Meike Hilbeck
  • Meike Hilbeck hat ihr Interesse daran bekundet, sich als erste Frau für das jahrhundertealte Ehrenamt einer Bruchmeisterin beim Schützenfest in Hannover zu bewerben.
  • Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Fällt in Hannover eine Männerbastion auf dem Schützenfest?

Das Amt des Bruchmeisters auf dem Schützenfest Hannover ist ein prestigeträchtiges Ehrenamt auf Zeit – vergleichbar mit dem einer Heidekönigin oder Spargelprinzessin, ist die Aufgabe eng mit der Landeshauptstadt verknüpft. Bisher gab es jedoch nur männliche Bruchmeister, das soll sich jetzt ändern.

Vier Bruchmeister werden seit Jahrzehnten für ein Jahr vom Oberbürgermeister ernannt – die Bewerber müssen „ledig, unbescholten, von gutem Leumund und Charakter“ sein und einem örtlichen Schützenverein angehören.

Schützenfest Hannover: Trotz weiblicher Bewerberinnen gibt es nur männliche Bruchmeister

Bisher ist keine Frau bekannt, die das traditionsreiche Amt jemals ausübte, das auf die 1303 erstmals erwähnten Ordnungsherren in Hannover zurückgeht. Bewerberinnen habe es schon vor Jahrzehnten gegeben, berichtet Hannovers Schützenpräsident Paul-Eric Stolle, der selbst in den 1980er Jahren Bruchmeister war. „Aber das wurde immer sofort von ganz oben abgeschmettert.“

Jetzt aber ist von ganz oben eine Reform geplant. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay will gemeinsam mit Stolle das Ehrenamt für Frauen öffnen. „Traditionen leben davon, dass sie mit der Zeit gehen“, sagt der Grünen-Politiker. „Hannover ist eine tolerante, weltoffene Stadt, das Schützenfest und Schützenwesen sollen für alle offen sein.“ Stolle sieht das ähnlich. „Wir schießen bei Wettbewerben in gemischten Teams, wir haben seit Jahren ein Gay People-Zelt auf dem Schützenfest, da sind die Bruchmeister der letzte Schritt.“ Bei den Sportschützen seien Menschen jeder Glaubensrichtung und jeder sexuellen Orientierung willkommen.

Reform: Bruchmeister Ehrenamt soll für Frauen geöffnet werden

An diesem Freitag soll der Verwaltungsrat – ein achtköpfiges Gremium von Kommunalpolitikern und Schützen – zusammenkommen, um über die Öffnung des Bruchmeisteramtes zu diskutieren und möglicherweise zu entscheiden. Aber es gibt auch Widerstand gegen die Reformpläne.

Vier Bruchmeister stehen mit ihren Standarten vor dem symbolischen Fassanstich vor dem Neuen Rathaus. Hauke-Christian Dittrich/dpa
Bruchmeister
Vier Bruchmeister stehen mit ihren Standarten vor dem symbolischen Fassanstich vor dem Neuen Rathaus.

Ein ehemaliger Bruchmeister startete im Internet eine Petition zur „Rettung der Tradition der hannöverschen Bruchmeister“ und sammelte bis Donnerstag etwas über 700 Unterschriften. „Wir sind sicher nicht abwertend gegen Frauen veranlagt, im Gegenteil“, heißt es in der Petition. Es gebe einen Freundschaftsverein, der seit einigen Jahren auch Frauen aufnehme. Die Frauen-Union der CDU Hannover wirft Oberbürgermeister Onay vor, das Frauenthema zu instrumentalisieren, um sich als besonders fortschrittlich darzustellen. Statt „Brauchtümer zu opfern“ solle Onay besser die vielfältigen Probleme in der Stadt lösen, rät der Vorstand der Frauen-Union.

Hannover: Petition gegen weibliche Bruchmeister

Schützenpräsident Stolle hatte mit Protesten gerechnet. Aber er möchte, dass sich der Verband von sich aus öffnet und nicht so lange wartet, bis sich Frauen einklagen. Eine Bewerberin für das Ehrenamt hat sich bereits gemeldet. Meike Hilbeck trat mit zwölf Jahren in den Sportschützenverein in ihrer Heimat Schnega (Landkreis Lüchow-Dannenberg) ein. Nach ihrem Umzug in die Region Hannover 2019 wurde sie Mitglied bei den Sportschützen in Ronnenberg. Jetzt sucht sie einen Verein im Stadtgebiet, der ihre Kandidatur als Bruchmeisterin unterstützen würde.

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„Das Schützenwesen ist noch sehr männerlastig. Ich möchte mithelfen, es zu modernisieren“, sagte die 23-jährige angehende Immobilienkauffrau der dpa. Wenn nach zweijähriger Corona-Zwangspause vom 1. bis 10. Juli 2022 in Hannover wieder Schützenfest gefeiert werde, würde sie gern zu den vier Repräsentanten gehören, die in Frack und mit Zylinder auf dem Platz für Ordnung sorgen. Vor der Pandemie gehörten Händeschütteln und „Lütje Lage“-Trinken zum Tagesgeschäft der Bruchmeister – von mittags bis tief in die Nacht. Meike Hilbeck hat Lust darauf und will nicht die einzige Frau als Bewerberin für eine Kandidatur als Bruchmeisterin bleiben. „Ich freue mich über jede weitere Frau, die sich dafür bewirbt.“ (mp/dpa)

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