9-Euro-Ticket: Bahn-Chaos auf Sylt – jetzt schließen schon Cafés früher
Zusätzliche Ruhetage trotz Hochsaison, vorgezogener Ladenschluss, damit die Angestellten die Chance haben, sich noch in einen Zug zu quetschen – zum Fachkräftemangel kommt nun auch noch das 9-Euro-Bahnchaos. Die Folge: Viele Sylter Gastronomen und Ladenbetreiber sehen dem Sommeransturm mit Gruseln entgegen.
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Zusätzliche Ruhetage trotz Hochsaison, vorgezogener Ladenschluss, damit die Angestellten die Chance haben, sich noch in einen Zug zu quetschen – zum Fachkräftemangel kommt nun auch noch das 9-Euro-Bahnchaos. Die Folge: Viele Sylter Gastronomen und Ladenbetreiber sehen dem Sommeransturm mit Gruseln entgegen.
Die Mitarbeiterinnen von „Nielsens Kaffeegarten“ in Keitum sahen das Unbill per Bahn-App kommen: Warnung vor Überfüllung. Was das heißt, war allen klar: „Wir erleben es derzeit, dass die Züge schon so knallvoll aus Westerland kommen, dass sie in Keitum einfach durchfahren“, sagt Chef Jens Nielsen zur MOPO: „Da habe ich gesagt, Leute, wir machen früher zu, damit ihr noch mitkommt.“ Auf Facebook las sich das am Samstag so: „Liebe Gäste, heute machen wir eine Stunde früher zu. Bei dem schienengebundenen Transportunternehmen bricht alles zusammen.“
Für alle, die zum Arbeiten auf die Insel pendeln, ist der Bahnverkehr seit Jahren ein nervenaufreibendes Unterfangen – und nun auch noch das 9-Euro-Ticket: „Wenn meine Angestellten morgens um 7 Uhr den Zug nehmen und abends erst um 21 Uhr zuhause sind, weil sie drei Züge abwarten müssen, das ist doch eine Katastrophe“, sagt der Chef des alteingesessenen Familienbetriebs.
Sylt: Zusätzliche Ruhetage mitten in der Hochsaison
Der vorgezogene Feierabend war (vermutlich) erst einmal ein Einzelfall, doch der zusätzliche Ruhetag soll die gesamte Saison über gelten. Zum ersten Mal seit 40 Jahren macht „Nielsens Kaffeegarten“ nicht nur am Dienstag, sondern auch am Montag zu: „Wir finden nicht genug Personal“, sagt Jens Nielsen: „In den Schichten würde immer einer fehlen, also müssen wir ganz zu machen.“
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Mit dieser Entscheidung steht er nicht alleine: „Viele Sylter Betriebe führen im Moment unfreiwillig Ruhetage in der Saison ein“, so der Keitumer Unternehmer: „Einige zum ersten Mal überhaupt, andere müssen so wie wir einen Tag mehr schließen als sonst. Daran sieht man, dass da wirklich etwas passiert gerade.“
Die Traditionsbäckerei Lund in Hörnum verkündete bereits Anfang Mai via Facebook, dass das angeschlossene Café-Restaurant ab sofort nicht mehr nur mittwochs, sondern auch samstags geschlossen ist. Grund: Es gibt keine neuen Mitarbeiter – und die im Café arbeitenden Insulanerinnen möchten sich am Wochenende auch mal um ihre Familien kümmern.
Ähnlich die Erklärung des Keitumer Restaurants „Oma Wilma“, das ebenfalls wegen Personalknappheit und mehr Familienfreundlichkeit für die Betreiber in diesem Sommer den Sonntag zum zweiten Ruhetag neben dem Mittwoch erklärt.
Wenn man dicht machen muss, obwohl die Kundschaft einem die Bude einrennen würde, schmerzt das nicht das Unternehmerherz? Jens Nielsen lacht kurz auf: „Natürlich kostet das Umsatz, aber ich muss ja an meine Mitarbeiter denken. Ohne unsere Mitarbeiter machen wir gar keinen Umsatz.“ Wird sich die Lage bessern, wenn das 9-Euro-Ticket ausgelaufen ist? Oder in der kommenden Saison? „Nee“, sagt Nielsen trocken: „Der Personalmangel und die ständigen Zugausfälle waren vorher da und die bleiben auch.“