x
x
x
Pinguin-Cartoon
  • Frauenfeindlich? Dieser Pinguin-Cartoon sorgt in Stade für Diskussionen
  • Foto: hfr

Sexistische Cartoons in der Innenstadt? Der Pinguin-Zoff von Stade

Eine kleine Pinguindame schlägt hohe Wellen im Hafen von Stade: Die Zeichnung des Cartoonisten Tetsche sei sexistisch, so die Kritik. Eine Gruppe von Aktivistinnen macht nun mobil, fordert die Entfernung des Cartoons von der Hafenmauer und eine Entschuldigung der Stadt. Der Künstler fühlt sich gründlich missverstanden.

Die Idee zu der Open-Air-Ausstellung im Hafen stammt vom Stadtmarketing und klingt durchaus einleuchtend: Weil wegen Corona die Restaurants am Stader Stadthafen geschlossen waren, sollte Gratis-Kunst Einheimische und Besucher in das touristische Highlight der alten Hansestadt locken: Tetsche, langjähriger Stern-Cartoonist und um die Ecke wohnend, fand den Einfall charmant – und im Juni 2021 wurden 25 Tetsche-Cartoons auf bunten Folien an den Hafenmauern befestigt. Typische Tetsche-Kalauer (ein Hund sagt zu einem Schwein: „Und alle deine Frauen sind richtige Säue? Is‘ ja geil!”), dazu Spiegelei und Pümpel als Kennzeichen des Künstlers. „Wir wollten das Publikum einfach erfreuen“, sagt Andreas Schäfer, Geschäftsführer des Stader Stadtmarketings.

Skandal um Tetsche-Ausstellung in Stade

Unter den Motiven auch die Pinguindame, die mit Hut (und zoologisch sehr frei erfundenen Brüsten) auf einer Schneewehe steht und und auf drei Pinguinmänner herabschaut. Daneben der Text: „Noch nie etwas von Frauen in Spitzenpositionen gehört?“ Andrea Breimeier (59) findet das Motiv herabwürdigend und „zum Schämen“: „Das ist die Verballhornung einer Frauenkarriere.“ Sie wohne nicht in Stade, sei aber vor einigen Wochen mit fünf Freundinnen („alle frauenbewegt“) aus Hamburg am Stader Fischmarkt entlang spaziert: „Wir waren entsetzt über solchen Alltagssexismus“, so die Lehrerin im MOPO-Gespräch über den Pinguin-Cartoon: „Das ist ein Frauenbild aus den 50er Jahren, das wir nicht mehr sehen wollen.“

Auch dieses Tetsche-Werk wollen die Aktivistinnen nicht mehr sehen. hfr
Cartoon an Mauer
Auch dieses Tetsche-Werk wollen die Aktivistinnen nicht mehr sehen.

Nachdem monatelang Ruhe war an der Stader Kalauer-Kaimauer, sollen die Pinguin-Dame und drei weitere Cartoons (darunter der Säue-Spruch) nun verschwinden, so die Forderung der Frauen. Eine Online-Petition unter dem Titel „Stader Fischmarkt: Die frauenverachtenden Cartoons: unverzüglich entfernen!“ sammelte schon mehr als 150 Unterschriften, am Sonntag ist eine Demo angekündigt. In den sozialen Medien geht es rund, viele Stader und Staderinnen stellen sich gegen die Aktivistinnen, einige stimmen den Frauen aber auch zu.

Tetsche in Stade: Das sagt der Cartoonist

Und der Künstler? Der verweist auf die Freiheit der Kunst und fühlt sich völlig zu Unrecht als Frauenfeind angeprangert: „Wer kucken kann, sieht eine extrem taffe, vor Selbstbewusstsein strotzende Pinguinfrau, die den tumben, blöd guckenden Pinguinmännern weit überlegen ist“, so Tetsche zur MOPO. „Man sollte eben Mimik lesen können.“ Hat er mit dieser heftigen Kritik gerechnet? „Da sage ich ein klares, norddeutsches Nöö!“

Dass die Cartoons entfernt werden und die Stadt sich entschuldigt, schließt Stades Marketingchef aus: „Diskussionen ja, aber es wird nichts abgenommen.“ Im Gegenteil: Die Open-Air-Ausstellung wurde sogar bis Ende November verlängert.

KOMMENTAR VON MOPO-REDAKTEURIN STEPHANIE LAMPRECHT

Ist die Pinguindame ein Angriff auf die moderne Frau? Ich finde nicht, aber darum geht es gar nicht. Man kann darin Sexismus sehen (wenn man sich sehr anstrengt), aber auch darum geht es nicht. Es geht um die Freiheit der Kunst, die auch vor angestaubten Kalauern und Altherrenhumor nicht haltmacht, nicht mal vor Blondinenwitzen. Ärgerlich und verbietenswert sind verschiedene Dinge. Das auszuhalten kann nervig sein, aber was wäre die Alternative? Nur noch Dinge zeigen und sagen, die jeder erträglich findet? Und wer entscheidet, was unerträglich ist? Die Hürden, Kunstwerke zu verbieten, sind hoch in unserer liberalen Gesellschaft. Madame Pinguin gehört sicher nicht dazu.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp