Abnehmspritze als Wundermittel? „Ich bin plötzlich 30 Kilo leichter“
Es war eine Ansage mit Wirkung: „Bevor ich Sie operiere, müssen Sie 40 Kilo abnehmen“, hörte Beate Rauch, als sie sich mit einer Kniearthrose an ihren Orthopäden wandte. Die 57-Jährige hatte starke Schmerzen, nahm Medikamente „ohne Ende“. Am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) begann sie eine Behandlung mit „Wegovy“: Nach gut einem Jahr hatte sie Dutzende Kilos verloren, benötigte keine Schmerzmittel mehr – auch die Knie-OP ist nun erstmal vom Tisch. Ist das neue „Abnehm-Medikament“ die Lösung für alle Übergewichtigen?
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Es war eine Ansage mit Wirkung: „Bevor ich Sie operiere, müssen Sie 40 Kilo abnehmen“, hörte Beate Rauch, als sie sich mit einer Kniearthrose an ihren Orthopäden wandte. Die 57-Jährige hatte starke Schmerzen, nahm Medikamente „ohne Ende“. Am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) begann sie eine Behandlung mit „Wegovy“: Nach gut einem Jahr hatte sie Dutzende Kilos verloren, benötigte keine Schmerzmittel mehr – auch die Knie-OP ist nun erstmal vom Tisch. Ist das neue „Abnehm-Medikament“ die Lösung für alle Übergewichtigen?
„Im ersten Moment fühlte ich mich ziemlich bescheiden“, berichtet Beate Rauch über jenen folgenreichen Termin beim Orthopäden im Jahr 2022. Zu diesem Zeitpunkt wiegt die Lehrerin aus Bargteheide 152 Kilo. Ihrem Arzt zufolge braucht sie an ihrem linken Bein ein neues Kniegelenk, eine aufwendige Operation. Zudem begünstigt ein starkes Übergewicht Wundheilungsstörungen nach einer OP. Ein Risiko, das dem Operateur in ihrem Fall als zu hoch erschien.
Bargteheide: „Wegovy“-Patientin verliert 30 Kilo Gewicht
Die 57-Jährige ist ernüchtert: „Wie soll ich das nur schaffen?“ Ihr Hausarzt empfiehlt ihr das Adipositas-Centrum im UKE, wo sie eine Behandlung mit dem Medikament „Wegovy“ beginnt. Einmal wöchentlich spritzt sie sich den Wirkstoff Semaglutid, der ist auch in der in Hollywood so gehypten Abnehmspritze „Ozempic“ enthalten ist, die Elon Musk und Kim Kardashian bekannt machten. Anders als das Diabetiker-Medikament „Ozempic“ ist „Wegovy“ aber ausdrücklich zur Behandlung von Adipositas zugelassen.
Der Wirkstoff sorgt dafür, dass die Patienten sind schneller satt sind und essen weniger essen. Weltweit ein gigantischer Erfolg: Novo Nordisk, der Hersteller von „Ozempic“ und „Wegovy“, ist zum wertvollsten Unternehmen Europas aufgestiegen.
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Es gibt aber auch Nebenwirkungen: „Die ersten paar Tage war ich fürchterlich müde“, erzählt Rauch. Auch mit Magen-Darm-Beschwerden habe sie zu kämpfen gehabt. Besonders fies: An manchen Tagen schmecke alles nach faulen Eiern. Doch Rauch lässt sich nicht kleinkriegen: „Ich habe ein klares Ziel. Das ist der Preis, den ich zu zahlen habe“, sagt sie sich.
„Wie genial ist das denn? Schon wieder ein Kilo los!“
Was ihr dabei immer wieder Mut macht, sind die positiven Reaktionen aus ihrem Umfeld – und die beachtliche Wirkung des Medikaments. Sie aß nur noch die Hälfte, die Heißhungerattacken verschwanden. Das wöchentliche Wiegen sorgt plötzlich für Hochstimmung: „Wie genial ist das denn? Schon wieder ein Kilo los!“ Nach einem Jahr hat Beate Rauch 32 Kilo abgenommen. Die Kniebeschwerden haben nachgelassen, eine Operation ist nicht mehr erforderlich.
Ein Ausnahmefall? Nein, sagt Prof. Jens Aberle, leitender Arzt des Adipositas-Centrums. „Bei einer medikamentösen Behandlung ist eine Reduktion des Körpergewichts um 15 bis 20 Prozent realistisch.“ Zwar sei der Effekt irgendwann ausgereizt, das Mittel aber dennoch wirksamer als ältere Präparate.
Arzt: „Bereiten Sie sich auf die Zeit danach vor“
Die Wirksamkeit hat allerdings seinen Preis: Je nach Dosis kostet die Anwendung 170 bis 320 Euro im Monat. Die Kosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen, auch Rauchs private Kasse zahlt nichts. Die Lehrerin hat Glück – als Beamtin erstattet die staatliche Beihilfe ihr die Hälfte.
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Doch auch sie erreicht nach einem Jahr der Anwendung ein Plateau, die Kilos purzeln nicht mehr wie zuvor. Sie setzt das Medikament ab. Ein entscheidender Moment: „Bereiten Sie sich auf die Zeit danach vor“, rät auch Prof. Aberle seinen Patienten. Beate Rauch fühlt sich aber gewappnet. Fast jeden Tag macht sie Aquajogging, kocht regelmäßig selbst. Am liebsten, sagt sie, möchte sie nochmal 20 Kilo abnehmen. Sie denke über „eine zweite Runde Wegovy“ nach.