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  • Prügeleien, Gewalt gegen Betreuer und Polizeieinsätze - so heftig ging es in der vermeidlichen Jugendeinrichtung „New Way Hotel", zu. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance / Frank May

Prügel, Party, Polizei: Skandal um Jugendhilfe-„Hotel“ – Staatsanwalt ermittelt

Magelsen –

Wird in einem früheren Dorfgasthof in Niedersachsen illegal eine Jugendhilfe-Einrichtung für sogenannte „Systemsprenger“ betrieben? Nach Recherchen des NDR kommt es in Magelsen im Landkreis Nienburg immer wieder zu Problemen – von Schlägereien bis hin zu Angriffen auf Betreuer. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Es geht um das „New Way Hotel“, das im vergangenen Jahr als Pilotprojekt eröffnet wurde: 15 Pensionszimmer für Jugendliche und junge Erwachsene in schwierigen Situationen, aber auch für Familien und Radtouristen. Die Dorfgemeinschaft Magelsen war froh, dass wieder Leben in die lange leerstehende Gaststätte kam.

Skandal um Jugendhilfe-Hotel – Staatsanwaltschaft ermittelt

Inzwischen herrscht Ernüchterung: „Es wurde aggressiv, es wurde geprügelt, Polizei und Krankenwagen kamen zeitweise einmal die Woche“, erzählt Gemeindebürgermeister Johann Hustedt gegenüber dem NDR. „Die Leute haben tatsächlich Angst gehabt davor, dass dies hier eskalieren würde.“

Verdacht in Magelsen: illegale Jugendhilfe-Einrichtung

Ein Nachbar erklärt gegenüber dem NDR, dass die Jugendlichen dort nicht nur vorübergehend zur Erholung seien: „Da gibt es Jugendliche, die sind schon seit September letzten Jahres hier.“

Nienburg: Jugendamt nicht zuständig

Das Jugendamt Nienburg konnte bei einer Kontrolle keine Kindeswohlgefährdung feststellen. Die Leiterin des Fachbereichs Jugend im Landkreis Nienburg erklärt das Amt im NDR-Interview für nicht zuständig: „Es ist angemeldet als Pension mit Frühstück, so dass wir da keine Einblicke haben.“

Verdacht: „Systemsprenger“ in Magelsen

Eine ehemalige Mitarbeiterin des „New Way Hotel“ findet in dem TV-Beitrag klare Worte: „Es ist eine Gelddruckmaschine.“ Denn: In dem einstigen Gasthaus an der Durchgangsstraße seien sogenannte „Systemsprenger“ aus anderen Bundesländern untergebracht, besonders schwierige Jugendliche, die in der herkömmlichen Jugendarbeit nicht aufgefangen werden können und eigentlich Einzelbetreuung durch Sozialarbeiter benötigen. 300 Euro täglich zahlen die zuständigen Jugendämter für diese intensive Eins-zu-eins-Betreuung.

Magelsen: Angriffe auf Betreuer im „New Way Hotel“

Doch Einzelbetreuung gebe es im „New Way Hotel“ nicht, so die Mitarbeiterin. Abends und an den Wochenenden sei eine Aufsichtsperson alleine mit den teilweise gewalttätigen Jugendlichen. Eine Kollegin sei nach einem Angriff krankgeschrieben gewesen.

„New Way Hotel“: Betreiber weist Vorwürfe zurück

Betreiber des „New Way Hotels“ ist Alexander Mayer, Geschäftsführer der „New Way Verwaltung Sozialer Dienste GmbH“. Der gelernte Heim- und Jugenderzieher gegenüber dem NDR: „Wir sind keine Einrichtung, wir unterliegen nicht dem Landesjugendamt, sondern dem Ordnungsamt.“ Alles sei rechtskonform. Auf MOPO-Anfragen reagierte Mayer nicht.

Staatsanwaltschaft Verden ermittelt wegen Betrugs

Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen Mayer. Auf Anfrage der MOPO teilt der Sprecher mit, dass wegen „beharrlichem bzw. wiederholtem Betreiben einer Einrichtung beziehungsweise Unterbringung von Kindern/Jugendlichen ohne die erforderliche Erlaubnis sowie wegen des Verdachts des Betrugs ermittelt wird.“

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Es bestehe außerdem der Anfangsverdacht, dass durch die unzureichende und unzulässige Betreuung, die als intensive Betreuung abgerechnet wurde, ein finanzieller Vorteil verschafft wurde. Betrugsopfer seien dann die jeweiligen Jugendämter. (mp) 

Laut Alexander Mayer sei für die pädagogische Betreuung der in Magelsen untergebrachten Jugendlichen die Firma „Haltestelle35“ verantwortlich. Ehemalige Mitarbeiterinnen der Firma schildern ein anderes Bild. Im „New Way Hotel“ seien einige Jugendliche monatelang untergebracht. Fast alle sogenannte Systemsprenger, also besonders schwierige Fälle, die nach Paragraf 35 des Sozial-Gesetzbuchs eigentlich eine Eins-zu-Eins-Betreuung benötigen: deshalb „Haltestelle35“.

Hälfte des Personals ohne pädagogische Ausbildung

300 Euro pro Tag: Mayers Einnahmen pro Jugendlichen

 Denn obgleich Alexander Mayer behauptet, er betreibe nur das Hotel und sei nicht für die Betreuung der Jugendlichen zuständig, hat er einst die Firma „Haltestelle35“ gegründet – als GbR. Die sei nun aber in eine GmbH umgewandelt worden und mit der habe er nichts mehr zu tun, behauptet Mayer. Laut zuständigem Amtsgericht Walsrode ist die GmbH aber noch nicht eingetragen. Und als Gesellschafter der „Haltestelle35 GbR“ hat Alexander Mayer seit Monaten Geld bekommen – pro Jugendlichen mindestens 300 Euro pro Tag.

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