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  • Foto: dpa

Rätsel um die „Mein Schiff 3“: Wie kam das Coronavirus an Bord?

Cuxhaven –

Die Unsicherheit ist groß. Wie kam das Coronavirus an Bord der „Mein Schiff 3“? Das fragen sich die 2900 Crew-Mitglieder der Reederei TUI Cruises, die derzeit auf dem Kreuzfahrtschiff vor Cuxhaven isoliert sind. Niemand darf an Land. Die Nerven liegen blank – und die Vorwürfe gegen den Arbeitgeber werden immer lauter.

Eigentlich sollte es jetzt endlich nach Hause gehen. Die „Mein Schiff 3“ hatte als eine Art Sammeltaxi Crew-Mitglieder der gesamten TUI-Cruises-Flotte eingesammelt und am Dienstag nach Deutschland gebracht. Dann trat Corona auf – und die Heimkehr der Besatzung zu ihren Familien rückte in weite Ferne.

Coronavirus an Bord: Trägt TUI Cruises eine Mitschuld?

In den Sozialen Netzwerken und auf der Seite des Kreuzfahrtmagazins „Schiffe und Kreuzfahrten“ wird nun gerätselt: Wie kam das Virus an Bord? Und trägt TUI Cruises eine Mitschuld?

In einer Pressemitteilung hatte die Reederei kundgetan, dass es seit dem Verlassen der Passagiere am 23. März keinen Außenkontakt mehr gegeben habe. Dass das nicht ganz korrekt ist, ist inzwischen ziemlich klar.

Was geschah im Hafen von Santa Cruz auf Teneriffa?

Wie die TUI Cruises gegenüber der MOPO bestätigte, lag das Kreuzfahrtschiff am 17. und 18. April im Hafen von Santa Cruz auf Teneriffa. Kamen dort Lieferanten an Bord? Vertreter der Hafenbehörden? Dazu gab es von der Reederei keine Auskunft. Nur so viel:

„Dort sind Besatzungsmitglieder von der Mein Schiff 1, der Mein Schiff 2 und der Mein Schiff Herz auf die Mein Schiff 3 gewechselt. Dieses war jedoch kein offizieller Landgang der Crew, sondern ein direkter Wechsel von Schiff zu Schiff auf dem kürzesten Weg über die Pier“, so eine Sprecherin.

Unterbringung in Einzelkabinen war auf der „Mein Schiff 3“ nicht mehr möglich

In jedem Fall kam es so jedoch zu einer Vermischung verschiedener Mannschaften, die auf ihren Ursprungsschiffen noch in Einzelkabinen untergebracht waren. Auf der „Mein Schiff 3“ mit 1253 Kabinen für die nun 3200 TUI-Cruises-Crew-Mitglieder war das nun nicht mehr möglich.

Gegenüber der MOPO versicherte die Sprecherin der Reederei: „Alle Besatzungsmitglieder wurden vor dem Wechsel routinemäßig medizinisch untersucht, mussten einen umfangreichen Gesundheitsfragebogen ausfüllen und waren zuvor 14 Tage ohne Symptome.“

In Cuxhaven kamen erstmals wieder Externe an Bord

Wie kam das Virus dann an Bord? Spätestens nach der Ankunft in Cuxhaven kamen jedenfalls Externe an Bord: Vertreter der Hafenbehörden und die Bundespolizei, die einen sogenannten Facecheck – eine Art Ausweiskontrolle – durchführte.

Besonders der Besuch des TUI-Cruises-Managers Ferdinand Strohmeier sowie seines Kollegen von Seachefs, dem größten Arbeitgeber an Bord, am vergangenen Dienstag wird von vielen Crew-Mitgliedern kritisch gesehen.

Crew-Mitglieder schreiben Offenen Brief

„Nach 45 Tagen der Isolation hatten wir den ersten positiven Befund, nachdem wir in Deutschland angelegt hatten, weil Menschen von außen aufs Schiff kamen“, heißt es in einem Offenen Brief, den ein Crew-Mitglied an die TUI Cruises geschrieben hat und der von „Schiffe und Kreuzfahrten“ publiziert wurde. Und: „Danke, Herr Strohmeier, dass Sie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen.“

Die Reederei TUI Cruises erklärte dazu: „TUI Cruises und die örtlichen Hafenbehörden haben den Zugang zum Schiff nur einem stark begrenzten und dienstlich notwendigen Personenkreis ermöglicht“, so die Sprecherin. „Alle haben sich mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel Atemschutzmaske und Handschuhen vor Ort (über die Außendecks) bewegt.“

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Hinzu kommt, dass die ersten Symptome ja schon vor dem Anlegen in Cuxhaven auftraten.

Ungereimtheiten bei den Test-Ergebnissen

Merkwürdig sind vor allem die Text-Ergebnisse: Der Bordarzt hat nach MOPO-Informationen bei der unter Verdacht stehenden Person zwei Test durchgeführt. Das erste Ergebnis war positiv, das zweite negativ. Eine Probe, die per Hubschrauber nach Hamburg geflogen wurde, erzielte im Labor ebenfalls ein negatives Ergebnis. Erst der vom Gesundheitsamt Cuxhaven angewiesene erneute Test war dann wieder positiv.

Wie kann das sein? Liegt es an der Qualität der Tests? Sind in den Laboren Fehler passiert? Das wird noch zu klären sein.

TUI Cruises: „Wir gehen dem selbstverständlich nach“

„Wie das Virus an Bord kommen konnte, wissen wir aktuell noch nicht. Wir gehen dem selbstverständlich nach“, so die Sprecherin der TUI Cruises. Das infizierte Crew-Mitglied sei zumindest wohlauf, zeige nur milde Symptome und werde auf der Isolierstation der Helios Klinik Cuxhaven behandelt.

An Bord der „Mein Schiff 3“ brodelt inzwischen die Gerüchteküche. „Talk to us Captain“, fordert ein Crew-Mitglied im Forum von „Schiffe und Kreuzfahrten“ – sprich mit uns Kapitän. Es gebe viel zu wenig Informationen. Und: „That’s exactly how rumors spread like crazy on the Ship“ – „Genau deshalb verbreiten sich die Gerüchte wie verrückt auf dem Schiff.“

Alle Personen an Bord werden am Sonntag getestet

Immerhin: Nach der negativen Testung der 229 Personen, die mit dem Infizierten in Kontakt standen, werden am Sonntag auch alle übrigen Personen an Bord getestet. Dafür kam ein „Abstrich-Team“ aufs Schiff. Die Ergebnisse sollen frühestens Montagabend vorliegen. Bis dahin müssen die Menschen an Bord der „Mein Schiff 3“ noch zittern.

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