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Das Pastorenpaar Diederik und Dorothea Noordveld steht in der St.-Johannis-Kirche. Wie in vielen Berufen, in denen es an Fachkräften fehlt, haben auch die Kirchen einen Nachwuchsmangel
  • Das Pastorenpaar Diederik und Dorothea Noordveld steht in der St.-Johannis-Kirche.
  • Foto: dpa | Philipp Schulze

„Riesige Ruhestandswelle“ in den Kirchen – wer wird heute noch Pastor?

Wie in einigen Berufen, in denen es an Fachkräften fehlt, haben auch die Kirchen einen Nachwuchsmangel. Viele Pastoren gehen demnächst in Rente – den Rund-um-die-Uhr-Job will nicht jeder mehr auf sich nehmen. Für manche ist es ein Traumberuf.

Für Dorothea und Diederik Noordveld ist der Job ideal. „Für uns als Familie hat es viele Vorteile, wir können uns schnell absprechen“, sagt der 43 Jahre alte Pastor, der seit zweieinhalb Jahren mit seiner ein Jahr jüngeren Frau Dorothea die St.-Johannis-Kirche in Lüneburg leitet. Wer kann schon montags beim Hockeytraining seiner Tochter zuschauen, fragt er. Die Kehrseite: Der Niederländer und seine Frau haben sonntags selten frei und sind im Pfarrhaus rund um die Uhr ansprechbar. „Das Gute am Pfarrberuf ist, dass ich nicht morgens im Büro sein muss. Das Doofste ist, dass wir keine richtig freie Zeit haben.“

Wie beim Hausärzte-Problem in ländlichen Regionen werden auch Pastoren händeringend gesucht. „Das ist nicht nur ein kirchliches Problem. Auf uns rollt eine riesige Ruhestandswelle zu“, sagt Diederik Noordveld, „man kann sich immer mehr aussuchen, wohin man möchte“. Die beiden wollen noch einige Jahre in der evangelisch-lutherischen Hauptkirche der Hansestadt arbeiten, viele Projekte wie die Singschule, in die etwa 120 Kinder und Jugendliche kostenfrei kommen, sind in vollem Gange.

Das Studium zum Pastor sehr langwierig

Mit Gottesdiensten auf Youtube versuchen sie besonders in der Pandemie, die Menschen mitzunehmen. „Uns macht es Spaß, kreativ zu sein, wir haben auch eine sehr aktive Kinder- und Jugendarbeit in der Singschule“, erzählt Dorothea Noordveld. Ein Grund, warum viele vor dem Beruf zurückschreckten, ist nach ihrer Auffassung das aufwendige Studium mit dem vorgeschriebenen Erlernen der drei alten Sprachen Hebräisch, Altgriechisch und Latein.


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Inklusive des etwa zweijährigen Vikariats – dem Referendariat des Lehrers ähnlich – dauert ein Studium acht Jahre. Danach winkt ein Beamtenverhältnis mit Dienstwohnung. „Wir haben Sorgen, Nachwuchs zu kriegen“, bestätigt Michael Grimmsmann, verantwortlich für die Nachwuchsförderung in der Landeskirche Hannover. „Die Kirche ist gesellschaftlich unter Druck geraten, das ist bei jungen Leuten angekommen.“ Der Pfarrberuf sei nicht mehr so angesehen wie noch in den 70er, 80er Jahren.

„Die Lücke wird größer“: Pastor- und Geldmangel in der Kirche

Die Landeskirche beschäftige derzeit 1647 Pastoren und Pastorinnen – nicht alle in Vollzeit. Für 2030 geht man von 1213 Geistlichen aus, in 2040 nur noch von 1000. Jährlich schieden zuletzt 70 in Ruhestand aus, etwa 40 rückten nach. „Die Lücke wird größer“, betont Grimmsmann. Wegen der verringerten Kirchensteuereinnahmen aufgrund des demografischen Wandels, Austritten und der in Rente gehenden Babyboomer-Generation fielen allerdings auch Stellen weg. Einige bleiben einfach frei.

„Wir kämpfen um Leute, die Lust haben, den Beruf zu machen“, sagt Grimmsmann, der selbst mehr als sieben Jahre im Osnabrücker Land als Pastor arbeitete. Studenten werden mit kleinen Zuschüssen gefördert, jungen Menschen wird mit Veranstaltungen wie Longboard-Fahren oder dem Jugendandachtspreis die Institution Kirche nahe gebracht.

Leben als Pastor:in: Beruf muss wieder attraktiv werden

Eckhard Oldenburg von St. Nicolai in Lüneburg geht im nächsten August in Pension. Als er die Stelle 2006 antrat, gab es 19 Interessenten. „Wir müssen ganz neu darüber nachdenken, wenn man weniger Leute hat, den Beruf attraktiv zu halten“, sagt der 65-Jährige. Für ihn war die Arbeit eine Form von Berufung, das könne man in der nachwachsenden Generation – besonders was die Arbeitszeit angeht – nicht voraussetzen.

Für Kira Eiben, seit Sommer Pastorin der Friedenskirche im Stadtteil Arnum in Hemmingen südlich von Hannover, ist es schlicht der Traumberuf. „Das war es mit 19 zu Beginn des Studiums und ist es geblieben“, bestätigt die 28-Jährige. Die Anforderungen schreckten einige Interessenten ab, aber es sei einiges in Bewegung, berichtet die gebürtige Hannoveranerin.

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Sie hat offiziell einen Tag die Woche frei, ist aber in ihrer Pfarrwohnung bei Notfällen 24 Stunden täglich ansprechbar. Die Gemeindemitglieder hätten sich besonders gefreut, dass eine junge Frau bei ihnen anfange. „Ich wurde total herzlich aufgenommen. Dass es so gut passt, da ist auch ein bisschen Heiliger Geist mit im Spiel.“ (dpa/mp)

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