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Paradies für Handycap-Hunde: Statt Einschläfern: Gnadenhof hilft mit Liebe und Rollies

Ein abgeschiedener Gnadenhof in der Lüneburger Heide nimmt behinderte und misshandelte Hunde auf. 90 Hunde, viele Pferde, Katzen und Schafe humpeln und rennen über das Gelände. Die Stiftung „De Hun’nenhoff“ wurde ausgezeichnet – aber ihr fehlt auch etwas.

Die französischen Bulldoggen Danny DeVito und Bolle kläffen aus voller Kehle, Schäferhundmischling Shadow schleift seine Hinterbeine mit Tempo im Rollwagen hinter sich her und die epileptische Shiva mummelt sich in ihrer Wolldecke ein. „Viele haben Schreckliches erlebt, hier dürfen sie Tier sein“, sagt Katy Ludolphy, ehrenamtliche Mitarbeiterin auf „De Hun’nenhoff“ in Schneverdingen in der Lüneburger Heide.

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Gründer der Stiftung De Hun’nenhoff, Tom Bode, spielt mit den behinderten und teils misshandelten Tieren. 

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picture alliance/dpa

Sie hat wie alle Helfer auf dem abgelegenen Gnadenhof ein Walkie-Talkie dabei. „Ich will ja nicht gefressen werden“, scherzt sie. Viele der 90 Hunde dürfen nur allein oder in Kleingruppen in den Auslauf, sonst droht Ungemach.

Hunde-Gnadenhof in Niedersachsen: Tiere sind im Wald geboren

Im Hintergrund heulen zwei rumänische Straßenhunde. „Sie tun nichts, auch wenn sich das anhört wie Wolfsheulen“, berichtet Hundetrainer Tom Bode, „sie sind nicht mit Menschen aufgewachsen, sie sind im Wald geboren“. Gemeinsam mit Partnerin Usha Peters gründete der 61-Jährige die Stiftung, die sich in erster Linie um gelähmte Hunde kümmert und vom Deutschen Tierschutzbund ausgezeichnet wurde. Viele Vierbeiner sind ängstlich, wenn sie auf dem Hof ankommen, manche beißen.

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Mitarbeiter Arne Schönfeld legt dem Schäferhund „Shadow“ einen Rollwagen an. 

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picture alliance/dpa

Ein krasses Beispiel ist Karo, der erst kürzlich in der Heide landete. Der deutsche Schäferhund kam in der Ausbildung zum Schutzdienst mit dem Anpassen des Maulkorbs nicht klar, entwickelte nach etlichen Züchtigungen sogar ein Trauma gegen die Leine. Nachdem er jemandem den kleinen Finger abgebissen hatte, landete er auf dem niedersächsischen Hof. „Ich habe ihm extra ein Holzhaus gebaut“, sagt Bode. Karo werde nur aggressiv, wenn er sich bedroht fühle.

Hof in Niedersachsen: „Menschen glauben immer, das Tier muss man erlösen“

Die zehn Monate alte Shadow sollte – wie viele hier – eigentlich schon eingeschläfert werden. Die Nachbarn zeigten seine Besitzerin wegen des Verdachts der Misshandlung an, weil sich der kleine Rüde beim Gehen immer im Kreis drehte. Eine Untersuchung ergab, dass er mit zwei zusammengewachsenen Wirbeln zur Welt kam. Der kleine Rollwagen zwingt ihn nun zum Geradeauslaufen. „Das Problem ist doch, dass die Menschen immer glauben, das Tier muss man erlösen. Aber der Hund ist ein Fatalist“, meint Bode und schaut dem fidelen Shadow hinterher.

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Mit Physio-, Elektro- und Lasertherapie werden die Hunde auf der fünf Hektar großen Farm in der Lüneburger Heide behandelt, in den Unterbringungen gibt es Fußbodenheizung und Klimaanlagen. Wenn es draußen ungemütlich wird, liegen gerade die Vierbeiner mit Gebrechen gern im Warmen. Ein Arztzimmer ist eingerichtet, damit die vielen Leiden ohne Transportwege behandelt werden können. Auch neun Pferde, acht Schafe und zwölf Katzen – zwei davon querschnittsgelähmt – brauchen Pflege.

Ein gutes Beispiel für eine kleine Wunderheilung ist der Langhaardackel Hardy. „Er kam komplett gelähmt zu uns und die Tierärzte sagten, dass er nie mehr laufen wird“, erzählt Usha Peters. Mit viel Krankengymnastik wurde der Bandscheibenvorfall erfolgreich behandelt, Hardy hat keine Probleme mehr. „Eine Physiotherapeutin hat uns angelernt. Inzwischen haben wir auch ein Unterwasserlaufband“, erzählt die 55 Jahre alte Humangenetikerin.

Ärztin pendelt auch nach Hamburg: „Wir stecken hier viel Energie rein“

Ihren Beruf übt die Ärztin immer noch aus, pendelt mehrmals wöchentlich nach Hamburg und investiert viel Zeit in die Arbeit auf dem Hof. „Wir stecken unsere ganze Energie rein, das stört uns gar nicht. Aber wir werden älter“, sagt die erste Vorsitzende der Stiftung. Allein 2017 beliefen sich die privaten Aufwendungen des Paares Bode/Peters den Angaben zufolge auf rund 239 000 Euro. Inzwischen bieten sie Patenschaften für die Vierbeiner an.

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Oliver Harms von der Tierärztlichen Hochschule in Hannover hat viele Bewohner vom „Hun’nenhoff“ untersucht und bietet auf dem Gelände auch Fortbildungen zum Thema Umgang mit gehandicapten Hunden für Ärzte und Besitzer an: „Sie sind dort über die Maßen engagiert.“

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