„Normalisierung des Hasses“: Zentralrat der Juden kritisiert Deichbrand-Headliner
Rund 60.000 Fans, fast 120 Acts – und ein Headliner, der für Empörung sorgt: Trotz aller Bemühungen wie Schulungen für Mitarbeiter und einem Konzept gegen Antisemitismus reißt die Kritik am geplanten Auftritt von Macklemore auf dem Deichbrand-Festival bei Cuxhaven nicht ab.
„Die Maßnahmen des Festivals können hilfreich sein, sie ändern aber nichts an der brandgefährlichen Propaganda des US-Rappers, der hier eine Bühne bekommt“, betonte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden. „Wer solche Künstler einlädt, trägt zur Normalisierung des Hasses gegen Israel und Juden bei.“
Macklemore soll am Sonntag als Headliner auf dem Festival im Landkreis Cuxhaven auftreten. Der Rapper aus Seattle, der mit bürgerlichem Namen Benjamin Haggerty heißt, positioniert sich immer wieder politisch. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er den propalästinensischen Song „Hind’s Hall“, dieses Jahr das Lied „Fucked up“.
Auftritt sorgt bundesweit für Kritik
In den Liedern wirft der Rapper Israel Genozid vor, verschweigt den Terror der Hamas und stellt in einem dazugehörigen Video Bilder von einem Jungen aus dem Warschauer Ghetto und einem aus dem Gazastreifen gegenüber.
Das geplante Konzert des umstrittenen Musikers auf dem Festival sorgt im Vorfeld bundesweit für Diskussionen und Kritik. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hält es für „unerträglich“, dass dem Rapper eine Bühne geboten werde.

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Der Zentralrat der Juden wirft dem US-Rapper Antisemitismus vor. „Der Israel- und Judenhass von Macklemore ist offensichtlich: Er relativiert die Schoa und verbreitet antijüdische Verschwörungen, wie eine angeblich jüdische Kontrolle über Politik und Medien“, kritisiert Schuster. „Er ist lautstarker und radikaler Akteur einer Bewegung, die sich in Teilen der Musikszene abzeichnet.“
Schulung bei der Bildungsstätte Anne Frank
Auch die Bildungsstätte Anne Frank äußert Unverständnis. „Macklemore bedient – besonders in neueren Songs – Stereotype und Narrative, deren Ursprünge sich klar auf antijudaistische und antisemitische Vorstellungen beziehen“, teilte Marie-Sophie Adeoso von der Bildungsstätte mit. Es sei nachvollziehbar, dass sich Jüdinnen und Juden auf Veranstaltungen mit Aufrufen zu Gewalt nicht sicher fühlen.
Als Reaktion auf die Kritik hätten sich die Veranstalter des Festivals bei der Bildungsstätte gemeldet und um Unterstützung gebeten, sagte die Sprecherin. Die Anfrage sei ein ehrlicher Wunsch gewesen, sich mit Antisemitismus auseinanderzusetzen.
Experten sollen Auftritt beobachten
„In den Fortbildungen mit dem Deichbrand-Festival wurde – auch auf Wunsch des Festival-Teams – ein besonderer Fokus auf israelbezogene Formen gelegt“, teilte die Bildungsstätte weiter mit. „Dabei wurden unter anderem auch Bezüge zu den Texten von Macklemore hergestellt.“ Außerdem sei das Team bei der Formulierung ihres Awareness-Konzepts beraten worden.
Nach Angaben des niedersächsischen Antisemitismusbeauftragten soll es eine Erklärung gegen Antisemitismus zu Beginn des Festivals geben sowie „die Vorlage eines ähnlichen Textes zum Vortrag für den Rapper während seiner Performance“. Eine Expertengruppe werde den Auftritt von Macklemore und das Festivalgeschehen beobachten.
Festival distanziert sich von Antisemitismus
Die Veranstalter distanzieren sich auf Anfrage erneut von jeder Form von Antisemitismus, Diskriminierung, Hass und Gewalt. „Während des Festivals wird es wie in der Vergangenheit eine enge Abstimmung der Festivalleitung und Security mit den Sicherheits- und Aufsichtsbehörden geben, um für alle Besucher:innen einen sicheren und diskriminierungsfreien Festivalbesuch zu gewährleisten“, teilte das Team mit.
Trotz der anhaltenden Kritik sind wenige Tage vorher nur noch wenige Tickets verfügbar. „Die Nachfrage war auch in diesem Jahr wieder sehr hoch“, teilte das Festival mit. „Wir erwarten ein ausverkauftes Event.“ Die Veranstalter rechnen mit rund 60.000 Besucherinnen und Besuchern täglich.
Deichbrand-Festival feiert Jubiläum
Knapp 120 Künstler und Bands werden ab Donnerstag auf dem Festival am Flugplatz Nordholz auftreten. Neben Macklemore sollen unter anderem die Band K.I.Z., DJ Timmy Trumpet, der Rapper Kontra K und die Band Deichkind auf der Bühne stehen.
Das Festival feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Deichbrand-Chef Marc Engelke und der SPD-Bundestagsabgeordneter Daniel Schneider lernten sich damals über Freunde und Familie kennen. „Nur wenige Wochen später fassten sie den Entschluss, ein Open-Air-Festival für das Elbe-Weser-Dreieck ins Leben zu rufen“, teilten die Veranstalter mit.
Rund 500 Besucherinnen und Besucher feierten nach Angaben des Festivals 2005, fünf Jahre später schon mehr als 10.000 Menschen. Inzwischen zählt Deichbrand zu den größten Festivals in Norddeutschland.
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