abgebogen und in Flensburg statt Florenz gelandet. Eigentlich waren die Vögel auf ihrem ersten Vogelzug unterwegs in die Toscana in ein Überwinterungsgebiet.
Sie war ein Häufchen Elend, als Arietta bei Christian Erdmann in der Wildtierstation in Klein Offenseth-Sparrieshoop (Elmshorn) eintraf. „Ihr Gewicht lag nur noch bei 860 Gramm, sie war quasi schon tot“, erinnert sich Erdmann. Aber er gab die Hoffnung nicht auf und ernährte den völlig entkräfteten Vogel mit einer Magensonde und Elektrolyten, weil sie feste Nahrung gar nicht mehr hätte aufnehmen können. Mittlerweile ist Arietta seit drei Wochen dort und über den Damm. Sie sieht schon wieder ganz manierlich und damenhaft aus und wiegt 1240 Gramm, Idealgewicht.
Das könnte Sie auch interessieren: Nackedei ohne Stachel wird in Wildtierstation aufgepäppelt
Wie es passieren konnte, dass die Ibisvögel sich so dermaßen verflogen haben, ist auch den Vogelexperten aus dem Waldrapp-Schutzprogramm in Österreich ein absolutes Rätsel. Die Vögel lebten bis zum 17. Jahrhundert auch im Alpenvorland in Bayern, Österreich und südlichen europäischen Ländern. Doch offenbar sind sie sehr lecker, denn sie starben nahezu aus, weil sie zu stark bejagt wurden.
Wenn Arietta demnächst nach Spanien fliegt, soll sie dort in einer Auffangstation in Empfang genommen und später ausgewildert werden. Aber warum Spanien statt Toskana? „Waldrapps ziehen aus Spanien nicht wieder weg, anders als aus Italien“, so Erdmann. Arietta wird so also nie wieder Gefahr laufen, sich zu verfliegen.