Aus nach 120 Jahren: Der Elbe-Chor verstummt
Vor wenigen Tagen feierte er seinen 121. Geburtstag: Den Gesangvereins Wohlfahrt auf Krautsand gibt es wirklich schon lange. Doch höchstwahrscheinlich war dies der letzte Geburtstag des Traditionschors auf der Elbinsel. Es gibt nur noch wenige Mitglieder und die treffen sich seit diesem Jahr nicht mehr. Wie konnte es mit dem hanseatischen Kult-Chor so enden?
Henry Elsen ist 83, in seinem Berufsleben war er Kapitän, in seiner Freizeit Chorsänger. Noch ist er der stellvertretende Vorsitzende des Gesangvereins „Wohlfahrt“. Doch dieses Hobby wird er wahrscheinlich nicht mehr lange ausfüllen können, denn seine Chorgruppe ruht. Es gibt keine Proben mehr, dementsprechend auch keine Auftritte.
„Unsere Mitglieder versterben peu à peu“
Vor wenigen Tagen feierte er seinen 121. Geburtstag: Den Gesangvereins Wohlfahrt auf Krautsand gibt es wirklich schon lange. Doch höchstwahrscheinlich war dies der letzte Geburtstag des Traditionschors auf der Elbinsel. Es gibt nur noch wenige Mitglieder und die treffen sich seit diesem Jahr nicht mehr. Wie konnte es mit dem hanseatischen Kult-Chor so enden?
Henry Elsen ist 83, in seinem Berufsleben war er Kapitän, in seiner Freizeit Chorsänger. Noch ist er der stellvertretende Vorsitzende des Gesangvereins „Wohlfahrt“. Doch dieses Hobby wird er wahrscheinlich nicht mehr lange ausfüllen können, denn seine Chorgruppe ruht. Es gibt keine Proben mehr, dementsprechend auch keine Auftritte.
„Unsere Mitglieder versterben peu à peu“
„Unser Chorleiter ist tragischerweise an Demenz erkrank, deswegen kann er nicht weiter machen“, sagt Elsen, der seit 30 Jahren Mitglied im Chor ist. „Deswegen können wir nicht weitersingen – und müssen den Verein ruhen lassen.“ Dazu komme, dass die Mitglieder immer älter werden. „Wir sind eigentlich alle über 70. So tragisch wie es klingt: Unsere Mitglieder versterben peu à peu.“
Das könnte sie auch interessieren: Demo gegen die Schließung des ältesten Altenheims der Welt
Erst vorigen Sommer ist der Vorsitzende des Vereins dahingeschieden, seitdem organisierte Elsen die Treffen. Doch die wurden immer seltener, die Mitgliederzahl schrumpfte, zum Schluss die Erkrankung des Chorleiters. Jetzt, wo der im Heim ist, leitet niemand die singenden Senioren an.
Ein Chor nur für Seeleute, Bauern durften nicht für Wohlfahrt singen
Ohne Anleitung wäre das Musizieren schwierig,, sagt Elsen. „Wir waren keine einfache Truppe, fast niemand konnte Noten lesen. Wir mussten uns alle Lieder in den Kopf kloppen und auswendig lernen.“ Beachtlich, denn die Herren auf der Elbinsel haben sogar vierstimmig gesungen. Und mit einem breiten Repertoire: „Wir konnten nicht nur Shantys, nein. Wir haben auch viele klassische Stücke gesungen.“

Auf Hochzeiten, Geburtstagen, Jubiläen oder sonstigen Auftritten gehörten die Seemannslieder aber immer ins Programm von Wohlfahrt. Schließlich wurde der Chor auch von Seeleuten gegründet. Am 15. Februar 1902 gründeten Schiffer den Männerchor Wohlfahrt, als Pendant zum Krautsander Bauernchor, in den sie nicht aufgenommen wurden. Deswegen galt auch lange die Regelung, dass explizit keine Bauern für Wohlfahrt singen durften.
In den 70ern war der Chor so beliebt – Mitglieder mussten ausgelost werden
Das habe sich aber mit der Zeit geändert: Schon seit Längerem dürfen auch Landwirte wieder mitsingen. Der Chor war ein Verein für Jedermann. In den Hochzeiten, den 70er und 80er Jahren, war der Gesangsverein so beliebt, dass neue Mitglieder ausgelost werden mussten. „Das war schon ein schönes Vereinsleben. Mit Kegelausflügen und Chorfahrten – wir hatten damals das volle Programm“, schwärmt Elsen.
Zuletzt blieb davon nicht mehr viel übrig, die Zahl der Mitglieder schrumpfte stark, wie Elsen berichtet. Nachdem der Chorleiter ausfiel, versuchten es die Herren noch ein paarmal ohne Anleitung und trafen sich zum Singen. Doch es war nicht das Gleiche. „Zum Abschluss habe ich den Rest aus unserer Vereinskasse zusammengekratzt und wir sind mit unserem Frauen essen gegangen.“
Das könnte Sie auch interessieren: Hamburgs verrücktester Männerchor: Ein Song für Obdachlose – und für Freddy Mercury
Elsen schmunzelt: Das hätten sie auch verdient, nach all den Abenden, an denen sich die Männer ohne sie getroffen haben. Der Rest der Gelder werde an einen guten Zweck gespendet, die Instrumente verkauft. „So ganz habe ich die Hoffnung trotzdem nicht aufgegeben. Wer weiß, vielleicht findet sich ja noch ein neuer Chorleiter.“